Langsam rollt der Wagen aus, dann herrscht Stille. Absolute Stille. Beim Elektroauto sind Dinge hörbar, die sonst im Gebrummel des Verbrennungsmotors untergehen: ein jaulendes, schon in der ersten Stufe viel zu lautes Lüftungsgebläse beim Renault Fluence, die leisen Töne in den Balladen von Katie Melua im Ampera, von den Opel-Leuten wohlweislich auf die Festplatte gespielt. Das Erlebnis im (stehenden) Stromauto ist vielleicht vergleichbar mit einem Skifahrer, der abends, wenn die Lifte schon nicht mehr fahren, allein an der Waldabfahrt steht. Er hört die Schneeflocken auf seinen Anorak rieseln.

Überblick: Alle News und Tests zum Toyota Prius

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Bilder: Hybridautos bis 60.000 Euro
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Solch sinnliche Momente des elektrischen Fahrens konnte bislang allerdings nur eine Minderheit genießen. 3,17 Millionen neu zugelassenen Autos im Jahr 2011 stehen gerade mal 2150 Elektrofahrzeuge gegenüber – von denen mehr als 95 Prozent an Flottenkunden gingen. Aber was ist mit den Privatleuten? Die neue Technik müsste doch wie geschaffen sein für Berufspendler, die täglich eine überschaubare Distanz zurücklegen und ihren Wagen zu Hause nachladen können. Wir haben drei unterschiedliche Konzepte auf ihre Pendlertauglichkeit geprüft: den rein elektrischen Renault Fluence Z.E., den elektrischen Opel Ampera mit Verbrenner als Reichweitenverlängerer sowie den Toyota Prius+ Plug-in, einen Hybriden, dessen Akku sich an der Steckdose aufladen lässt. Letzterer knausert zwar bei den Energiekosten, aber die Faszination des rein elektrischen Fahrens stellt sich nur bedingt ein. Erstens weil die Akkus nach etwa 20 Kilometern leer sind. Zweitens weil sich beim druckvollen Beschleunigen schnell der Vierzylinder einschaltet.

Überblick: Alle News und Tests zum Renault Fluence Z.E.

Renault Fluence Z.E.
Kommt gut weg: Der Elektromotor des Fluence Z.E. schiebt geschmeidig wie ein V12.
Für den Prius spricht die hunderttausendfach bewährte Hybridtechnik von Toyota. Aber wer richtig sparen will, muss sich auf sie einlassen – was mit einem gewissen Verzicht an Fahrspaß verbunden ist. Der Renault bietet da schon mehr Vergnügen. Beim Ampelstart, wenn der E-Motor die Fuhre turbinenartig und ruckfrei nach vorn bringt, kommen selbst Gourmets mit Zwölfzylinder-Erfahrung auf ihre Kosten. Was für ein Kontrast zur furchtbar biederen Karosserie, deren Ostblock-Ästhetik erneut irritiert. Die typische Pendlerdistanz von 50 Kilometern bewältigt der Fluence locker. Und doch fährt ständig die Angst mit, irgendwo liegen zu bleiben. Was ist, wenn spontane Termine die sorgsame Tagesplanung des Pendlers über den Haufen werfen? Wenn Staus zu Umwegen zwingen? Wenn das kranke Kind aus der Schule geholt oder der fußkranke Kollege mal irgendwohin gebracht werden muss? Dann hilft eben doch nur Sprit weiter.
Insofern hinterlässt den harmonischsten Eindruck der teuerste Kandidat im Vergleich: Der Opel Ampera ist mit seinem Konzept – starker Elektromotor, akzeptable elektrische Reichweite, Range Extender – geeignet, auch bei Zweiflern die Lust aufs Elektroauto zu wecken. Nicht nur weil die Öko- und Energiebilanz im Pendler-Test am besten ausfällt (siehe Tabelle unten). Sondern weil der Wagen im gemischten Betrieb (Autobahn, Landstraße, Stadtverkehr) ein cooles und entspanntes Fahrerlebnis bietet. Wer die hohen Anschaffungskosten nicht scheut, wer Ökostrom bezieht und seine Steckdose im Carport hat, kommt nicht nur mit grünem Gewissen im Büro an, sondern auch entspannt. Schade nur, dass Opel die Hürde so hoch legt und 99 Euro für Probefahrten im Ampera verlangt. Wem ist da bloß die Sicherung durchgeknallt?
Matthias Moetsch
Obwohl uns mit Opel Ampera und Toyota Prius Plug-in nur Vorserienexemplare zur Verfügung standen, zeigt dieser Vergleich, welches Potenzial in Stromautos steckt. Für bestimmte Einsatzbereiche wie den Stadtverkehr ist der elektrische Antrieb nicht nur vernünftig, sondern geradezu faszinierend. Die grundsätzlichen Akkuprobleme hinsichtlich Kosten, Kapazität, Gewicht und Ladezeit sind aber noch lange nicht gelöst.