Leicht macht es BMW seinen Kunden nicht. Da bringen die Bayern einen überarbeiteten 5er auf den Markt – und kaum einer sieht es. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Die Designer haben zwar die Front komplett überarbeitet, die seitlichen Blinker in die Außenspiegel integriert und das Heck mit neuen Leuchten und einer Chromspange im Stoßfänger verfeinert, aber nur echten Fans werden die Unterschiede auffallen. Macht aber nichts, der 5er sieht trotzdem frisch aus, das spricht für das Design der Limousine. Und die Fahrer eines aktuellen Modells werden es BMW sicher danken, denn ihr Auto wirkt auch ab dem Herbst noch nicht alt. Daimler fährt da einen ganz anderen Kurs und hat beim Facelift der E-Klasse ein komplett umgekrempeltes Auto auf die Straße gestellt. Selten ist eine Überarbeitung derart umfangreich ausgefallen. Und so teuer. Rund eine Milliarde Euro hat Mercedes in die neue E-Klasse gesteckt. Der Audi A6 ist seit April 2010 auf dem Markt – bisher unverändert.

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Video: BMW 5er Facelift im Vergleich

Neuer 5er gegen A6 und E-Klasse

Alle drei Limousinen beherrschen den großen Auftritt. Ihre optische Botschaft: Wer uns besitzt, hat es geschafft. Audi, BMW und Mercedes bieten reichlich Platz, selbst im Fond können es große Passagiere bequem mehrere Hundert Kilometer aushalten. Bei der Gestaltung der Innenräume treten die unterschiedlichen Philosophien der Hersteller zu Tage. Der Audi ist bis ins kleinste Detail penibel verarbeitet, der flache Armaturenträger mit dem ausfahrbaren Navigationsmonitor sieht technisch kühl aus. Allerdings auch ein wenig angestaubt – Geschmacksache. Keine Geschmacksache hingegen: Technisch ist der Audi auf der Höhe der Zeit. Die Navigation arbeitet wie im BMW mit einer Echtzeit-Stauumfahrung, Adressen können bequem per Handschrift eingegeben werden, und sämtliche Sicherheitsassistenten sind zumindest gegen Aufpreis an Bord. Noch besser kann das allerdings der BMW. Die Verarbeitung und die verwendeten Materialien sind ähnlich hochwertig wie im Audi, zusätzlich stehen nützliche Funktionen wie ein automatischer Notruf oder ein Concierge-Service zur Verfügung – ein Diener fährt im 5er also immer mit.

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Mercedes E-Klasse
Das luftgefederte Fahrwerk der E-Klasse ist so ausgewogen, wie wir es vom Stern erwarten.
Da kann der Mercedes nicht ganz mithalten. Auch er ist piekfein eingerichtet, und die Verarbeitung entspricht dem hohen Preis – bei der Connectivity, also der Vernetzung des Autos mit dem Internet, hingegen fällt die E-Klasse ab. So gibt es die Stauumfahrung lediglich mit TMC pro, einem veralteten Dienst. Online geht der Mercedes nur mit einem gekoppelten Smartphone. Alles halb so wild, sobald sich die E-Klasse in Bewegung setzt. Endlich wieder ein echter Mercedes! Leise gedämmt bringt der V6-Diesel die E-Klasse in Schwung, das luftgefederte Fahrwerk (Aufpreis: 2023 Euro) federt so ausgewogen, wie wir es vom Stern erwarten. Das geht aber nicht zu Lasten der Sicherheit, der Mercedes fährt auch in Kurven wie auf Schienen. Dazu passen die bequemen, großzügig geschnittenen Sitze. Mit einer Tankfüllung 1000 Kilometer am Stück fahren? Kein Problem! Einzig die veraltete, etwas ruckelig und träge schaltende Siebenstufenautomatik trübt das Bild. Aus ganz anderem Holz ist der Audi geschnitzt – der A6 ist der Dynamiker im Vergleich. Schon bei der kleinsten Gaspedalbewegung schaltet das Doppelkupplungsgetriebe hektisch in einen niedrigeren Gang, und das Fahrwerk holpert selbst im Komfortmodus des 1950 Euro teuren Luftfahrwerks schon mal unfein über Unebenheiten.
Klagen auf hohem Niveau, gegenüber der Konkurrenz fällt der Audi nur minimal ab. Dafür ist er bei der Agilität kaum zu schlagen. Dank seinem serienmäßigen Allradantrieb klebt er auf der Straße, ermöglicht extrem hohe Kurvengeschwindigkeiten. Kritikwürdig sind wiederum die etwas synthetisch wirkende Lenkung und der knurrige Klang des Dieselmotors. Den besten Kompromiss bietet der BMW, der Testwagen war mit adaptivem Fahrwerk (1300 Euro) ausgestattet. Der 530d schafft so den Spagat zwischen komfortablem Gleiten auf der Autobahn und schneller Kurvenjagd auf der Landstraße. Dazu kommt der beste Antrieb im Vergleich: Der Reihensechszylinder im BMW läuft deutlich ruhiger und vibrationsärmer als die V-Motoren in Audi und Mercedes.

Überblick: Alle News und Tests zum BMW 5er

BMW 5er
Überraschung: Der 530d ist mit einem Grundpreis von 51.500 Euro der Günstigste im Vergleich.
Die Achtstufenautomatik wechselt die Gänge blitzschnell und stets zum richtigen Zeitpunkt. Das geht kaum besser. Zumal der 5er sogar das sparsamste Auto im Vergleich ist. Der 530d kommt laut Werk mit 5,1 Litern pro 100 Kilometer aus – ein sensationeller Wert für eine knapp 260 PS starke und 1,8 Tonnen schwere Limousine. Audi und Mercedes genehmigen sich 0,4 (E-Klasse) und 0,7 (A6) Liter mehr. Absolut gesehen sind aber auch diese Werte Spitze. Zumal sich alle drei im realen Verkehr mit unter acht Litern zügig bewegen lassen. Große Limousine plus großer Dieselmotor Bedeutet aber trotzdem heftige Preise – in der Anschaffung. Da machen alle drei Kandidaten in diesem Vergleichstest mit Grundpreisen jenseits der 50.000 Euro keine Ausnahme. Traditionell ist der Mercedes das teuerste Auto in einem Vergleich, das gilt auch für den E 350 Bluetec. Er kostet mindestens 54.710 Euro, voll ausgestattet wie unser Testwagen stehen schnell 90.000 Euro und sogar noch mehr auf der Rechnung. Selbst der Audi A6 3.0 TDI mit seinem serienmäßigen Allradantrieb kostet rund 2000 Euro weniger als der Mercedes.
Eine Überraschung gelingt BMW: Der 530d ist mit einem Grundpreis von 51.500 Euro nicht nur der Günstigste im Test, die Bayern senken gegenüber dem alten Modell den Preis ausstattungebereinigt (Xenonscheinwerfer, Achtstufenautomatik und Euro-6-Einstufung) um 3300 Euro. Neben seinen Qualitäten ist das ein weiteres kräftiges Argument – BMW macht es den Kunden mit dem überarbeiteten 5er am Ende doch leicht.  
 

Fazit

von

Stefan Voswinkel
Diese drei Limousinen zeigen eindrucksvoll, warum die deutsche Autoindustrie weltweit ein so hohes Ansehen genießt. Trotz eigenständigen Charakters fahren A6, 5er und E-Klasse auf einem ähnlichen Niveau. Der Mercedes ist komfortabel, der Audi sportlich – und der BMW kann beides. Unterm Strich ist es Geschmacksache, für welchen sich der Käufer entscheidet. Dank der gesenkten Preise hat am Ende im Vergleich aber der BMW die Nase vorn. Der Feinschliff reicht aus, um in Führung zu bleiben.

Von

Stefan Voswinkel