Audi Q3, Mercedes GLA und Mini Countryman – ein Mode-Trio zwischen Vorurteil und Vorteilen. Am Ende haben die Drei die Tester überrascht.
Wir haben Prozentitis. Bei dieser Rabatt-Krankheit muss alles günstiger sein, Prozente wecken den Jagdtrieb. Ausgenommen sind zur Freude der Autobauer modische SUVs, die ungestraft mehr kosten. Und sogar mehr wiegen dürfen. Aber nicht müssen! Hier fährt die clevere Lösung vor – und die heißt: Hochsitz light! Einfach den leichteren Frontantrieb wählen, dazu Handschaltung und den günstigen Diesel – so ordern längst die meisten Käufer ihren Audi Q3, MercedesGLA oder Mini Countryman.
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Den meisten Nutzwert findet der Käufer im Audi Q3
Viel praktisches Talent: Der Audi Q3 bietet am meisten Platz für Passagiere und Gepäck.
Sind SUVs mit nur einer angetriebenen Achse überhaupt noch richtige SUVs? Sicher. Denn wer von A3 oder C-Klasse aufsteigt, kam bislang meist ohne Allrad klar. Die Leistung der drei Testkandidaten schreit nicht zwingend nach 4x4, außer man wohnt im Gebirge oder braucht einen Lastesel. Das erledigen besser echte Offroader als diese Schickimickis, die sich – abgesehen von fehlenden Schriftzügen – nicht von ihren Brüdern mit Quattro, 4Matic oder All4 unterscheiden. Von Sparversion also keine Spur. Bei Design und Nutzwert gelten alle drei eher als SUV-Coupés, wobei der Q3 trotz des nach hinten abfallenden Dachs am meisten den Praktiker spielt. Der Kofferraum packt bis zu 1365 Liter, die Rückbank bietet halbwegs vernünftig Platz. Auch nach dem Facelift steigt man im Q3 hoch hinauf, schon die Sitzposition bietet das beliebte "Mein-Thron-Gefühl". Der Audi ist piekfein und solide eingerichtet, dazu liefert das neue Navi nun Verkehrsinfos in Echtzeit (ab 2390 Euro).
Als GLA wird die A-Klasse zum hochgelegten Crossover
Crossover: Der Mercedes GLA ist deutlich flacher als die Konkurrenz – eine hochgebockte A-Klasse.
Das kann der Mercedes auch, allerdings eine ganze Etage tiefer. Sein Fahrer sitzt exakt zehn Zentimeter niedriger, im Grunde ist der GLA eine hochgebockte A-Klasse. Deshalb bleibt das Einfädeln in den Fond eine Gymnastik-Übung, die nur Kinder bis 14 gern mitmachen. Die Sicht nach schräg hinten ist miserabel, die empfehlenswerten Komfortsitze stehen mit schmalen Kopfstützen weniger im Blickfeld als die Integralsitze. Wie wohltuend dagegen die Sicht im Mini mit den aufrechten Scheiben – der Countryman ist formal am ehesten SUV, wenngleich ein eingelaufenes: 31 Zentimeter kürzer als der Mercedes. Ein Mini eben, mit Schrullen wie dem größten Tacho (der sich schlecht ablesen lässt), einem riesigen Handbremshebel und zerklüftetem Cockpit. Müssen Mini-Besitzer denn niemals putzen? Wenn, verbrauchen sie bergeweise Q-Tips. Dafür hat der Kleine die variabelste Rückbank: teilen, längs verschieben, die Lehnenneigung verstellen. Trotzdem: Bei Platzangebot und Raumgefühl bleibt er Kleinwagen.
Ausgewogenen Federungskomfort gibt es im Countryman nicht
Tanzt und springt: Auf schlechten Straßen macht seine straffe Federung den Countryman unruhig.
Das gilt auch unterwegs. Der raue Mini-Diesel vibriert bis ins Gaspedal, die Lenkung spricht spitz und zappelig an. Seine straffe Federung lässt den Countryman auf schlechten Straßen tanzen und springen; schon erstaunlich, dass dieser harte Hund so wenig Grip an der Vorderachse erzeugt. Gar nicht Mini-like, dass seine Räder beim Kavalierstart am ehesten durchdrehen – der einzige Moment, in dem auf Straßen der Allrad vermisst wird. Der GLA profitiert am meisten vom Verzicht auf den Allrad: Mit Vorderradantrieb ist er 90 Kilo leichter, verbraucht laut Norm 0,6 Liter weniger und wird im Vergleich der Sparkönig (5,7 Liter im Testschnitt). Na schön, mit nur 136 PS fährt der Mercedes im Antritt hinterher, auf der Autobahn kämpft der größte Diesel mühsam gegen die lange Übersetzung im sechsten Gang an. Dabei sind es gerade die Langstrecken, wo der GLA Mercedes-typische Eigenschaften wie guten Federungskomfort und beste Ausstattung herauskehrt: Fahrlichtautomatik und beheizte Außenspiegel sind serienmäßig.
An der Kasse müssen sich Audi und Mercedes geschlagen geben
In Sachen Kaufpreis liegt der Mini weit vorne: Q3 und GLA unterbietet der Contrymann um 8000 Euro.
Im Q3 macht der TDI die Musik: So laufruhig, leise und drehfreudig, dass man den Diesel nach zehn Kilometern schon vergessen hat, von der Elektronik so sauber gezähmt, dass scharrende Räder kaum zu provozieren sind – wetten, dass der nun 150 PS starke Vierzylinder wieder zum Liebling der Käufer wird? Auch nach dem Facelift hat er seine Sportgene nicht abgelegt. Noch immer federt der Q3 eher herzhaft als verbindlich, dem komfortablen Abrollen tun höhere Reifenquerschnitte wie die getesteten 55er gut. Der Audi reizt auch mit seiner exakten, handfesten Schaltung zum Gasgeben. Und was ist mit den Preisen? Zumindest die Spritkosten bleiben bei 6,0 Liter Testschnitt im Rahmen, teuer genug sind Audi und Mercedes ohnehin: knapp 38.000 Euro. Nicht nur für einen hohen Kompakten wie den GLA sehr selbstbewusst – umso ärgerlicher, dass der CDI 200 schon alle 25.000 Kilometer zur Inspektion muss, was die Unterhaltskosten hochtreibt. Der Mini spielt auch beim Preis ein ganzes Stockwerk tiefer und liefert für 29.670 Euro die gleiche Erkenntnis: Mit Frontantrieb verlieren diese SUVs nur wenig – gewinnen viel dazu. Und seien es gesparte Prozente.
Fazit
von
Joachim Staat
Die Kunden sind clever und kaufen nicht Werbehelden, sondern Bodenständiges: überwiegend Diesel und Frontantrieb, denn Mode-SUVs sind teuer genug. Man will hoch sitzen, ohne dass die Preise durch die Decke gehen. Vorurteile, das seien keine SUVs, sind da schnurzpiepe! Künftig wird der Anteil der 4x2-Modelle weiter steigen, auch weil der Trend zu kleineren Autos im Format des Mini Countryman geht.