Verkehrte Welt  im Reich der Kompakten. Wer gedacht hätte, ein von Haus aus sportlicher BMW würde einem eher braven Opel ja wohl davonfahren, muss jetzt umdenken. Denn hier lässt der Astra 1.6 BiTurbo CDTI den 118d jedenfalls stehen. Und das nicht nur, weil der Rüsselsheimer mehr Platz für weniger Geld bietet. Sondern weil er zusätzlich auch fahrdynamisches Talent mitbringt. Und BMW? Versucht unter anderem mit Federungskomfort zu kontern. Verkehrte Welt eben.
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Video: Astra vs Golf vs i30 (2015)

Astra trifft Golf und i30

Der etwas längere Astra bringt seine Pasagiere besser unter

Der Astra macht sich nur vier Zentimeter länger als der 1er, verwöhnt aber mit dem deutlich besseren Platzangebot. Klar, der BMW leidet in diesem Fall unter seinem Hinterradantrieb. So herrscht im Fond der Bayern deutlich früher Kuschel-Alarm. Weil der 118d auch noch schmaler ausfällt und am Fußboden die Kardanwelle nach hinten verlegt ist, bedeuten drei in Reihe zwei mindestens einen zu viel. Kleiner Trost: Beim Gepäck muss die 1er-Besatzung nicht knausern, der Astra schafft auch nur zehn Liter mehr. Und er nervt mit einem Absatz bei umgelegter Fondlehne. Die Piloten fühlen sich in beiden Kompakten sauwohl. Hervorragende Sitze rauben Langstrecken den Schrecken, Bedienung und Qualität gefallen – jeweils mit leichtem Vorteil für den BMW. Der muss sich wegen der kurzen Tür vorn und dem aufdringlichen Radhaus hinten aber Abzüge für den Einstieg gefallen lassen – in den Astra geht es spürbar leichter rein und raus. Mit dem 1er navigiert es sich dafür besser. Das Navi-System Professional mit Online-Diensten und Echtzeit-Staulotsen für stolze 3150 Euro weist souverän und mit toller Grafik den Weg. Das Opel-Gerät Navi 900 Intelli-Link ab schlanken 790 Euro ist sichtbar einfacher, nutzt nur TMC-Daten.
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Unter der Haube hat der Opel den besseren Punch

Opel Astra 1.6 CDTI
Mit dem 1,6 Liter großen Biturbo-Diesel hängt der Opel den BMW bei den Fahrleistungen ab.
Bild: Martin Meiners
Bahn frei, dieser Astra will’s wissen. Mit 10 PS und 30 Newtonmeter Drehmoment Vorsprung auf den 118d behält der 1,6-Liter-Biturbo stets die Nase vorn. Im Sprint bis Tempo 100 holt der muntere und angenehm wache CDTI wegen seiner unsportlichen Schaltung zwar nur eine Zehntelsekunde raus, bei der Elastizität setzt er sich aber deutlich vom 1er ab. Zwischen 1,4 und 3,3 Sekunden schneller nimmt der Astra in den Gängen vier, fünf und sechs Fahrt auf – nicht schlecht, Opel! Der Zweiliter im BMW wirkt im direkten Vergleich tatsächlich weniger giftig, kommt verhaltener auf Touren und mimt den Komfort-Diesel. Die Spritzigkeit des Opel fehlt dem 118d, seine Gäste empfinden ihn trotz des erstaunlich hohen Außengeräusches von 75 dB (A) aber als weniger knurrig. Schmusekurs versucht der BMW auch beim Verbrauch. Mit 5,2 Litern/100 km vermeidet er jeden Stress – der Astra kauft ihm aber auch in diesem Punkt den Schneid ab und schafft bemerkenswerte 4,9 Liter. So knauserig der Durst, so straff die Fahrwerksabstimmung.

Im Fahrwerk des BMW steckt mehr Gelassenheit

BMW 118d
Komfortabler: Der 1er federt eine halbe Klasse geschmeidiger und liegt insgesamt satter als der Astra.
Bild: Christian Bittmann
Der Astra mit dem 160-PS-Diesel gibt den Sportler, verschluckt sich auch schon mal an Kanaldeckeln – dank nur 1364 Kilo Leergewicht fährt er sich aber auch sehr agil und wuselig. Der 1er wirkt da trotz Hinterradantriebs und mitteilsamerer Lenkung kaum handlicher, federt aber eine halbe Klasse geschmeidiger und liegt insgesamt satter. Auch akustisch vermittelt der BMW mehr Solidität – die 62 Kilo Mehrgewicht scheinen in Dämmung und weiteren qualitätssichernden Maßnahmen zu stecken. Und wie sieht es bei den Anschaffungskosten aus? Liegt der 1er im Basispreis nur knapp 2000 Euro über dem Astra, summiert sich der BMW-Aufpreis mit allen relevanten Extras auf fast 6000 Euro. Macht für den 118d dann 35.370 Euro, für den Astra 1.6 BiTurbo CDTI reichen 29.585 Euro. Damit sichert sich der Opel, der auch noch drei Jahre Wartung inklusive bietet, endgültig den Sieg. Und ganz ehrlich: Das Ergebnis überrascht zwar, ist eigentlich aber gar nicht so verkehrt.
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Fazit

Dass der Astra ein ordentliches Auto ist, wussten wir. Dass er sich tatsächlich gegen den 1er durchsetzt, war dann doch eine ziemliche Überraschung. Allerdings eine gelungene. Opel siegt mit Größe und günstigen Preisen – Glückwunsch!