Das wird sowas von eng! Aber Preis und Punkte sind nicht alles beim Autokauf, wie der Vergleich zwischen Skoda Octavia und BMW 3er zeigt. Am Ende zählt auch der Charakter.
Vier Zylinder, Basisausstattung: Der günstigste BMW 3er kostet schon die Kleinigkeit von 29.050 Euro.
Ich fahre auf der A7, als es mir plötzlich bewusst wird. Zwischen Hannover und Kassel frage ich: Wer sind hier eigentlich die Drängler? BMW, Audi? Ja, da gibt es einige, die es sehr eilig haben. Auffällig sind aber neuerdings die Skoda. Vor allem Octavia. Waren die nicht mal für Rentner und sparsame Familien? Und jetzt hängen sie einem auf der linken Spur im Nacken. Was ist da los? Mit dem Charakter der Autos – und ihren Fahrern? Klären wir die Frage in einem Vergleichstest, der vor drei, vier Jahren undenkbar schien: Skoda gegen BMW. Damit die Geschichte preislich im Rahmen bleibt: Octavia 1.4 TSI gegen 316i.
An der Kasse langt BMW ordentlich zu
Video: Skoda Octavia
Limousine gegen Kombi
Ja, natürlich ist es immer noch so – der BMW steht gefühlt über dem Skoda. Er zeigt stellvertretend für seinen Besitzer: Ich bin angekommen, habe mein Ziel erreicht. Und diese Ausstrahlung lässt sich BMW teuer bezahlen. Immerhin kostet der günstigste 3er schon 29.050 Euro. Dafür gibt es den 316i mit vier Zylindern und 136 PS in Basisausstattung. Skoda macht's viel billiger: 24.190 Euro kostet der Octavia 1.4 TSI, ebenfalls vier Zylinder, aber 140 PS, dazu ein automatisches DSG-Getriebe und üppige Ausstattung. Ob Sie es glauben oder nicht, für die fast 5000 Euro Mehrpreis fährt im BMW auch ein besonderes Gefühl mit: Gelassenheit. Sollen die andern doch ruhig schubsen. Ich könnte ja, wenn ich wollte. Das liegt auch am Motor, obwohl der weit unten in der BMW-Hierarchie rangiert. Der kleine Vierzylinder ist aber kein schläfriger Typ, im Gegenteil – er kann, wenn es sein muss, locker 7000 Touren aus der Kurbelwelle schütteln. Braucht er aber gar nicht. Langsam ist er jedenfalls nicht, wie ein Blick in unsere Messwerte-Tabelle (siehe unten) verrät.
Freude am Fahren: Der Octavia 1.4 TSI ist ein quirliger Typ, der es versteht, gute Laune zu verbreiten.
BMW spielt bei diesem Motor akustisch übrigens geschickt mit der eigenen Vergangenheit: Ja, hier ist es wieder zu hören, dieses typische BMW-Vierzylinder-Singen, wie es die erste 3er-Baureihe E21 von 1975 begleitete. Ein wenig Nostalgie kann ja nicht schaden. Auch sie trägt irgendwie zur Gelassenheit bei: Bin ich nicht schon längst angekommen? So auch die Fahrwerkabstimmung. BMW ist angekommen. Und zwar beim Komfort. Nein, natürlich ist ein 316er keine schaukelige Dschunke. Er bleibt schon verbindlich straff in seiner Abstimmung, zeigt dem Fahrer, wo es langgeht. Das Fahrwerk ruht trotzdem in sich selbst, federt geschickt auch jene Flickenteppiche aus, die anderen Autos so oft Schluckprobleme bereiten – auch dem Skoda übrigens. Der BMW beherrscht die hohe Schule der Feinabstimmung. Einen kleinen Fauxpas leistet er sich dennoch, der gelassene 3er. Und zwar bei der Lenkung: In ganz leichten Kurven, in denen das Lenkrad nur ein, zwei Grad um die Mittellage herum korrigiert werden muss, fehlt der direkte Fahrbahnkontakt.
Aus Freude am Fahren – jeder kennt ihn, den alten BMW-Slogan. Würde ihn Skoda heute für sich pachten, keiner hätte einen Grund zur Beschwerde. Der Octavia 1.4 TSI ist jedenfalls ein quirliger Typ, der es versteht, gute Laune zu verbreiten. Gas geben, und das DSG-Getriebe zappt die Gänge einfach so durch. Nach 8,3 Sekunden fährt der Skoda schon 100 km/h schnell. Dabei knurrt der Vierzylinder fröhlich und fordert den Fahrer heraus: Komm schon, mehr Gas, gib mir mehr ... Genau das, was wir eigentlich von einem BMW erwarten, erfüllt der Skoda.
Beim Antrieb hat Skoda mehr als aufgeholt
Da muss sich der 3er geschlagen geben: Der Octavia 1.4 TSI ist ein perfekter Typ für die Überholspur.
Dank Frontantrieb und quer eingebautem Motor ist er geräumiger als der BMW 3er, und doch benimmt sich der Octavia wie ein verkappter Sportler. Straff abgestimmt, liebt er die flotte Gangart. Nicht nur auf der Autobahn, auch auf der Landstraße wird der Octavia zum Jäger verlorener Sekunden. Die er leider dank fehlender Feinabstimmung oder falsch verstandener Sparsamkeit wieder einbüßt. Beim Ampelsprint zum Beispiel. Dann, wenn das Start-Stopp-System und das DSG-Getriebe sich wieder mal in die Wolle kriegen. Das fühlt sich dann so an: An die Ampel rollen, bremsen, Motor geht aus. Grün. Von der Bremse steigen, 21, 22 ... Motor springt an, aufs Gas steigen, 23, 24 ... alle anderen Autos sind schon weg, DSG kuppelt ruppig ein, 25, 26 ... Skoda hoppelt hinterher. Unser Tipp für eilige Zeitgenossen: Start-Stopp einfach ausschalten. Dann geht der Start viel glatter über die Bühne. Sportlichen Kurvenjägern wird noch etwas anderes auffallen: Beim Herausbeschleunigen aus engen Kehren dreht das kurveninnere Vorderrad gern mal durch. Grund: Skoda baut in den Octavia hinten eine preisgünstige Verbundlenkerachse ein, die unter Last einknickt.
Eine Petitesse. Denn sonst begegnet der Skoda dem BMW auf Augenhöhe, wie ein Blick in die Punkte zeigt. Er gewinnt am Ende den Vergleich – und keineswegs nur deshalb, weil er weniger kostet. Eines bilden die Punkte aber nur unzureichend ab: den Charakter. Der BMW zeigt reife Gelassenheit. Er ist am Ziel. Vielleicht ja dort, wo Skoda noch hin will: ganz nach oben. Und um ihr Ziel zu erreichen, bleiben die Tschechen am Gas. Wir können uns darauf verlassen.
Fazit
von
Andreas Borchmann
Am Ende zählen bei AUTO BILD nicht persönliche Vorlieben, sondern Punkte. Und hier führt der Skoda eindeutig. Geräumiger und preisgünstiger als der BMW ist er sowieso – keine große Überraschung. Dass er den 316i in seiner Spezialdisziplin, der Antriebswertung, schlägt, schon. Der Octavia ist ein quirliges Kerlchen – und trotz eher bescheidener 140 PS ein perfekter Typ für die Überholspur auf der Autobahn. Der BMW dagegen punktet mit seinem reifen, komfortablen Fahrverhalten. Man muss nicht immer Erster sein.