Oh ja, eine Sandkiste. Eine für große Kinder. Verführerisch liegt die Kiesgrube vor den Rädern der beiden Testkandidaten, sie wirkt wie eine Mini-Sahara. Rein da, ruft die rechte Hirnhälfte; wenn das mal gut geht, warnt die linke. Doch bei Suzuki SX4 und Dacia Duster siegt die Risikobereitschaft im Kopf. Schließlich handelt es sich bei diesen SUV um Allradler. Beide tragen ihre Offroad-Ambitionen offensiv zur Schau. Besonders Suzuki ist stolz auf seine 4x4-Kompetenz und möchte mit dem neuen SX4 S-Cross punkten (der alte SX4 wird weiter als Classic ab 18.190 Euro angeboten). Mit blumigen Werberworten schicken die Japaner ihren SUV in die Alltags-Wüste: "Prägnante Frontpartie, integrierte Dachreling und kernige Beplankung, die bei einem Ausflug auf unbefestigten Straßen vor Steinschlag schützt, sind Ausdruck purer Lebensfreude."

Mit dem Suzuki sollte man Gelände besser meiden

Suzuki SX4
Hier fährt er noch: Trotz Allradantrieb kann sich der SX4 später nicht mehr aus dem Sand befreien.
Aber können SX4 und Duster das wirklich? Sind die zwei 4x4-Modelle nicht eigentlich nur Großstadt-Flaneure, getarnt in modischer Funktionskleidung? Die kneifen, wenn es ernst wird? Kommt auf den Versuch an. Der Suzuki spritzt los. Nur die ersten Meter arbeitet sich der 120 PS starke Diesel durch den losen Untergrund. Dann wird der Sand tiefer, und die Vorderräder drehen durch. Schnell die "Lock"-Taste in der Mittelkonsole gedrückt. Damit wird eine Differenzialsperre simuliert und die Antriebskraft gleichmäßig auf Vorder- und Hinterachse verteilt – theoretisch. Denn in der Kiesgrube ist Schluss mit lustig. Im tiefen Geläuf bleibt der aufgecrosste SX4 trotz Allradantriebs stecken. Schlimmer noch: Schon beim ersten Befreiungsversuch aus eigener Kraft fängt die Kupplung an zu rauchen und zu stinken. Der Suzuki baut keinerlei Traktion auf und kommt nicht vom Fleck. Enttäuschend, mit echten Geländeeigenschaften hat das nicht viel zu tun. Kurioserweise hat der SX4 S-Cross gegenüber dem kürzeren SX4 Classic zwei Zentimeter an Bodenfreiheit verloren. Bleiben 17 Zentimeter – das ist nicht sonderlich üppig, wenn das Terrain ruppiger wird.

Das Lifestyle-Produkt Duster kommt offroad durchaus voran

Dacia Duster
Beworben als "Anti-Statusauto" kann der Dacia Duster auch mit losem Untergrund locker umgehen.
Dieselbe Fahrspur, anderes Auto: Mit gleichem Tempo rollt der Duster dCi 110 4x4 in den losen Sand. Unbeeindruckt passiert er die Stelle, an der der SX4 steckenblieb. Selbst dort, wo der Sand noch lockerer wird, wühlt sich der Duster tapfer vorwärts. Seine Bodenfreiheit liegt bei 21 Zentimetern. Ausgefahrene Feldwege und tiefe Fahrspuren meistert er problemlos. Auch der Dacia besitzt einen Schalter, mit dem der 4x4-Antrieb zwischen Vorder- und Hinterachse fixiert werden kann. Im Duster funktioniert das Allradsystem deutlich effektiver. Klar, Ausfahrten ins Gelände sind für diese Sorte SUV exotische Einzelfälle. Darum versucht auch die einstige Ostblock-Marke Dacia, ihr SUV als originelles und vor allem billiges Lifestyle-Produkt zu ver­markten. In einem TV-Spot veräppelt Ex-Nationalkicker Mehmet Scholl Golfspieler in einem Edel-Club und bewirbt den Duster als "Anti-Statusauto". Dass er auch Gelände kann, ist schön und gut, doch die Onroad-Eigenschaften sind wichtiger. Und hier drehen sich die Kräfteverhältnisse um.
Der Suzuki ist das dyna­mischere und schnellere Auto. Bei der Beschleunigungsmessung von null auf 100 km/h ist er sogar 2,1 Sekunden schneller als die Werksangabe. Trotz zackiger Lenkung und straffer Federung bietet er guten Fahrkomfort. Vor allem der 1,6 Liter große Diesel macht seine Sache beeindruckend. Mit sattem Drehmoment hängt der Vierzylinder schon bei niedriger Tourenzahl gut am Gas. Für einen Selbstzünder dreht er kultiviert nach oben und beschleunigt den SX4 bis auf Tempo 175. Flott ist es also, das kleine Japan-SUV. Und sparsam: 5,7 Liter Testverbrauch auf 100 Kilometer können sich sehen lassen.

Der SX4 zeigt nur durchschnittliches Transporttalent

Suzuki SX4
Hinten klein: Das Kofferraumvolumen des SX4 erreicht mit 430 bis 1269 Litern nur einen Durchschnittswert.
Nur das Getriebe will nicht zum runden Fahreindruck passen. Die Abstufung der sechs Gänge ist okay. Jedoch hakelt der Schaltknauf, besonders dann, wenn die Gänge zügig gewechselt werden. In der Schaltführung hat Suzuki noch Nachholbedarf. Auch beim größeren Vitara war ein hakeliges Getriebe oft ein Problem. Die SX4-Bedienung nervt dagegen nicht mit Schwächen. Anordnung der Knöpfe, Schalter und die Sitzposition sind so ausgelegt, dass der Fahrer sich hinterm Lenkrad schnell wohlfühlt und alles Wichtige ohne langes Suchen findet. Auch Qualitätsanmutung und Sitzposition gehen in Ordnung. Das Kofferraumvolumen erreicht mit 430 bis 1269 Litern allerdings nur einen Durchschnittswert. Immerhin schluckt der SX4 S-Cross mehr Ladegut als der SX4 Classic. Trotzdem: Wer auf erhöhte Transportkapazität Wert legt, kommt am Dacia nicht vorbei. Bei umgelegten Sitzen fasst sein Gepäckabteil immerhin 1604 Liter und macht den Duster zu einem guten Lastenträger. Allerdings dürfte er für diesen Zweck gern mehr Zuladungsreserve als die ermittelten 471 Kilo haben. Und obwohl der Duster inzwischen serienmäßig mit ESP ausgerüstet wird, muss er bei der aktiven Sicherheit noch zulegen, vor allem bei der Bremsleistung: Anhaltewege um 38 Meter aus Tempo 100 sind nicht mehr Stand der Technik.

Auf der Straße hat der Dacia gegen den Suzuki wenig zu melden

Dacia Duster
Der Dacia fährt sich deutlich träger, wird lauter und genehmigt sich über einen Liter Diesel mehr.
Gut gelungen ist die Fahrwerkabstimmung, die mit recht langen Federwegen und sanftem Ansprechen klar auf der komfortablen Seite liegt. Ansonsten hat der Duster im normalen Straßenbetrieb gegen den SX4 S-Cross nicht viel zu melden. Er fährt sich deutlich träger, wird lauter und genehmigt sich über einen Liter Diesel mehr als der Suzuki. Daran ändert auch der Druck auf die Eco-Taste wenig. Sie optimiert den Motor für spritsparende Fahrweise, macht den Dacia aber noch müder. An der Fahrstabilität des Rumänen gibt es nichts auszusetzen, allerdings geizt das Billigmodell bei Sicherheits- und Komfortausstattung. Sein Lenkrad ist beispielsweise nur in der Höhe verstellbar, sodass der Dacia hier viele Punkte auf der Strecke lässt. ESP ist inzwischen Serie, aber das war es auch schon. Kopf- und Knieairbags, serienmäßig im Suzuki, gehören ebenso wenig zum Lieferumfang wie ein Start-Stopp-System. Beide Autos liegen mit ihren Multimedia-Optionen gleichauf. Radio mit USB-Anschluss und Bluetooth-Freisprecheinrichtung sind serienmäßig an Bord. Kein Wunder, dass der Dacia als Preis-Leistungs-Sieger aus diesem Duell hervorgeht.
Mit einem Testwagenpreis von 18.490 Euro ist der Allradler nämlich fast 7000 Euro billiger als der Japaner. Beim Vergleich der Grundpreise (Dacia 17.690 Euro, Suzuki 25.190 Euro) liegt die Preisdifferenz sogar noch weiter auseinander. Unterm Strich geht der Testsieg klar an den SX4. Er ist teurer, aber das modernere Auto. Nur im Gelände kann er nichts.

Fazit

Der Suzuki macht das Rennen, weil er gut rennen kann und wenig verbraucht. Sein Revier ist die Straße, nicht das Gelände. Denn der Allradantrieb des SX4 S-Cross fungiert eher als Traktionshilfe und ist für echte Geländefahrten ungeeignet – viel Show, wenig dahinter. Der viel billigere Dacia überzeugt durch echte Offroad-Talente. Dafür fühlt er sich auf der Autobahn deutlich unwohler und verbraucht mehr Diesel.