"Endlich ein Drei-Liter-Auto, das Spaß macht!" Der erste Eintrag im Fahrtenbuch des BMW 130i mag wenig grün klingen, trifft aber den Nagel auf den Kopf. Denn der BMW 130i, der mit einem drei Liter großen Sechszylinder zum Dauertest anrollt, zaubert seinen Fahrern ein Dauergrinsen ins Gesicht. Wir hatten aber auch genug fachliche Gründe, das Topmodell der 1er-Reihe 100.000 Kilometer lang zu fordern: Wenn der kleine BMW auf Dauer 265 PS aushält, dann wohl auch so ziemlich alles andere. Dabei kommt er doch so harmlos daher – keine Spoiler, kein sportlicher Schnickschnack, silberblau wie ein Eisberg. Vom unschuldigen 116i unterscheiden ihn nur der Schriftzug und die 17-Zoll-Räder. Auch innen – ein 1er wie jeder andere.

BMW 130i: perfektes Understatement

BMW 130i
Sportwagen im Kleid eines Kompakten: Der 130i bietet Fahrdynamik vom Allerfeinsten – auch in Querrichtung.
Mehr Understatement geht praktisch nicht. Vor allem, wenn tatsächlich ein Blick in die Preisliste fällt: 33.950 Euro kostet so ein Fünftürer. Ohne Extras. Bei unserem Testwagen addiert sich der Endpreis auf 48.130 Euro. Ja, fast 50.000 Euro für einen 1er, ohne dass irgendetwas an ihm vergoldet wäre. Gut, das Auto hat belederte und elektrisch verstellbare Sportsitze, Klimaautomatik, das höherwertige Navigationssystem plus ein paar andere Kleinigkeiten. Aber von überbordendem Luxus kann keine Rede sein. Ganz klar: Wer sich einen Edel-BMW wie diesen gönnt, der outet sich als stiller Genießer.

Platzangebot im Fond nur für Kleinkinder akzeptabel

BMW 130i
Erwachsene haben in dem unzumutbar engen Fond erhebliche Schwierigkeiten, ihre Beine unterzubringen.
Und muss – bei ohnehin deftigen Fixkosten – damit leben können, dass der 130er nach 100.000 Kilometern nicht einmal mehr die Hälfte wert ist. Finger weg, Pfennigfuchser und Familienmenschen: So ein 1er eignet sich am besten für Leute, die vorwiegend allein oder zu zweit unterwegs sind. Der kurze BMW mag vier Türen haben, aber der Versuch, hinten einzusteigen, lohnt kaum. Für Menschen mit Beinen wurde der Fondraum nicht konzipiert – wenn es sich vorn ein 1,80-Meter-Normalo bequem macht, lässt sich hinten der Beinraum mit Zigarettenpapier messen. Wer dagegen in der ersten Reihe Platz nehmen darf, der will so schnell nicht mehr aussteigen.

Ein Auto wie ein Maßanzug

Sicher, die Kanzel ist etwas schmal, aber ansonsten fühlen sich Fahrer und Beifahrer wie in einem gut geschnittenen Anzug: optimal ausgeformte Sitze mit ausreichendem Verstellbereich, die Position hinter dem Lenkrad exakt so, wie sie der aktive Fahrer schätzt. Da passt alles und kneift nichts, eine Wohltat, gerade auf langen Strecken. Auch die BMW-typische Bedienbarkeit verlor im Alltag nach kurzer Eingewöhnung ihre Schrecken: Die Lenkradhebel mögen anders operieren als üblich, und die iDrive-Mimik bedarf gewisser Grundkenntnisse. Aber wer Bescheid weiß, kommt bestens zurecht. Ohnehin entpuppte sich der Dauertest-BMW als ein Gefährt, dem selbst besonders pingelige Benutzer kleinere Unzulänglichkeiten – wie etwa den Mangel an geräumigen Ablagen – großzügig verzeihen.

Der Reihensechser ist ein Meister der Verführung

BMW 130i
Ein Fest auf Erden: der Reihensechszylinder im 130i.
Die Verführungskünste des Sechszylinders zeigten da zuverlässig ihre Wirkung. Der Sound, die Kraftentfaltung, der Biss, das Drehvermögen – immer wieder ein Genuss. Damit ließ unser 130i kein Herz unerweicht. Und bewies zugleich, dass er das viele Geld durchaus wert sein kann. Denn beim Fahren verwandelt sich dieser unscheinbare 1er in einen Sportwagen reinsten Wassers. Mit Qualitäten, die üblicherweise noch deutlich teurer zu stehen kommen – vom Edeltriebwerk über das präzise, sportlich abgestufte Getriebe bis zum lustvollen, schön ausbalancierten Handling des Hecktrieblers.

Die große Schattenseite des 130i: mangelhafter Federungskomfort

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Die kurzhubige Federung des 1er teilt heftige Stöße aus und schränkt seine Langstreckentauglichkeit sehr ein.
Dabei gelang es der im Testwagen eingebauten Aktivlenkung (geschwindigkeitsabhängige Übersetzung) mit zunehmendem Gebrauch, auch Skeptiker zu überzeugen. Bei Stadttempo und beim Rangieren macht die 1300 Euro teure Option den BMW ausgesprochen handlich, ohne beim Schnellfahren zu irritieren. Nicht billig, aber vergnüglich. Wo lagen die Schattenseiten im Leben mit dem 130i? Sie gibt es, keine Frage – und sie betreffen in erster Linie den Mangel an Komfort. Denn wenn etwas im 1er die Nerven angreift, dann ist es die kurzhubige Federung. Vor allem auf langen Bodenwellen verteilt sie heftige Stöße, wobei selbst auf Autobahnen keine Ruhe einkehrt. Auf langen Strecken von 500 Kilometern und mehr, wie sie der Dauertestwagen regelmäßig absolvierte, lässt der Spaß dann schon stark nach, und man wünscht sich bisweilen, lieber den Zug genommen zu haben.

Verbrauch ist der Motorleistung angemessen

Den Spaß verderben könnten auch die häufigen Besuche an der Tankstelle. Sicher, die 11,8 Liter pro 100 km, die sich der 130i über die Dauertestdistanz im Schnitt genehmigte, gehen in Anbetracht der Fahrleistungen und deren ausgiebiger Nutzung noch in Ordnung. Aber alle 400 Kilometer zum Tanken (Tankinhalt 53 Liter) – das nervt. Und dass die Tanknadel im letzten Viertel so rasant sinkt, wie der 130i beschleunigt, macht die Sache nicht besser. Das war es dann aber auch schon mit der Kritik. 

Der 130i ist der beste AUTO BILD-Dauertestwagen aller Zeiten: Note 1+

BMW 130i
Bei der Demontage kam es ans Licht: Auch im Verborgenen herrscht Spitzen-Qualität.
Ansonsten herrschte eitel Sonnenschein. Denn der 130i erwies sich neben dem Mazda6 als das Zuverlässigste, was AUTO BILD bisher in die Dauertest-Hände bekam. Ein Null-Fehler-Auto. Eines, das nach 100.000 Kilometern noch frisch wirkt – bis auf ein paar Quietschmäuse unter den Rücksitzen, die auf Kopfsteinpflaster zu hören waren. So gut wie kein Verschleiß, weder sichtbar noch (wie die anschließende Zerlegung zeigte) im Verborgenen. Ein kleines Auto, das den Fahrspaß mit dem großen Motor klaglos verkraftet und auf 100.000 Kilometer gerade mal einen Liter Öl und zwei Sätze Bremsbeläge verheizte. Im Klartext: Platz eins in der Zuverlässigkeits-Rangliste. Reife Leistung – für ein Drei-Liter-Auto.

Auch im Detail ein echtes Sahnestück

Aufreger zum Schluss: Auf dem Prüfstand des DEKRA-Technology-Center in Klettwitz schluckt unser Dauerläufer im ECE-Mix 9,3 Liter. Einen Liter über Prospektangabe. Klar, dass die Verantwortlichen von BMW dieses Ergebnis nachfahren wollten. Mit ähnlichem Ergebnis: 9,1 Liter. Nach langem Grübeln fanden die Techniker mit großer Erleichterung die Lösung. Die optionale Aktivlenkung hat die Ergebnisse verfälscht. Weil deren Steuerung mit den Rollenbedingungen nichts anfangen kann (Vorderräder stehen, Hinterräder rollen), geht sie von einer Notsituation aus, baut ständig vollen Druck für schnelle Lenkreaktionen auf. Darauf muss man erst mal kommen ...

Der BMW 1er ist ein Vorbild für Qualität made in Germany

Beruhigend dagegen die Demontage und Diagnose der Einzelteile. Die teure Technik des 130i hat gut gehalten. Wir staunen über den fast neuwertigen Motorblock ebenso wie über den aufwendigen und nach 100.000 km noch produktionsfrisch wirkenden Zylinderkopf. Am Ende hatten wir nur acht Auffälligkeiten dokumentiert (siehe Bildergalerie). Keine davon weist auf ernsthafte Mängel hin. Selbst die innovative Fahrzeuglackierung mit Pulverklarlack ist fast steinschlagfrei. Lediglich der ungleichmäßige Schutzwachseintrag in den Hohlräumen stört das gute Gesamtbild.
Fazit: Der 1er, gefertigt im BMW-Werk Regensburg, ist ein Vorbild für Qualität made in Germany.

Hersteller-Reaktionen: Das sagt BMW ...

... zu den angelaufenen Einstiegsleisten: Ursache der auffälligen Einstiegsleisten war Wassereintritt unter der Beschichtung der Leisten. Das Thema ist inzwischen durch eine optimierte Beschichtung beseitigt.
... zu dem ungleichmäßigem Auftrag des Hohlraum-Schutzwachses: Die Hohlraumkonservierung ist so ausgelegt, dass alle relevanten Stellen ausreichend mit Wachs bedeckt sind. Der unregelmäßig verlaufende Wachsauftrag ergibt sich aus dem Prozess des Konservierens.

Das sagen die Leser

"Kunststoff-Teile wirken billig" Seit 49.000 Kilometern und zwölf Monaten fahre ich meinen 130i. Mit dem Auto bin ich wirklich zufrieden. Auch der Verbrauch von 10,9 Litern geht bei den Fahrleistungen und viel Kurzstrecke schon in Ordnung. Bisher wurde nur eine Laufschiene vom Fahrersitz wegen Geräuschentwicklung gewechselt. Was mir nicht gefällt, sind die Kunststoffteile im Innenraum. Türverkleidungen und Armaturenbrett sind optisch und gefühlt ein Jammer. Tobias Hübner, 32108 Bad Salzuflen, BMW 130i.
"Karosserie macht Geräusche" Auf den ersten 30.000 Kilometern störten bisher nur Kleinigkeiten (knarrende Türdichtungen, quietschendes Kupplungspedal, scheppernde Auspuffklappe). Ansonsten: Huiii! Berend Sanders, per E-Mail, BMW 130i.

Fazit

von

Wolfgang König
Sicher, der Motor macht hier die Musik. Aber wer wie ich viele Tausend Kilometer abspult, merkt, dass es auch die Details sind, die einem den BMW ans Herz wachsen lassen. Da stimmt eben ganz viel: die Klimatisierung, die mit widrigen Verhältnissen einwandfrei fertig wird, das Navigationssystem, das gut abgestimmte ESP, das Bremsgefühl, Sitze und Sitzposition natürlich, aber auch – da machte mich der 1er vom Saulus zum Paulus - das iDrive-System in der aktuellen Form. Ein Auto, mit dem der Fahrer verwächst. Umso bedauerlicher, dass BMW beim Federungskomfort nicht mehr Gnade walten lässt. Dennoch, ein klassischer BMW: kompakte Karosserie, großer Motor, großer Spaß. Und dazu eine treue Seele.

Von

Wolfgang König
Manfred Klangwald