Exakt 17 Autos. In Worten: siebzehn. Alle Logan, die Dacia beim Start im Januar 2005 auf dem deutschen Markt verkaufte, hätten auf zwei Autotransporter gepasst. Die Kunden waren misstrauisch, unsicher und lästerten übers langweilige Design. "Wer will denn so was?" Ganz einfach: Alle, die auf den unschlagbar günstigen Preis gucken. Damit stieg die Billig-Marke aus Rumänien vom Aschenputtel zum Liebling der Schnäppchen-Jäger auf, die sich statt des Gebrauchten endlich einen Neuwagen leisten wollten. Und das wurden immer mehr. Alle 6.026 Dacia, die im Oktober 2009 bei uns zugelassen wurden, ergeben auf Transportern eine Schlange von 12,8 Kilometern!

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Dacia Logan MCV 1.5 dCi Lauréate
Dacias Einheits-Cockpit ist ergonomisch nicht perfekt, aber einfach bedienbar und übersichtlich.
Wer so viel Erfolg hat, verdient Anerkennung. Respekt indes muss man sich verdienen. Zum Beispiel über Zuverlässigkeit im Dauertest. Als der Logan MCV Lauréate mit 1,5-Liter-Diesel im Sommer 2007 bei uns antrabte, traf er auf zahlreiche Skeptiker. Wie hält so ein Recycling-Renault, der nur die Technik des alten Clio aufkocht, diese Strapazen aus? Die kostensenkende Zweitverwertung hat einen riesigen Vorteil: "Lademeister der Herzen", notierte AUTO BILD-Urgestein Diether Rodatz. Wir halten fest: Bis zu 2.350 Liter Kofferraum für 12.050 Euro Grundpreis, den Extras wie Klimaanlage, Seitenairbags, Metalliclack und Gummimatten (für 43 Euro!) auf 14.073 Euro trieben. Dafür gibt es einen ausgewachsenen VW Polo, aber nur einen halben Touran.

Lademeister der Herzen

Dacia Logan MCV 1.5 dCi Lauréate
Die Schokoladenseite des Logan MCV: Bis zu 2350 Liter schluckt das MCV-Heck mit zwei Klapptüren.
Dacias Konkurrenten heißen Citroën Berlingo oder Renault Kangoo, wie erste Transportaufgaben zeigen: "18 Bürostühle und ein Schreibtisch transportiert", steht da im Fahrtenbuch. Und: "Ein Mountainbike geht aufrecht rein!" Nachrichten-Chef Matthias Moetsch wusste nicht, "wie ich den unverschämt großen Kofferraum vollbekommen sollte". Sehr praktisch: Die beiden Hecktüren lassen sich entriegeln und 180 Grad weit öffnen, die erhöhte Rückbank schnell und leicht umlegen. Zwar freuen sich die Passagiere hinten über die gute Sicht nach vorn, klagen aber, weil sie mit den Knien an die Vordersitze stoßen. Eine verschiebbare Bank war in Dacias Kalkulation wohl nicht mehr drin.

Dacia knausert bei der Sicherheit

Bessere Materialien auch nicht: Das Laderollo zeigte schon bald Risse, die Kofferraumverkleidung tiefe Kratzer. Und der billige Filzteppich scheint Dreck und Flusen beim Aussaugen wie mit Kletten festzuhalten. Genauso stur wie Dacia an der kargen Sicherheitsausstattung im Logan MCV. Der elektronische Rettungsanker ESP fehlt ebenso wie serienmäßige Seitenairbags – was AUTO BILD immer wieder bemängelt und bei Vergleichen mit Punktabzügen bestraft. Umso wichtiger, dass das serienmäßige Fahrwerk des Kombis angenehm überrascht: Selbst bei voller Beladung besteht der Dacia den Elchtest ohne Ausbrechen oder Aufschaukeln. Das beruhigt.

Auf Langstrecken ist der Logan nicht zu Hause

Dacia Logan MCV 1.5 dCi Lauréate
Auf Fernreisen überzeugte das Raumangebot. Je höher das Tempo wird, desto weniger Spaß macht der Logan.
Eine Ursache liegt im langen Radstand (2,90 Meter), der den MCV beim Ausweichen stabilisiert und selbst auf Holperpisten im hintersten Rumänien unerwartet guten Federungskomfort beschert. Anders auf glatten Pisten: Wo der Soli den Asphalt geglättet hat, rollt der Dacia straff und polterig ab. Den Genuss auf Langstrecken verderben eher kleine Störenfriede: die kräftigen Windgeräusche, hakeliger Rückwärtsgang, plärrende Boxen, das ab 130 km/h schwammige Lenkgefühl, kleine, schlecht platzierte Ablagen oder latente Angst beim Losfahren. "Die Kupplung kommt spät, wie lange die wohl hält?", fragt Reifen-Experte Henning Klipp schon nach 21.000 Kilometern.

68 Diesel-PS sind zuwenig für den Logan MCV

Dacia Logan MCV 1.5 dCi Lauréate
Genügsamer Lastesel: Im Testdurchschnitt verbrauchte der 68-PS-Diesel 6,7 Liter. Der Preis dafür: schwache Fahrleistungen.
Den Geist aufgegeben hat aber nur die Tankanzeige: Mal zeigte sie zu viel, dann zu wenig oder gar nichts. Der Austausch des Tankgebers half wenig. Wir haben am Ende kaum noch hingeguckt, auch weil der 50 Liter große Tank riesige Etappen ermöglicht. Im Schnitt schluckte der Diesel 6,7 Liter, weil der kleine Motor vor allem auf Langstrecken oft am Limit lief. Dort warteten Autobahnduelle mit untermotorisierten Fiesta oder übermotorisierten Sprinter, Spitze 105 km/h in den Kasseler Bergen, lautes Dröhnen in der Ebene ab Tempo 140 – da wünscht man sich mehr als die mauen 68 PS, zumal im Renault-Regal ein starker dCi mit 103 PS bereitliegt. Heute wird unser Dauertest-Motor nicht mehr angeboten.

Dacia reagiert auf Kritik

Dacia Logan MCV 1.5 dCi Lauréate
Nach Testende wird der Logan demontiert. Top: Motor und Getriebe. Der Rostschutz in den Hohlräumen überzeugte nicht.
Nach 50.000 km sagte auch AUTO BILD-Archivar Willi Kock der Kupplung das baldige Ende voraus. Der Fahrersitz wackelte, eine Bremse quietschte, die Wischer rubbelten nervenzerreißend, und Dacias Kunden klagten über schlechte Lackqualität, wovon unser Dauertest-Auto verschont blieb. Die häufige Kritik am billigen Kunststoff der Armaturentafel zeigte Wirkung: Im heutigen Bestseller Sandero (ein Logan mit Schrägheck) präsentierte Dacia 2008 ein schöneres Cockpit, das bald alle Modelle bekamen. Dass die Bedienung für Klimaanlage und Lüftung weiter tief unten fast im Fußraum liegt, gehört zu den karpatischen Kuriositäten.

Den Logan MCV gibt es ab 7990 Euro

Am Ende polarisiert der Logan: "Ein gebrauchter Octavia Combi wäre der bessere Kauf", findet Redakteur Christian Steiger, während viele sich schnell an das simple Auto gewöhnten und ihm seine Fehler verziehen, wie Grafiker Mario Puksec. "Wohl auch, weil ich von dem Rumänen nichts erwarte und er etwas mehr gibt." Zum Beispiel Zuverlässigkeit. Die Kupplung hielt bis zuletzt und hätte wohl weitere 100.000 Kilometer mitgemacht. Doch die Aufsteiger-Marke kann tatsächlich ein noch besseres Argument liefern: Anfang Dezember 2009 hat Dacia die Preise gesenkt. Der Kombi kostet statt 8.500 Euro Basispreis nur noch 7.990 Euro. Die sollten vorsorglich weitere Autotransporter buchen.

Zwischen Sparzwang und Verschwendung

Als Billigheimer ist der Dacia bei der Demontage schon nach wenigen gelösten Schrauben an den Türen zu erkennen: Wo sonst für schnelle Wechsel die Elektrik per Zentralstecker getrennt wird, muss hier die Türverkleidung entfernt und mühsam jeder Steckverbinder einzeln gelöst werden. Im Alltag uninteressant, doch bei Reparaturen teurer. Auch den Sitzen (wackelig und klapperig), den Polsterstoffen (wellig) und den Styropor-Dämmeinsätzen in den Fußräumen (zerbröselt) sieht man den Rotstift deutlich an.

Am Korrosionsschutz hat Dacia nicht gespart

Nicht gespart haben die Rumänen dagegen beim Unterbodenschutz. Wo viele teurere Mitbewerber mittlerweile knausern, trägt Dacia dick auf. Damit selbst die schlechten Straßen in Osteuropa dem Auto nicht schaden können. Auch bei Motor und Getriebe hat Dacia nicht gegeizt. Die bewährten Renault-Teile haben 100.000 Kilometer nahezu fehlerfrei überstanden. Sogar die nach 50.000 Kilometern totgesagte Kupplung ist noch einsatzbereit. Lediglich eine Einspritzdüse ist festgerostet, funktionierte aber bis zum Testende einwandfrei.

Das sagt Dacia ...

... zum Korrosionsschutz Der Eintrag von Schutzwachs in die Hohlräume wurde inzwischen optimiert, von Handarbeit auf vollautomatische Konservierung umgestellt.
... zu Lackproblemen Gab es in der Anfangszeit. Inzwischen wurde die Qualität speziell für den deutschen Markt angehoben.
... zum Reserverad Die Lagerung des Rads auf einem dünnen Metallbügel unter dem Fahrzeugboden hat Quetschspuren in der Seitenwand des Reifens hinterlassen. Zukünftig bietet Dacia Tire-Fit statt Reserverad.

Das sagen die Leser

"Die Motorleistung reicht." Im Urlaub mit fünf Kindern, Fahrrädern und Dachbox steigt der Verbrauch auf 7,8 l Diesel, sonst liegt er bei 4,8 Litern. Ich verstehe nicht, warum eine deutsche Marke kein solches Auto bauen kann. Hartmut Münz, per E-Mail, Dacia Logan MCV 1.5 dCi (68 PS).
"Daumen hoch!" Ich bin mit diesem Auto im höchsten Maß zufrieden. Der Wagen läuft wie eine Eins, und es sind bisher noch überhaupt keine Fehler aufgetreten. Einziges Manko: das Radio. Holger Selbach, 42499 Hückeswagen, Dacia Logan MCV 1.4 MP.

Fazit

von

Joachim Staat
Lesen Sie die Zuverlässigkeits-Rangtabelle mal von hinten: vier VW unter den letzten sechs – aua! Dagegen verdient sich ein 12.000-Euro-Kombi mit Recycling-Technik die Note Gut. Dacia hat endgültig bewiesen, dass Sparen im Autobau nicht auf die Qualität schlagen muss. So muss ein Volkswagen sein: günstig, einfach, zuverlässig. Ein Vorbild für viele. Renault erntet den Lohn dafür, am Billig-Auto festgehalten zu haben. Das sollten andere nachmachen. Gern auch VW.

Von

Manfred Klangwald
Joachim Staat