Journalisten sollten nicht voneinander abkupfern, das gehört sich nicht. Aber von sich selbst mal abzuschreiben, das ist erlaubt. 1994 nannte ich im Dauertestbericht zum damaligen Mazda 626 (Heft 39/1994) als größte Stärke seine "auffallende Unauffälligkeit". Gemeint war das schlichte Äußere, aber auch der pannenfreie Abschluss des 100.000-Kilometer-Marathons. Beim Mazda5 zeichnet sich jetzt der gleiche Trend ab. Doch zu Beginn des Dauertests im Juli 2006 sah die Welt noch anders aus. Der siebensitzige Van (die fünfsitzige Version "Comfort" nimmt nur ein Prozent der Käufer) kam sehr gut bei der Kundschaft an, schnitt aber beim Elchtest erschreckend ab. Trotz ESP (bei Mazda DSC genannt) reagierte er in Kurven abrupt auf spontanes Gaswegnehmen, stellte sich quer. Die Elektronik bremste viel zu zaghaft.

Der Mazda5 war Liebling aller Reisenden

Mazda5 2.0 MZR-CD Top
Fahrspaß dank guter Leistung auch in den Bergen: der Mazda5 auf Rundreise in Südtirol.
Schnell reagierte der Importeur. Schon im Oktober 2006 wurden alle 18.000 bereits verkauften Mazda5 kostenlos mit einem neuen Steuergerät nachgerüstet. So auch unser Dauertestwagen. Ein harmonisches Miteinander begann, der Mazda5 in "Top"-Ausstattung wurde schnell zum Liebling aller Reisenden. Formal hatte keiner etwas an dem Van auszusetzen. Zeitgemäß keilförmig streicht er durch den Wind, die angehobene Seitenlinie und die getönten Seitenscheiben lassen ihn auch morgen noch gut aussehen. Seine bauartbedingte Unübersichtlichkeit nach hinten gleicht er mit einer praktischen Rückfahrkamera aus, die nur im 2500 Euro teuren Navi-Paket enthalten ist.

Kein anderer Kompakt-Van bietet Schiebetüren

Großes Lob erhielten die hinteren Schiebetüren, die in dieser Klasse kein Konkurrent zu bieten hat. So gelingt der Ein- und Ausstieg auch in engen Parklücken bestens. Die Türen funktionierten über die zwei Jahre völlig problemlos. Allerdings ist innen die Lücke zwischen Tür und Sitz sehr groß, Passagiere vermissen dort eine Armlehne. Dafür sind die Sitze vielfältig verstellbar. Der undankbare Mittelplatz lässt sich ganz wegklappen, die zwei Stühlchen in der dritten Reihe sind und bleiben Notsitze für Kurzstrecken. Werden sie benutzt, geht das Fassungsvermögen des Kofferraums logischerweise gegen null. In die Vollen hingegen geht der Dieselmotor des Mazda5. Seine 143 PS genügen allen Ansprüchen, das stattliche Drehmoment von 360 Nm bei 2000 Umdrehungen erlaubt schaltfaules Fahren.

Unexakte Schaltung

Was sehr geschätzt wurde, da die Kupplung stets gewöhnungsbedürftig-heftig zupackt und die Sechsgang-Schaltung ungenau arbeitet. Vor allem sechster und Rückwärtsgang verlangen eine akkurate Führhand. Die Dynamik gefiel allen Testfahrern: Trotz oftmals hoher Tempi (Tacho 220, Bordcomputeranzeige 12,5 Liter) blieb der Verbrauch im Mittel bei knapp acht Litern, der Ölverbrauch bei null. Kurios am Rande: Auf dem Peilstab steht über dem "F" für maximale Füllmenge noch ein "X". Die Betriebsanleitung warnt: "Falls sich der Ölstand nahe dem X befindet, muss das Motoröl gewechselt werden." Des Rätsels Lösung heißt Partikelfilter. Wenn er frei gebrannt werden muss, wird zusätzlich Kraftstoff eingespritzt. Der kann bei extremem Kurzstreckeneinsatz zu einer Ölvermehrung beitragen, was in der Praxis nach Auskunft von Mazda aber nur ganz selten vorkommen soll.

Billige Materialien und zu wenig Ablagen im Innenraum

Mazda5 2.0 MZR-CD Top
Lech am Arlberg: Dank waschanlagenfreundlicher Form lässt sich der Winterschmutz gut entfernen.
Wie ein roter Faden ziehen sich drei Kritikpunkte durchs gesamte Fahrtenbuch: Gas- und Bremspedal stehen zu nah beieinander, große oder derbe Schuhe bleiben gern mal hängen. Die Lenkung könnte präziser sein. Und Fond-Insassen vermissen vor allem im Sommer (Kühl-) Luftausströmer. Das war's im Groben. Detailkritik gilt den angeblich vorschriftsmäßig, aber stets zu niedrig eingestellten Xenon-Scheinwerfern, fehlenden größeren Ablagen für Atlanten und der Fusselfalle Kofferraum, dessen Verkleidungsstoff wie auch die Fußmatten extrem reinigungsunwillig ist. Stichwort Verkleidungen: Die Materialien wirken billig, sind teilweise auch nicht sehr kratzfest.

In der Summe ein gutes und wirtschaftliches Familienauto

Mazda5 2.0 MZR-CD Top zerlegt Einzelteile
Nicht schön: Im zerlegten Zustand zeigte sich reichlich Rost an Leitungen und Haltern und ungleichmäßig aufgetragener Korrosionsschutz.
Doch was juckt das den Privatmann, der einen variablen Wagen für Job und Familie braucht? Der freut sich über die gute Raumausnutzung und ordentlichen Fahrkomfort, schätzt Details wie die Tankklappe, die von der Schiebetür nicht versehentlich abrasiert werden kann, weil ein Stopper sie bremst. Der sollte vielleicht aufs Navi verzichten, es arbeitet teilweise zu langsam, ist arg teuer. Unterm Strich ist der Mazda5 aber auch ein Auto für spitze Rechner: Knapp 50 Prozent Wertverlust nach zwei Jahren sind akzeptabel, zusammen mit den anderen Kosten kommt er auf einen Kilometerpreis von 34 Cent. Kleiner Wermutstropfen: Die Versicherer haben Haftpflicht- und Vollkasko-Einstufung von 16/19 mittlerweile auf 18/23 angehoben. Warum, das weiß nur irgendeine Statistik.
Ich weiß nur noch von einem kleinen Abschlussstreit im Fahrtenbuch. Einigen Kollegen schien der Wagen nach fast 100 000 km ausgelutscht, die meisten empfanden ihn jedoch als leichtgängig wie immer. So schreibe ich noch mal von 1994 ab. "Der hat das Zeug zum Altwerden", endete ich damals. Der 5 ebenfalls – mit kleinen Abstrichen.

FAZIT von AUTO BILD-Autor Diether Rodatz

Auf Platz zwei unserer Bestenliste parkt nun ebenfalls ein Mazda. Peinlich für die Konkurrenz? Ja. Vor allem für VW & Co. Denn Zuverlässigkeit über 100.000 Kilometer ist im Zeitalter der Zeitraffer-Testmethoden absolut machbar. Es ist allerhöchste Zeit, die Rotstifte wegzulegen.

Das sagen die Leser zum Mazda5

"Bisher kein einziges Problem": Probleme mit dem Partikelfilter oder den Stabilisatoren, über die in Internetforen berichtet wird, hatte ich bisher nicht. Mein Wagen ist absolut zuverlässig. Die Verarbeitung überzeugt – nichts klappert oder knackt. Die Schiebetüren sind superpraktisch. Andreas Schuster, 70 567 Stuttgart Mazda5 2.0 MZR-CD Top
"Sechs Ölwechsel auf 19.000 km": Das Auto läuft problemlos bis auf den Partikelfilter samt Regeneration. Da ich nur Stadtbetrieb fahre, habe ich ständig zu viel Diesel im Motoröl und muss es wechseln lassen. Diverse Software-Änderungen haben keine Verbesserung gebracht. Mazda empfiehlt den wöchentlichen Besuch bei einer Tante im Grünen ... Heiko Sohn, 44145 Dortmund Mazda5 2.0 MZR-CD Top
"Würde Gesamtnote 2 geben": Mich ärgert der Zuheizer (Abgas dringt in die Kabine), dass es kein von Mazda freigegebenes Fahrradträgersystem fürs Fahrzeugheck gibt sowie die schlechte Sitzposition für Großgewachsene. Das Preis-Leistungs-Verhältnis halte ich aber für unschlagbar, das Auto kommt dem perfekten Familienwagen recht nahe. Eberhard Brodsky, 63619 Bad Orb Mazda5 2.0 MZR-CD Top
"Mazda sollte Beschwerden der Kunden ernst nehmen": Bei Minusgraden knarzen die Achsen wie ein alter Handwagen. Neue Stabilisatorgummis konnten das Problem nicht abstellen. Die Aufnahmen der Schiebetüren machen Geräusche. Die habe ich mit einigen Stücken alten Teppichs selbst abgestellt. Mazda Deutschland wiegelt nur alles immer wieder ab. Jürgen Rudolf, 38820 Halberstadt Mazda5 2.0 Exclusive
"Bisher mit dem Mängelzwerg rundherum zufrieden": Der Motor ist sicherlich kein Verbrauchswunder, aber er tut – wie der restliche Wagen übrigens auch – genau, was er soll: Er läuft bisher absolut mängelfrei. Ernüchternd wirken die einstufigen Sitzheizungsschalter, laute Abrollgeräusche und das nicht MP3-taugliche Radio. Familie Henzler, per E-Mail Mazda5 2.0 MZR-CD Top
"Weiche Sitze, gutes Fahrwerk": Negativ: Flugrost am Unterboden und an den Hohlprofilen hinter den Stoßfängern, unübersichtlich nach hinten, lächerliche Kofferraumleuchte, minderwertige Sitzbezüge, weiche Sitze. Positiv: gutes Fahrwerk, angenehme Lenkung, sicheres Fahrgefühl, niedriger Schwerpunkt. Peter Helbing, per E-Mail Mazda5 2.0

Hersteller-Reaktionen: Das sagt Mazda …

... zum Austausch von Scheibenwischermotor und -gestänge: Es kam in Einzelfällen vor, dass die Scheibenwischer bei hohem Tempo nicht in Ruhestellung zurückgingen. Bei Kundenreklamation wird daher kostenfrei ein stärkerer Motor sowie ein überarbeitetes Wischergestänge eingebaut.
... zur Scheinwerfereinstellung: Auf Kundenwunsch kann vom Servicepartner die Grundeinstellung höher justiert werden.
... zur Motorlager-Rückrufaktion: Die Halter von betroffenen Fahrzeugen werden über das Kraftfahrt-Bundesamt informiert. Ein Motorlager auf der Fahrerseite wird auf Festigkeit überprüft. Gibt es keine Beanstandung, wird nur die Schraube ersetzt. Ist die Schraube lose , wird ein komplett neues Lager eingebaut.

Bis 100.000 Kilometer ist alles gut gelaufen ...

... aber, liebe Mazda-Macher, dieses Resultat zeigt nur die halbe Wahrheit. Wahr ist leider auch, dass die Herren mit den roten Stiften kräftig auf die Qualität der ersten Generation vom Mazda5 eingewirkt haben, wie die Abschlussuntersuchung zeigt. Zum Beispiel entdeckten wir Hitzeschutzbleche am Wagenboden, die an mehreren Befestigungspunkten eingerissen sind. Nur eine Frage der Zeit, bis diese Bleche abfallen. Im stark verschmutzten Motorraum entdeckten wir reichlich Korrosion an diversen Leitungen und Haltern. Sogar die fest verbundenen, und damit geschützten Befestigungspunkte für die Frontschürzenhalterung sind angegriffen.

Etliche Leitungen und Frontschürzenhalterung rosten

Der an Schwellern und Türen im unteren Bereich über die gesamte Wagenlänge aufgetragene Korrosionsschutz erweckt optisch den Eindruck einer lieblos ausgeführten Reparatur. Nicht wirklich schön anzusehen. Ebenso wenig wie die verschmutzte Batterie mit den aufblühenden Haltern. Bei einem Fahrzeug, das alle 20.000 Kilometer zur Wartung in die Fachwerkstatt rollt, sollte dieser sensible Bereich mehr Beachtung finden. Aber bleiben wir fair. Vergessen wir nicht das Wesentliche: Der Mazda hat die gesamte Testdistanz ohne nennenswerte Mängel hinter sich gebracht. Und zumindest an den unzugänglichen Bereichen der Karosserie ist die Rostvorsorge ausreichend.

Mechanik hat 100.000 km ohne Schäden überstanden

Achsen, Antriebswellen und Lenkung sind in gutem Zustand. Getriebe und Kupplung haben alle Strapazen ohne Schäden überstanden. Dem Motor können wir am Ende beste Gesundheit attestieren. Er bringt auf dem Prüfstand sogar 151 PS, acht über der Werksangabe. Ölverbrauch kennt dieser Diesel nicht (nur 0,8 Liter Nachfüllbedarf auf 100.000 km). Im Gegenteil. Dies ist der erste AUTO BILD-Dauertest, bei dem zum Testende ein ganzer Karton voller Motoröl übrig blieb. Mazda schreibt ein spezielles aschearmes Öl für den Einsatz in Fahrzeugen mit Partikelfilter vor. Zur Sicherheit wurden mit dem Testwagen gleich 30 Liter des teuren Schmierstoffs (ein Liter à 26 Euro) geliefert. Gut gedacht, liebe Mazda-Mannen, aber: Hier hättet Ihr mit gutem Gewissen sparen können.

Von

Manfred Klangwald