Jamie Green hat am Norisring die perfekte Antwort auf seine "Rückversetzung" in den Mercedes-Jahreswagen geliefert: In der hochdramatischen Schlussphase des Rennens um die Steintribüne holte er sich den Sieg. Das Einmalige daran: Es war das erste Mal, dass ein Pilot mit demselben Chassis einen Sieg auf einer Strecke wiederholen konnte. Denn schon im vergangenen Jahr hat er mit dem Auto, das er jetzt noch fährt, den prestigeträchtigen Sieg in Nürnberg geholt.
Damit fand das Wechselbad der Gefühle, durch das Green am Norisring ging, ein märchenhaftes Ende für den Briten. Erneut war er immer im Spitzenfeld dabei, doch sein Team gehörte zu jenen, die sich im dritten Abschnitt der Qualifikation verzählt hatten. Green wurde bestraft und musste von Startplatz sieben ins Rennen gehen. Mit einer klugen Strategie - genauso wie Gary Paffett am Lausitzring wurde Green sehr spät zu seinem zweiten Stopp geholt - arbeitete er sich zunächst bis auf Rang drei hinter Timo Scheider und Bruno Spengler heran.
In der vorletzten Runde überschlugen sich die Ereignisse: Mercedes-Pilot Spengler attackierte Audi-Mann Scheider, Green war der lachende Dritte und fand sich zu Beginn der letzten Runde in Führung wieder. Green war erstmal einmal recht sprachlos und vor Überraschung "echt schockiert". Als er realisiert hatte, was ihm gelungen war, feierte er ausgelassen auf dem Podium.
"In den letzten 20 Runden habe ich nur hinter Bruno gewartet und ich habe versucht, keine Risiken einzugehen", berichtete Green gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Ich wollte keinen Unfall mit ihm haben, denn ich glaube, dann hätte ich mächtigen Ärger bekommen. Ich habe einfach versucht, mein Auto ein bisschen zu schonen und nicht zu nah an ihn heranzukommen."
Spengler sei schneller gewesen als Scheider. Doch er fand rundenlang keinen Weg an dem amtierenden Champion vorbei. "Er war auf der Geraden sehr schnell, aber in den Kurven nicht." Am Ende gelang es Spengler zwar kurz, an Scheider vorbei zu gehen, doch dieser konnte kontern und plötzlich fand sich Green auf Platz zwei hinter Scheider wieder. "In der Schikane habe ich dann ein Manöver probiert und das hat perfekt funktioniert", schilderte er.
"In dem Moment war ich mir nicht ganz sicher, ob es krachen wird oder nicht", ließ Green das entscheidende Manöver Revue passieren. "Denn wenn er nach innen gezogen hätte, dann hätte es ganz klar einen Crash gegeben, weil ich später bremse als er. Er musste mir Platz lassen. Sobald er mich gesehen hat, wusste er das aber auch und deshalb war es nicht allzu riskant. Am Ausgang der Schikane wusste ich, dass ich die richtige Position habe - das war einfach perfekt."
Danach wollte Sieger Green einfach "allen danken, ich muss Mercedes und HWA danken, denn sie haben das Auto gebaut. Es funktioniert sehr gut, ich habe hier im vergangenen Jahr mit demselben Chassis gewonnen. Sie machen einen tollen Job, wenn sie das Auto vorbereiten. Das Persson-Team war nach dem Fehler im Qualifying ein bisschen enttäuscht, als wir in Q3 zu viele Runden gefahren sind, aber heute haben wir zurückgeschlagen!"
Welcher Norisring-Sieg nun süßer schmeckt, der vom Vorjahr oder der diesjährige im Jahreswagen, konnte Green nicht sagen: "Jeder Sieg ist wichtig. Aber es kommt nicht allzu oft vor, dass man mit einem Jahreswagen gewinnen kann. Es ist etwas ganz Besonderes." Der letzte Sieg eines Jahreswagenpiloten war der von Gary Paffett 2007 in Oschersleben.
"Aber auch im vergangenen Jahr war es etwas Besonderes, am Norisring zu gewinnen", fuhr Green fort. "Denn 2006 hatte ich dort ein solches Desaster im Rennen, nachdem ich auf der Pole Position stand und im ersten Stint geführt hatte. Es war schön, zu zeigen, was ich kann."
Das nächste Rennen steht in drei Wochen in Zandvoort an. "Zandvoort ist eine völlig andere Strecke, dort werden an das Auto andere Anforderungen gestellt. Es gibt keine Garantie, dass wir dort genauso konkurrenzfähig sind. Wir müssen es nehmen, wie es kommt", schätzt Green realistisch ein.
Jetzt aber will er sowieso erst einmal seinen sensationellen Norisringsieg feiern: "Ich muss mal schauen, was das Team machen will. Ich habe einen recht frühen Flug gebucht, ich muss mal schauen, was sich ergibt. Vielleicht muss ich noch umbuchen!"
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