14 Sekunden schneller als der Focus RS

Es ist der weiße Wegweiser mit dem dünnen schwarzen Rahmen, der mich elektrisiert: "Col de Turini" steht am Ortsausgang von Lantosque, rechts davon die Ziffer 18. 18 Kilometer bis zur Paßhöhe. 18 Kilometer, die die Rallye Monte Carlo weltberühmt gemacht haben. 18 Kilometer, die über ein sportliches Auto so ziemlich alles verraten, nur nicht, wie gut der Zigarettenanzünder funktioniert.

Eine bessere Prüfung gibt es nicht, um dem neuen { "alias": "lex", "anchor": "", "bid": "520825", "element": "ir_link", "params": "", "target": "", "text": "Ford", "type": "b", "url": "" } (Sports Technologies: Die Buchstaben kennzeichnen die PS-stärksten Fiesta-, Focus- und Mondeo-Versionen) auf den Zahn zu fühlen. "Doch, den Nürburgring", sagt Jost Capito. Der muß es wissen. Capito ist bei Ford für alles zuständig, was über 240 km/h läuft – inklusive GT und Werksautos für die Rallye-WM.

14 Sekunden, so der Ford-Sportdirektor, sei der ST auf der Nordschleife schneller als der ausgemusterte Focus RS. Der gehörte zu den schnellsten Kompaktsportlern und übertrumpfte auf Rundstrecken wesentlich PS-stärkere Konkurrenten.

Der typische Sound eines Fünfzylinders

Mit diesen Gedanken im Kopf drehe ich den Zündschlüssel. Der Drehzahlzeiger schießt auf 2000/min, verharrt dort eine Sekunde und sinkt auf 900 Touren. Ein erstes Indiz, daß sich unter der Motorhaube Besonderes tut. Präzise flutscht der erste Gang in Position. Willig nimmt der Motor Gas an und zieht den ST gleichmäßig nach vorn. Dieser Focus läßt sich fahren wie alle anderen auch: undramatisch und entspannt.

Aber er kann auch anders. Nach den letzten Häusern trete ich aufs Gas. Links fliegt eine Felskante vorbei, rechts ein tiefhängender Ast. Die Straße wird zur Gasse. Trotz der Steigung spurtet der Ford ruck, zuck auf Tempo 100. Noch 14 Kilometer bis zum Gipfel.

Jetzt klingt der ST so, als müßte er dort bereits zu hören sein: laut röhrend unter Last, röchelnd in den Kurven, und beim plötzlichen Gaswegnehmen husten dumpfe Resonanzschwingungen aus den Doppel-Endrohren. Die heisere Tonlage verrät: Es ist der typische Sound eines Fünfzylinders, der durch die Schluchten dröhnt. Turini, ich komme!

Focus und Fahrbahn wirken wie verzahnt

Der aufgeladene Reihenmomotor stammt von { "alias": "lex", "anchor": "", "bid": "520876", "element": "ir_link", "params": "", "target": "", "text": "Volvo", "type": "b", "url": "" }. Weil der Focus sich die Plattform mit dem S40/V50 teilt, erhält erstmals ein Auto aus dem Mutterkonzern ein Triebwerk von der Tochter aus Schweden. So spart Ford nicht nur Kosten, sondern bringt viel Spaß und verschafft dem Focus ST ein Monopol: Die Konkurrenten Golf GTI und Astra OPC fahren mit Turbo-Vierzylinder.

Der 20-Ventiler paßt herrlich zum ST. Schärfere Kennfelder für Einspritzung und Zündung steigern die Leistung auf 225 PS (Volvo 210/220 PS). Damit der Fahrer daran auch akustisch Freude hat, haben die Ford-Ingenieure einen sogenannten "Composer" vom Ansaugtrakt an die Spritzwand unterhalb des Handschuhfachs gelegt. Ein Kunststoffrohr wirkt als Telefonleitung in den Bereich zwischen Ladeluftkühler und Drosselklappe. Von dort überträgt sie das geräuschvolle Luftholen des Motors ins Cockpit. Beim Beschleunigen klingt der 2,5-Liter satt und sonor, aber nie nervig.

Noch zehn Kilometer bis zum Gipfel. Es geht weiter stramm bergauf. Mit meiner Laune auch. Kurve folgt auf Kurve, Kehre auf Kehre. Vollgas zweiter, Vollgas dritter Gang, lupfen, kuppeln und zurück in den zweiten, gleichzeitig bremsen, lenken und wieder Vollgas, zweiter, dritter, lupfen, bremsen, lenken ... – Focus und Fahrbahn wirken wie verzahnt.

Der Eingriff des ESP ist kaum zu spüren

Der Motor hängt in Spitzkehren gut am Gas. Von Turboloch keine Spur. Im Gegenteil: Der kleine KKK-Lader baut so schnell Druck auf, daß bereits bei1600/min 320 Newtonmeter Drehmoment an die Vorderachse geleitet werden. Bis 4000 Umdrehungen steht der Maximalwert bereit und liefert so ein breit nutzbares Drehzahlband.

Nur Sand und Wasser auf der Straße sowie Spurrillen mag er nicht. Gebe ich im Kurvenscheitelpunkt zuviel Gas, drehen die Vorderräder durch und zerren heftig am Lenkrad. Hier und nur hier könnte der Focus ST gebrauchen, was der RS hatte: ein Sperrdifferential. Der Eingriff des ESP ist so sanft, daß er kaum zu spüren ist. Viel besser kann man eine Elektronik-Fahrhilfe nicht abstimmen. Noch 5000 Meter bis zum Höhepunkt.

An dieser Stelle notieren Rallyebeifahrer gern "twisty" in ihr Gebetbuch, also eine schnelle Abfolge vieler kleiner Kurven, die sich zwischen Felswand und Abgrund am Berghang entlangwinden. Über Bodenwellen rollt der Focus ST erstaunlich harmonisch – er trifft den richtigen Kompromiß zwischen Sport-Spaß und Alltags-Komfort. Die Recaro-Sportsitze bieten prima Seitenhalt.

Technische Daten und Preis

Das ist auch nötig. Mauervorsprünge und heruntergefallene Steine verhindern, daß aus dem Geschlängel eine Gerade wird. Genau das ist der Spaß daran. Präzise folgt der ST jeder Lenkbewegung und zackt leichtfüßig um alle Hindernisse. Beeindruckend, wie neutral er Kursänderungen aller Art absolviert.

Selbst plötzliche Lastwechsel durch Gaswegnehmen können ihn nicht aus der Ruhe bringen. Mein Vertrauen ins Fahrwerk ist inzwischen fast grenzenlos. Nur nicht übermütig werden. Noch 500 Meter bis zum Parkplatz, auf dem während der Nacht der langen Messer immer die Blitzlichtgewitter tobten. Das hätte auch der Focus ST verdient. Statt dessen kühlt er knisternd ab. Geschafft. Ich bin oben. Ganz oben. "Col de Turini 1607 m" verkündet das Schild. Ein Hochgefühl im doppelten Sinne.

Technische Daten Ford Focus ST • R5, vorn quer • Turbolader • vier Ventile pro Zylinder • zwei obenliegende Nockenwellen • Hubraum 2522 cm³ • Leistung 166 kW (225 PS) bei 6100/min • maximales Drehmoment 320 Nm bei 1600/min • Frontantrieb • Sechsgang • Einzelradaufhängung • Tankinhalt 55 l • Kofferraum 385 l • Länge/Breite/Höhe 4362/1840/1447 mm • Reifen 225/40 R 18 • Leergewicht 1392 kg • Spitze 241 km/h • 0-100 km/h in 6,8 s • EU-Verbr. 9,3 l SP/100 km • Preis ab 24.200 Euro