Der kleine Zweizylinder startet mit einem quälenden Huster, an dessen Ende ich nicht weiß: Läuft der Motor? Doch, er läuft! Weil es durch die dünnen Bleche scheppert, als wär’s Wellpappe. Kupplung treten, den Gang rein-ge-drück-k-k-kt – los. Unter bösem Zetern erreicht der Fiat das Tempo einer Geisterbahn, ich schleiche durch die Stadt wie früher die italienischen Opas. In wenig entspannter Froschhaltung, mit ersten Schwitzflecken von den Plastiksitzen. "Die tolle Kiste", hm, so lautete damals der Slogan für den Panda. Wahr daran ist nur der zweite Teil. Was für eine Kiste! Die Begegnung mit dem Kult-Kleinwagen kann durchaus schockieren. Mamma mia, ist das wenig Auto! Das soll er also sein: der Ursprung der Panda-Familie, einer langen Erfolgsgeschichte, die ab März 2012 mit der dritten Generation des italienischen Kleinwagens weitergeht.

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Fiat Panda
Schöner Gruß aus der Auto-Steinzeit: Der Fiat Panda 30 ist absolut nicht mehr up to date.
Als die Story 1980 losging, da nannte sein Designer Giorgio Giugiaro den Panda ein "Haushaltsgerät". Simple Technik, einfache Funktion. Bei Defekt wegwerfen. Was oft genug geschah. Zugegeben, die von uns gefahrene Panda-Version 30 mit dem damals schon veralteten Zweizylinder aus dem Fiat 126 kam nie auf den deutschen Markt. Bei uns hatte die Kiste mindestens vier Zylinder und 34 PS. Das Urmodell hat Fiat aus dem Museum gefischt, als Begleiter für die Ausfahrt mit dem Neuen, der wieder Zweizylinder trägt, diesmal aber mit 85 PS und als Spitze der hippen Spar-Avantgarde. So ändern sich die Zeiten. Gefühlt liegen zwischen den beiden Fiat mehr als nur 31 Jahre. Dazwischen liegt eine Welt. Der Alte, dieser grobe Klotz, war selbst in den kargen Achtzigern, als den Autos jegliche Lust ausgeprügelt wurde, ein basisdemokratischer Schock. So schonungslos hat kaum ein anderer seine Billigproduktion offenbart. Harte Kanten, plane Scheiben. Dazu Gartenstühlchen als Sitze, eine Rücksitzbank, die sich als Hängematte einhaken lässt, vorn das Ablagefach über die ganze Wagenbreite – das alles entsprang purem Haushaltsdiktat, heute würde man sagen: Kostenoptimierung.

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Fiat Panda
Zitat in Blech: Auch der neueste Panda erinnert optisch noch entfernt an seinen Urahn.
Der Ur-Panda gibt uns eine Lehrstunde in "Einfacher geht’s nicht". Oder darin, was Fiat sich traute, seinen Kunden zuzumuten. Und die? Hoben das Auto prompt auf den Kult-Thron. Solche Nulldiät-Effizienz darf der Neue sich gar nicht mehr erlauben, ganz im Gegenteil: Karg ist out. Schließlich gilt der Panda seit der aktuellen Generation (seit 2003) als Marke in der Marke Fiat, die gepäppelt wird und von allem nur etwas mehr haben soll als der Vorgänger: mehr Kofferraum (225 Liter statt 205 Liter), mehr Chic, mehr Glanz, mehr Technik, mehr Schnickschnack, damit die Kunden bei den Extras so freizügig zuschlagen wie beim lifestyligen 500er. Trotzdem musste der Panda optisch unbedingt der Alte bleiben. Operation gelungen, wie erste Reaktionen auf den Gässchen und Piazze zeigen: Die Italiener erkennen ihn, anerkennendes Nicken ("Ahh, nuova Panda!"). Kein Wunder, zumal sein Designer Roberto Giolito den Namenszug verschwenderisch verteilt hat: auf Radnaben, Heckdeckel, in den (jetzt kürzeren) Rückleuchten und innen in der Prägung der großen Plastikflächen.
Dem Kleinen mag manches fehlen, nur keine stolzgeschwellte Brust! So trägt der Panda nun wie selbstverständlich Blenden, die glänzen wie Klavierlack, Tasten für die aufpreispflichtige Spracherkennung oder ein TomTom-Navi, das oben in der Mittelkonsole eingepflanzt wird. Die neuen Sitze haben bunte Muster, für langes Gerät legt sich sogar die Beifahrerlehne flach. Was für ein Fortschritt seit der abgewetzten Wachstuch-Optik aus dem Urmodell. "Nuova" mag der Panda ja sein, "gigante" aber immer noch nicht, trotz der vier Zentimeter breiteren Achsen (vom 500er). Den Raumgewinn zehrt der dickere Seitenaufprallschutz wieder auf. So verlangt der Fiat weiter ungeniert Verzicht, wenn wintertags die statisch aufgeladenen Wollmäntel im Schulterkontakt knistern. Nach oben lässt sein hohes Dach ja genug Luft.
Technisch lässt der Neuling seinen Urahnen uralt aussehen. Die Zweizylinder, dazu eine Erdgasversion und der 75-PS-Diesel sollen in der sparsamsten Form unter 100 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen – mithilfe moderner Spargimmicks wie Start-Stopp-System, der Taste "Eco Mode" oder einer Lichtmaschine, die sich selbstständig abschaltet, wenn sie nicht gebraucht wird. Was finden wir dagegen im Motorraum des ersten Panda? Nicht nur das Reserverad, sondern auch einen XXL-Wagenheber, der selbst einen Iveco-Lastwagen liften könnte. Und trotz des ganzen modernen Zeugs – oder gerade deswegen – hat es Roberto Giolito gejuckt, ein Stück vom alten in den neuen Panda zu übertragen. Vorm Beifahrer gähnt wieder eine tiefe Ablagehöhle, in der künftig vom Lippenstift bis zum Karamellbonbon alles mögliche rappeln und verschwinden wird. Da rumort er noch, der Geist des alten Panda.
Technische Daten Fiat Panda 0.9 Twinair (2011) Zweizylinder-Reihenmotor, Turbo, vorn quer • vier Ventile pro Zylinder • Hubraum 875 cm³ • Leistung 63 kW (85 PS) bei 5500/min • max. Drehmoment 145 Nm bei 1900/min • Vorderradantrieb • Fünfganggetriebe • L/B/H 3648/1644/1551 mm Tankinhalt 35 Liter.
Technische Daten Fiat Panda 30 (1980) Zweizylinder-Reihenmotor, vorn längs • zwei Ventile pro Zylinder • Hubraum 652 cm³ • Leistung 22 kW (30 PS) bei 5500/min • max. Drehmoment 41 Nm bei 3000/min • Vorderradantrieb • Vierganggetriebe • Länge/Breite/Höhe 3380/1460/ 1445 mm • Tankinhalt 35 Liter.

Von

Joachim Staat