Vergleichstests bei AUTO BILD hat der aktuelle Fiesta reihenweise gewonnen. In vielen Fahrberichten gab es Komplimente für Form und Fitness – und nebenbei tobt der kleine Kölner auch in der Rallye-WM mit. Hört sich vielversprechend an: Konkurrenten hat er im Griff, sportlich ist er auch – in puncto Image lässt sich dem Kleinen nichts anhängen. Doch was nützt es, wenn eine heiße Motorsportvariante über finnische Kuppen ballert, sich das Allerweltsmodell dagegen im Alltag als Minderleister entpuppt? Eben: gar nichts. Ob Anspruch und Wirklichkeit tatsächlich auseinanderdriften, klärt am besten ein AUTO BILD-Dauertest über 100.000 Kilometer. Diesen langen Marsch begann unser fünftüriger Fiesta 1.25 in der edlen – und somit damals mindestens 15.250 Euro teuren – Titanium-Ausstattung im April 2009. Da war die siebte Fiesta-Generation gerade mal ein halbes Jahr auf dem Markt und noch ein echter Hingucker.Schwungvoll verpackt, ansehnlich proportioniert, fast coupéhaft steht der Fünftürer da – und reckt dabei noch frech sein Heckspoilerchen in die Höhe. Geht bestimmt flink vorwärts, der rote Ford – hatten wir gedacht. Von wegen. Denn wir hatten den 82 PS starken Benziner geordert – im Grunde genug Leistung für einen Kleinwagen. Aber nicht genug für einen 1,1 Tonnen schweren Fiesta, der die Hamburger Innenstadt öfter mal verlassen will. "Auf der Autobahn wirkt der Motor angestrengt", steht als früher Eintrag im Fahrtenbuch, und: "Man muss das Aggregat fordern, um flott voranzukommen." Testredakteur Jörg Maltzan und Fotograf Sven Krieger brachten es auf den Punkt. Stimmt, die 114 Newtonmeter lassen schlicht Durchzugskraft vermissen, das Motörchen verlangt nach Drehzahlen. Und das wirkt sich nachteilig auf den Verbrauch aus. Rund acht Liter im Schnitt genehmigte sich der Fiesta während unserer Dauerprüfung.Im Gegenzug ackerte der kleine 1.25er zuverlässig. Vollgas auf der Autobahn? Stop-and-go-Stress im Pendelverkehr? Der schlicht konstruierte Duratec-Benziner schnaufte jede Fahrt tapfer weg. Nur einmal, da rumorte es aus dem vierten Zylinder. Ein Marder hatte sich am Zündgeschirr verbissen und so den sauberen Funkenflug an der Kerze gestört. Ein Elektrik-Problem, das natürlich nicht auf den Hersteller zurückgeht und deshalb nicht die Dauertest-Bilanz stört. Andere Spannungsprobleme griffen umso stärker in die Zuverlässigkeits-Rangfolge ein. Dass Glühlampen den Geist aufgeben, kommt vor. Aber gleich mehrfach, das ist kein Zufall mehr. Noch dazu hat eine Werkstatt fast 60 Euro für den Tausch der H7-Lampe berechnet. Dreist!Ebenso ärgerlich: Dreimal mussten wir den Fiesta morgens per Stromspende wecken. Davor hatte jeweils ein (un)heimlicher Verbraucher den Akku entkräftet. Blöd, zumal so etwas häufiger vorkommt und den Ford-Kundendienstlern sowohl Ursache (ein Fehler im Sprachsteuerungs-Modul) als auch mögliche Abhilfe (Teil tauschen) bekannt waren. Eine aufmerksamere Werkstatt als unser Wartungspartner hätte es nicht so weit kommen lassen – so wirft die verhexte Sprachsteuerung den Ford auf einen Platz im Mittelfeld zurück. Schade, denn sonst hat der Fiesta zuverlässig funktioniert. Ein verschlissener Keilriemen, ein durchlässiger Öldichtring, ein blockierter Sicherheitsgurt an der Rückbank und ein vergammelter Antennenfuß, das war alles, was er sich auf 100.000 Kilometern ankreiden ließ. Dazu die üblichen Kleinigkeiten wie Vorderachs-Bremsen tauschen, Reifen wechseln, ein Schlückchen Motoröl nachfüllen – mehr hatte unser Dauertester nicht zu mucken.Eher nervig als besorgnis erregend: Das Ausrücklager der Kupplung und die Getrieberäder arbeiteten zwar einwandfrei, aber gut hörbar. Es brummte und knarrte wie bei einem ollen Gebrauchten. Und was sagen die Fahrer? Im Grunde nichts Schlechtes – bis auf ein paar Petitessen: So monierte Tester Jürgen von Gosen "mies erreichbare Fensterheber-Schalter und ungenaue Park-Piepser", Fotoredakteur Bozo Furkes ärgerte sich über den "laut laufenden Lüfter der Klimaanlage" und Grafiker Mario Puksec glaubte seinen "Hintern von der Sitzheizung verschmort". Einigkeit herrschte dagegen in Bezug auf das Fahrverhalten und den Sitzkomfort. "Ein tadelloses Auto", fasst Kollege Jürgen Greve im Fahrtenbuch zusammen. Recht hat er – jedenfalls solange die Elektronik mitspielt.Alle Bilder zum Dauertest mit dem Ford Fiesta finden Sie oben in der Bildergalerie. Den vollständigen Artikel mit allen Daten und Tabellen gibt's im Online-Artikelarchiv.

Fazit

Ein nach 100.000 Kilometern noch taufrischer Motor, Getriebe und Fahrwerk ohne Befund, Innenraum fast nicht abgenutzt – so muss ein modernes Auto nach der AUTO BILD-Marathonfahrt dastehen. Aber es muss auch pannenfrei durchkommen. Der Fiesta hat das nicht geschafft. Die Elektronik ... Trost: Ein Modell ohne die verhexte Sprachsteuerung hätte es in die Top-Ten unserer Dauertest-Rangliste geschafft.