Formel 1 2011
Überholmanöver: Whitmarsh kritisiert Rennstrecken

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Martin Whitmarsh versteht nicht, warum vor allem auf neu gebauten Strecken nicht bessere Überholmöglichkeiten geschaffen werden
Verstellbare Front- und Heckflügel, KERS, Beschneidungen der aerodynamischen Effizienz und Reifen, die schon nach wenigen Runden auseinanderfallen - die Formel 1 hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Ideen ausprobiert, um mehr Überholmanöver zu forcieren. Unangetastet blieben jedoch die Rennstrecken, die laut vielen Experten ebenfalls zu den Ursachen gezählt werden müssen.
Dass die Formel 1 mit bestehenden Klassiker-Kursen wie Monte Carlo leben müssen, ist verständlich, aber viele der neu gebauten Anlagen lassen ebenfalls kaum Überholmanöver zu. Dabei wäre das Rezept möglicherweise nicht kompliziert: "Auf den Flughafen-Strecken wie Cleveland, wo sie breite Kurven mit mehr als einer möglichen Linie haben, siehst du, wie einfach es sein kann", meint McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh, der findet, dass sich die Formel 1 die IndyCar-Serie als Vorbild nehmen sollte, im Interview mit 'Motor Sport'.
Mit Sepang (Malaysia), Schanghai (China), Valencia (Spanien) und Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) wurden in den vergangenen Jahren mehrere Strecken neu in den Rennkalender aufgenommen, die nicht immer spannende Rennen generieren. Dafür musste sich Formel-1-Architekt Hermann Tilke zuletzt immer wieder Kritik anhören: Seine Layouts seien zu unkreativ, heißt es, und werden von Fans oftmals als "Einheitsbrei" bezeichnet. Besonders in Abu Dhabi, wo die Strecke aus dem Nichts aufgebaut wurde, hätten viele auf eine originellere Kurvenführung gehofft.
"Wenn du nach Abu Dhabi kommst und siehst, wie viel Geld dort investiert wurde, dann hast du ein sehr schlechtes Gewissen, wenn du die Strecke kritisierst, denn es ist doch gut, dass diese Leute so viel Geld in den Sport investieren, den wir lieben", sagt Whitmarsh. "Andererseits könnte man angesichts der verpassten Gelegenheit drauf losheulen, wenn man eine der längsten Geraden der Formel 1 hat und an deren Ende eine Schikane mit nur einer möglichen Linie ist, denn das führt unweigerlich dazu, dass das Überholen schwierig ist."
"Wenn man die Überholmanöver der letzten fünf Jahre einmal genau analysiert, dann stellt sich heraus, dass 90 Prozent aller echten Überholmanöver in zwölf Kurven stattgefunden haben. Da geht es nicht nur um die Kurve, in der das Manöver stattfindet, sondern auch um die Kurve davor", so der Brite. "Brasilien ist ein gutes Beispiel: Die Anlagen sind katastrophal, aber die Rennen sind fantastisch. In Abu Dhabi hingegen haben wir unglaubliche Anlagen, aber obwohl es ein WM-Finale ist, erwartet jeder nur ein durchschnittliches Rennen, weil die Natur der Strecke eben so ist."
"Wenn man in der Wüste und ohne ersichtliche bauliche oder finanzielle Einschränkungen zu bauen beginnt, dann ist es schade, dass wir nicht den einfachen Weg gehen und einige der tollsten Kurven der Welt kopieren", kritisiert Whitmarsh, der nicht nur McLaren-Teamchef, sondern auch Vorsitzender der Teamvereinigung FOTA ist. Als solcher findet er, dass die Formel 1 dem in einer Umfrage geäußerten Wunsch der meisten Fans, mehr Überholmanöver zu bieten, in den nächsten Jahren unbedingt nachkommen muss.
Fotoquelle: xpb.cc
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