Zehn Jahre ist das her. "Leute, kauft Hybridautos von Toyota!", schoss es aus der Ober-Grünen Renate Künast heraus. Echt jetzt? Also schon damals kam die Äußerung nicht so richtig gut an und galt zumindest mal als umstritten. Und heute wäre sie blanker Blödsinn. Denn inzwischen gibt's für alle, die auch beim Fahren die Welt retten wollen, ein Angebot von Hyundai. Ioniq Hybrid heißt der Gegner des Toyota Prius, und demnächst gibt's den Wagen auch als Plug-in-Hybriden für die Steckdose. AUTO BILD hat beide zum Öko-Gipfel eingeladen. Volle Granate, liebe Renate: Dieser Vergleich bringt das Klima nach vorn!

Die rein elektrische Reichweite geht absolut in Ordung

Toyota Prius  Hyundai Ioniq
Batteriebetrieb: In unserem Test schafften Ioniq und Prius etwas über 60 Kilometer ohne Verbrenner.
Bild: Uli Sonntag
Wir legen gleich los, einmal im Konvoi die Batterie leer fahren. Zu den technischen Feinheiten kommen wir später. Unsere Strecke ist 4,8 Kilometer lang, immer um das Testgelände des Reifenherstellers Bridgestone in Italien. 18 Grad, die Sonne lacht, Klimaanlage aus, eine Steigung, ein Stoppschild, sonst immer nur fahren. Über eine Stunde geht das nun schon, die Elektromotoren summen, wir haben ein lupenreines Gewissen. Nach 63 Kilometern springt beim Prius der Verbrenner an, der Ioniq schafft einen Kilometer mehr. Wir sind großzügig und sagen: beide gut. Aber im Straßenverkehr, bei vielen roten Ampeln und Baustellen, sind wohl eher um die 40 Kilometer realistisch. Denn 1,6  Tonnen grünes Gewissen wollen auf Touren kommen.

Die Batteriekapazität der beiden ist fast identisch

Hyundai Ioniq  Toyota Prius
Ladezeit: Die beiden Plug-in-Hybriden benötigen knapp drei Stunden zum Strom zapfen.
Bild: Uli Sonntag
Rein in die Box zum Aufladen. Der Toyota hat einen Lithium-Ionen-Akku mit 8,8 Kilowattstunden Kapazität, beim Hyundai sind es 8,9 kWh aus einer Lithium-Polymer-Batterie. Beide brauchen an der Haushaltssteckdose knapp über drei Stunden, um Strom zu zapfen; hoffentlich Öko, sonst ergibt das ja keinen Sinn. Schauen wir uns die Autos mal genauer an. Die vierte Prius-Generation ist ja so futuristisch wie noch nie, und die Steckdosen-Ausgabe legt da noch mal ’ne Schippe drauf, hat etwas von Raumschiff Enterprise. Extraschar-fe Scheinwerfer mit LED-Matrix-Licht, hinten 10,5 Zentimeter länger als sein Bruder ohne Stecker und mit zwei Höckern im Heck. Da geht der Hyundai ja fast schon als graue Maus durch! Fließheckkarosserie mit coupéhafter Form, der will dich nicht so anschreien wie der Prius und losplustern: Hey, ich bin ein Öko!
Innen das gleiche Spiel: Der Hyundai hat ein Cockpit, das jeder sofort versteht. Automatikwählhebel in der Mitte, großer Navibildschirm auf Augenhöhe, große Instrumente, klare Bedienung. Apropos Navi: Es macht einen grünen Kreis um den Standort, zeigt, welche Tour rein elektrisch drin wäre. Das Cockpit im Prius, wir kennen es ja schon: zentraler Tacho oben, drunter Navibildschirm leider ohne Drehregler, darunter der kleine Joystick mit den Spielmöglichkeiten vorwärts, zurück, Pause.

Im Inneraum zeigt der Prius die höhere Qualität

Toyota Prius Plug-In Hybrid
Hier nehmen wir gerne Platz: Der Prius ist piekfein verarbeitet, die Sitze sind sehr bequem.
Bild: Uli Sonntag
Und die Sitze im Prius muss man einfach mögen: eine Klasse bequemer als das Gestühl im Hyundai, das zudem sehr wenig Seitenhalt bietet. Überhaupt zeigt der Prius viel Liebe zum Detail: erstklassige Kunststoffe, piekfeine Verarbeitung, hier geht der Sieg nach Japan. Den Punkt für den besseren Alltagsnutzen holen sich die Koreaner: viel bessere Rundumsicht im Hyundai (allein schon die fette A-Säule im Prius, ui!), hinten gibt’s drei Sitzplätze gegenüber der Zweier-Sitzkonstellation im Prius. Und dann der Kofferraum: 443 bis 1505 Liter im Ioniq. Toyota bietet dagegen mickrige 360 bis 1204 Liter an, das liegt an der Batterie im Laderaum. Und so leistet sich der Plug-in-Prius das Kuriosum, dass sein Kofferraumboden höher ist als die Ladekante. Die umgelegte Sitzbank liegt tiefer als der Kofferraumboden, das hatten wir auch noch nie!

Beim Fahren liegt der Hyundai eindeutig vorne

Hyundai Ioniq Plug-In Hybrid
Spritziger und ohne den Gummiband-Effekt des Prius: Der Ioniq zeigt, dass Hybride Spaß machen können.
Bild: Uli Sonntag
Abfahrt, und hier steht nach wenigen Kilometern fest, wer den Öko-Gipfel erklimmt: Hyundai! Der Ioniq hat einen 1,6-Liter-Benziner mit 105 PS, einen 61-PS-E-Motor und ein Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe. Das ergibt eine Systemleistung von 141 PS. Im Toyota sind es 122 PS dank eines 1.8er-Benziners mit 98 PS und eines 72 PS starken E-Motors. Im Plug-in-Hybriden arbeitet im Elektromodus auch der Generator des Hybridsystems als E-Motor, sodass elektrisch insgesamt 92 PS zur Verfügung stehen. Aber wenn der Prius wieder ein normaler Prius ist und der Verbrenner anspringt, dann kommt der Haken des Toyota-Systems: das Planetengetriebe. Trotz Verbesserungen gibt es immer noch den Gummibandeffekt. Wir treten aufs Gas, die Drehzahl steigt und dann das Tempo – und wir denken an den kleinen Jungen, der mit hochrotem Kopf summend zeigt, wie Papa Gas gibt. Hier spielt der Ioniq dank des Doppelkupplungsgetriebes seinen größten Trumpf aus: Er fährt sich leichtfüßiger als der Prius, ist auch sportlicher abgestimmt.
So kann sparen auch Spaß machen, liebe Frau Künast. Der Hyundai ist 8500 Euro billiger als ihr Liebling. Nur so als Tipp für die nächste Talkshow ...
Andreas May

Fazit

Der Prius ist ein Statement – und das schon seit 20 Jahren. Wir müssen Toyota tatsächlich dankbar sein für die Erfindung der Hybridtechnik. Die im Prius mittlerweile eine beachtliche Reife erreicht, ohne perfekt zu sein. Hier liegt die Chance der Koreaner. Hyundai holt gewaltig auf, der Ioniq bringt einen Schuss Fahrspaß in diese ökologisch wertvolle Welt. Und gewinnt damit am Ende das Duell der Plug-in-Hybriden.