Am VW Touran haben sich schon viele Möchtegern-Gegner die Zähne ausgebissen. Bislang vergeblich. Was VW auf 4,40 Meter Außenlänge unterbringt, hat keiner seiner Konkurrenten zu bieten. Der Touran ist ein Raumwunder und konnte bisher alles einen Tick besser. Da stört es offenbar wenig, dass der kastig gestylte Kompaktvan wohl nie einen Schönheitspreis gewinnen wird. Wer Familie hat und fürs Hobby mit sperrigen Dingen unterwegs ist, stellt Platzangebot und Variabilität gern über ästhetische Erwägungen. Bis jetzt zumindest. Denn diese typische Van-Käufermentalität möchte Kia mit seinem neuen Carens durchbrechen.
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Überblick: Alle News und Tests zum Kia Carens

Kia Carens VW Touran
Hübscher: Im ersten direkten Vergleich mit dem Touran schmeichelt der Kia dem Auge mehr als der VW.
Der koreanische Touran-Angreifer will nicht nur nützlich sein, sondern auch chic. Gestaltet hat ihn der frisch zu einem von drei Kia-Präsidenten beförderte Ex-VW-Designer Peter Schreyer. Darum ziert auch den neuen Carens die typische Tiger-Nase – ein auffälliges Markenzeichen, das Kia-Modelle unverwechselbar macht. Im ersten direkten Vergleich mit dem Touran jedenfalls schmeichelt der Kia dem Auge mehr als der VW. Seine Front steigt geschmeidiger an. Die A-Säulen strecken sich flacher, und die Seitenlinie baut mehr Spannung auf. Auf den ersten Blick ist der Carens das modischere und modernere Auto. Aber auch das bessere? Der Touran bleibt unter praktischen und funktionalen Gesichtspunkten das bessere Auto. Er packt mehr Gepäck ein, ist einfacher zu beladen, kompakter und im täglichen Umgang leicht zu handhaben – ein klarer Sieg für den VW. Allerdings ist dieser Triumph teuer erkauft. Denn der Preisvergleich spricht eindeutig für den Kia. Der Carens mit Basis-Benziner (135 PS) steht mit 19.990 Euro in der Preisliste.

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Kia Carens VW Touran
Preisvorteil: Der Carens ist ab 19.990 Euro zu haben, der Touran schon fast 5000 Euro teurer.
Darin enthalten sind neben der Vollgarantie die Wartungskosten für die nächsten sieben Jahre. Der vergleichbare Touran 1.4 TSI (140 PS) dagegen ist bereits in der Anschaffung fast 5000 Euro teurer. Samt vergleichbarer Mehrausstattung wächst der VW-Preisnachteil auf über 6000 Euro. Inklusive Versicherung und Steuer sowie der Wartungskosten wird der Kia fast 8000  Euro oder knapp 19 Prozent billiger. Laut einer Untersuchung der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) von 2012 sind Neupreis, Wartungskosten und Zuverlässigkeit die entscheidenden Kriterien beim Autokauf. Aber: Nicht berücksichtigt im siebenjährigen Kia-Qualitätsversprechen sind Verschleißteile, die je nach Fahrweise variieren können, sowie der höhere Wiederverkaufspreis, der für den VW spricht. Der größere Wertverlust zu Lasten des Kia dürfte sich künftig verringern. Mit dem Carens machen die Koreaner dort weiter, wo sie mit Venga, Rio, Ceed und Sportage angefangenhaben. Alle neuen Kia-Typen machen optisch einen attraktiven Eindruck und wirken qualitativ hochwertig – ein weiterer Schritt, der Kia zum würdigen VW-Herausforderer erhebt.
Der ab Mai 2013 ausgelieferte Carens präsentiert einen hochwertigen Innenraum mit sauber angeordneten Bedienknöpfen, bequemen Sitzen, gut ablesbaren Instrumenten und großem Multifunktions-Bildschirm in angenehmer Blickhöhe. Auch hier wirkt der Carens moderner als der 2003 eingeführte Touran, dessen geradliniges Cockpit sich so klotzig wie eine Schrankwand vorm Fahrer aufbaut. Aber so ist er eben. Und Schrankwände sind schließlich sehr praktisch. Sie verstauen jede Menge Kleinkram und Utensilien. Unterm Dach hat der VW gleich zwei praktische Ablagefächer, in denen sich allerlei Alltagsgegenstände wie Handy, Spielzeug oder Schlüsselbund unterbringen lassen.
Kia Carens VW Touran
Klarer Sieger beim Ladevolumen: Der Touran schluckt maximal 1989, der Carens nur 1694 Liter.
Der Carens versucht es an gleicher Stelle lieber mit einem riesigen Panorama-Glasdach (900 Euro), das auf Knopfdruck nach hinten fährt und eine Öffnung zum Himmel freigibt. Wie beim Styling soll er auch mit solchen Verwöhn-Extras eher die genussorientierten Fahrer für sich begeistern. Hinterm Lenkrad stört die flache A-Säule mehr als im Touran und schränkt die Übersicht nach schräg vorn etwas ein. Zum Glück hilft ein großes Dreiecksfenster dabei, dass etwa an Zebrastreifen Kleinkinder nicht gänzlich von den breiten Karosseriesäulen verschluckt werden. Raumgefühl und Sicht nach hinten sind weniger gut als im Touran. Hier ist es vor allem das flachere Dach des Carens, das das Van-typische Hallengefühl beeinträchtigt. Trotz seiner 13 Zentimeter geringeren Außenlänge wirkt der VW weiträumiger und luftiger. Ansonsten sind beide Modelle konzeptionell ähnlich. Carens wie Touran gibt es gegen Aufpreis auch als Siebensitzer, wobei sich die dritte Reihe nur zur Mitnahme von Kindern eignet. Im Kia klappen die Lehnen der zweiten Reihe mit einem Handgriff nach unten und bilden eine ebene Fläche. Klasse: Die Beifahrersitzlehne lässt sich serienmäßig flach legen und schafft eine Ladelänge von 2,71 Metern; beim Touran ist diese zehn Zentimeter kürzer und der Beifahrersitz ist erst ab Comfortline-Ausstattung umklappbar.
Das war es dann aber auch schon mit den Kia-Vorteilen. Vor allem beim Gepäckraumvolumen spricht alles für den VW. Es beträgt beim Fünfsitzer zwischen 695 und 1989 Liter. Der Carens kommt nur auf 536 bis 1694 Liter. Ein großer Vorteil dabei ist, dass sich die Sitze in Reihe zwei beim Touran einzeln verschieben und komplett ausbauen lassen, was die Variabilität deutlich erhöht. Wer das nie nutzt, wird sich gut mit dem Carens anfreunden können. Unter Komfortgesichtspunkten bringt der Koreaner die verlockenderen Argumente ins Feld. So gibt es nicht nur Heizungen für Vorder- und Rücksitze, sondern auch eine Erwärmung fürs Lenkrad. Letztere ist in den Ausstattungsversionen Vision und Spirit sogar serienmäßig. Bei VW ist so etwas erst für die nächste Touran-Generation zu haben. Gut möglich also, dass der VW-Besteller mit dem Carens einen heißen Gegner bekommt.

Fazit

Die Van-Welt wird schöner. Mit dem Carens bringt Kia einen Touran-Gegner, der nicht nur als Personentransporter und Stückgutfrachter überzeugt, sondern dem klotzigen VW einen schönes Familienauto entgegenstellt. Um von Sachzwängen geplagten Familienoberhäuptern eine Alternative anzubieten, ist das ein prima Rezept. Nach ähnlicher Methode hat es der Ford S-Max geschafft, dem nüchternen Van-Konzept einen sexy Anstrich zu verpassen. Dass der Kia dank Gratis-Wartung einen großen Kostenvorteil hat, dürfte VW Kopfzerbrechen bereiten.