Lada und Dacia kommen aus demselben Konzern – doch damit hören die Gemeinsamkeiten auch schon wieder auf, wie der Kombi-Vergleich zwischen Priora und Logan MCV zeigt.
Freunde kann man sich aussuchen, Familie nicht. Und so kommt es, dass sich plötzlich zwei Ost-Gesellen gemeinsame Wurzeln teilen. Lada Priora und Dacia Logan MCV haben die gleiche Mutter: den Renault-Nissan-Konzern. Also sind die beiden so etwas wie zweieiige Zwillinge. Zumal die Kombis ähnlich konzipiert und in Basisausstattung fast gleich günstig sind. Der Lada kostet 10.990 Euro, der Dacia 11.090. Doch wer genauer hinschaut, merkt schnell: Die kennen keine Verwandten. Zwischen beiden liegen gefühlt Welten – ach was, Universen.
Aufrichtiger Familienfreund: Der Priora bietet Platz für fünf Personen und schleppt reichlich Ladung weg.
Im direkten Vergleich mit dem Logan wirkt der Priora uralt, gebrechlich und unsicher auf den Beinen. Dabei gibt der Priora im Grunde einen aufrichtigen Familienfreund. Er bietet Platz für fünf Personen und schleppt reichlich Ladung weg. Serienmäßig ist eine Dachreling an Bord, und der Kofferraum lässt sich durch Umlegen der Fondbank auf maximal 1370 Liter Volumen erweitern. Die vorderen Fenster surren sogar elektrisch hoch und runter. So viel anders ist der Logan nun auch nicht. Allerdings hat der von allem einen Tick mehr. Zusätzliche Kniefreiheit und ein kleines Plus an Ellenbogenraum für die Passagiere zum Beispiel. Oder auch ein voluminöseres Gepäckabteil. Die größten Unterschiede machen sich allerdings beim Fahren bemerkbar. Angefangen beim Sitzkomfort. Die Passagiere sinken im Priora in konturlos geformtes Schaumgummi, auf langen Strecken stresst die weiche Auflage Rücken und Oberschenkel. Zudem müssen Fahrer und Beifahrer ohne jeglichen Seitenhalt der Lehne klarkommen – sobald es kurvig wird, beginnen automatisch anstrengende Rückenmuskelübungen.
Gut abgestimmt: Der Logan federt ordentlich, das Geräuschniveau ist erstaunlich niedrig.
Im Dacia ist man auf den vernünftig geformten Sitzen besser aufgehoben, dank der strammeren Polsterung lassen sich auch längere Strecken gut aushalten. Außerdem federt der Logan ordentlich, das Geräuschniveau liegt für einen Kombi dieser Preisliga erstaunlich niedrig. Im Lada ist dagegen schwer was los. Der raue Vierzylinder rumort angestrengt, Reifen- und Windgeräusche dringen deutlich bis in den Innenraum. Und trotz der langen Federwege inklusive weicher Abstimmung ist der Priora keine Sänfte. Das Fahrwerk spricht zu unsensibel auf Bodenunebenheiten an, ständig gehen kleine Beben durchs Auto. Fazit bis hierhin: Komfort ist nicht wirklich die Stärke des Priora. Dafür fallen 98 PS aus einem Vierzylinder-Benziner über 1098 Kilogramm Leergewicht her. Das müsste doch auf ein lebendiges Wesen hinauslaufen, oder? Nix da. Die teigige Lenkung des Lada trifft auf ein diffuses Fahrverhalten, der Wagen schiebt schon bei geringen Geschwindigkeiten über die schmalen Vorderräder nach außen.
Tragischerweise kommt hinzu, dass der Lada keinen elektronischen Schleuderschutz hat – nicht einmal gegen Aufpreis ist ein ESP zu bekommen. Nur ABS und zwei Airbags sind an Bord, schon deshalb empfehlen wir, einen Bogen um den Kombi zu machen. Da fallen die bei warmer Bremse auf über 40 Meter ansteigenden Bremswege kaum noch ins Gewicht. Der Dacia steht bei unseren Tests früher – und ist überhaupt deutlich moderner. Vier Airbags, ESP, beherrschbares Ausweichverhalten.
Da sieht der Lada alt aus: Fahrverhalten, Ausstattung, Sicherheit – überall liegt der Logan MCV vorne.
Zudem arbeitet die Federung feinfühliger, der Motor (hier ein Dreizylinder mit Turboaufladung) schnurrt viel leiser und kultivierter. Gleichzeitig läuft die Maschine durch den gesamten Arbeitsbereich hindurch kraftvoller. Wo sich der Lada-Vierzylinder mühsam aus dem Drehzahlkeller müht, stellt der Turbobenziner des Dacia schon spürbare Kraft zur Verfügung. Zum Vergleich: Im Lada stehen 145 Newtonmeter bei hohen 4000 Touren an, im Dacia liefert der Motor seine 135 Newtonmeter bereits bei 2500 Umdrehungen pro Minute ab. Dass so ein flüssigerer Schaltrhythmus entsteht, ist klar. Gleichzeitig profitiert davon der Verbrauch. Im Dacia rauschen nach unserer Norm-Runde 6,1 Liter Superbenzin pro 100 Kilometer in die Brennräume, der Lada trinkt fast acht Liter. Das kann er auch über die Gesamtkostenrechnung nicht mehr auffangen. Die 100 Euro Kaufpreis-Unterschied zum Dacia sind da nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Die Ausstattung ist ebenfalls nicht besser. Zwar baut Lada ab Werk eine Klimaanlage im Priora ein. Doch ein CD-Radio fehlt genauso wie elektrisch verstellbare Außenspiegel oder selbst eine Höhenverstellung für den Fahrersitz. Außerdem verliert der Russen-Kombi deutlich stärker an Wert. Fassen wir zusammen: Der Lada fährt schlechter, bietet weniger und kostet mehr – da bleibt nur eine Empfehlung: Adoptieren Sie lieber seinen talentierten Bruder.