Nicht beschwichtigen lassen

Seit September 2000 fährt Jörg Lawrenz aus München einen Opel Astra - wenn der nicht gerade zur Reparatur in der Werkstatt ist. Denn das Auto hat viele Fehler. Mal beschlagen die Scheinwerfer, mal schaltet sich die Innenbeleuchtung von selbst ein, dann streiken andere Teile der Elektrik. Inzwischen hat Jörg Lawrenz den fünften Leihwagen und die Nase voll: Nachdem er bei seinem Opel-Händler eine Standheizung einbauen ließ, steht der Neuwagen regelmäßig mit leerer Batterie vor der Tür. Jetzt will er den Astra wandeln.

Das ist im Prinzip ganz einfach. Denn wenn die Werkstatt zweimal vergeblich am Auto geschraubt hat, ist es reif für die Wandlung. Doch meist gibt die Vertrags-Werkstatt in solchen Fällen jetzt erst richtig Gas. Sie kündigt die letzte Reparatur an, die nun garantiert erfolgreich sei, verspricht dem Kunden das Blaue vom Himmel. Es fallen Sätze wie "Dafür kommt extra ein Werksingenieur" oder "Wir tauschen zur Sicherheit noch das Steuergerät". Dieser Schlingerkurs hat nur ein Ziel: Zeit gewinnen, um die Wandlung bzw. den Tausch zu verhindern oder die Erstattung an den Kunden zu drücken.

Jetzt heißt es: Notbremse ziehen und die Wandlung einleiten. Ebenso, wenn der Meister nach einigen Reparaturversuchen plötzlich von "Serienstand" oder "Stand der Technik" spricht. Damit will er eigentlich sagen: "Das kriegen wir nicht hin, damit müssen Sie leben." Falsch! Ein Neuwagenkäufer muss sich nicht alles gefallen lassen und schon gar nicht jeden neuen Reparaturversuch mitmachen.

Wandlung nur bei Originalzustand

Die Faustregel lautet: Je schwerwiegender oder gefährlicher der Mangel, umso weniger Nachbesserungen sind vor der Wandlung nötig. So sind undichte Stellen für deutsche Richter fast immer erhebliche Mängel (LG Mannheim, 11 O 158/78). Das Oberlandesgericht Köln kannte selbst bei einem Abdichtungsversuch für 150 Mark keine Gnade. Ergebnis: Wandlung nach der ersten Nachbesserung (OLG Köln 12 U 71/86).

Die rote Karte nach der ersten Reparatur gibt es regelmäßig bei Bremsdefekten. Das OLG Düsseldorf gab der Wandlungsklage eines Käufers statt, dessen Auto einen Bremsschaden hatte und verunglückt war. Der Hinweis der Werkstatt, der Fehler sei bei zwei Kontrollen nicht aufgefallen, half nicht (OLG Düsseldorf, 14 U 5/80). Auch bei undichten Getrieben sehen Richter schnell rot: Schließen eine neue Dichtung und ein Simmerring das Leck nicht, kann nach zwei Versuchen gewandelt werden. Ebenso, wenn nach zwei Reparaturen Schläge beim Schalten mit Automatikgetriebe nicht verschwunden sind.

Jörg Lawrenz hat jedoch Pech. Er kann den Astra nicht mehr wandeln. Durch den Einbau der Standheizung ist er nicht mehr im original Auslieferungszustand.

Rat vom Rechtsexperten

AUTO-BILD-Rechtsexperte Rolf-Peter Rocke "Hat ein Neu- oder Gebrauchtwagen erhebliche Mängel oder fehlen ihm vom Verkäufer ausdrücklich zugesicherte Eigenschaften (Unfallfreiheit, Kilometerstand usw.), kann das Auto zurückgegeben werden - gegen Erstattung des Kaufpreises. Zwischenzeitlich gefahrene Kilometer muss der Käufer bezahlen. Bei Neuwagen sind das 0,67 Prozent des Kaufpreises pro gefahrene 1000 Kilometer. Bei gebrauchten ist es weniger: etwa zehn bis 20 Pfennig pro Kilometer bei Klein- und Mittelklassefahrzeugen.

Bei Neuwagen kann der Verkäufer die Wandlung nur verweigern, wenn ihm der Käufer nicht zuvor die Möglichkeit gegeben hat, die vorhandenen Mängel zu beseitigen. Faustregel: Zwei Nachbesserungen muss sich der Kunde gefallen lassen. Bei der Wandlung kann der Kunde nur den Kaufpreis (abzüglich der Nutzungsschädigung) in Geld verlangen. Anspruch auf einen fehlerfreien Ersatzwagen hat er nicht. Ausnahme: Einige Hersteller bieten neben der Gewährleistungsverpflichtung des Händlers die Garantie, dass sich der Kunde einen fehlerfreien Wagen aussuchen kann.

Im Gebrauchtwagenhandel ist es üblich, im Vertrag Gewährleistungsansprüche (Wandlung oder Kaufpreisminderung) ausdrücklich auszuschließen. Dann kann der Kunde den Wagen nur zurückgeben, wenn der Verkäufer Mangel arglistig verschwiegen oder Eigenschaften zugesichert hat, die dem Fahrzeug tatsächlich fehlen."

Kosten der Wandlung

Dem Kunden entstehen vor der Wandlung fast keine Kosten. Denn alle Nachbesserungen vor der Wandlung fallen sowieso meist unter die Garantie, dürfen von der Werkstatt dem Käufer nicht berechnet werden. Zu diesen Posten gehören: Arbeitslohn • Materialkosten • Fracht für die benötigten Einzelteile • Transportkosten (z. B. für das Abschleppen) • Wartungskosten alle Aufwendungen für das Lokalisieren des Schadens.

Hat der Kunde beim Kauf des Autos einen Gebrauchtwagen in Zahlung gegeben, kann er diesen auch zurückverlangen. Er hat jedoch keinen Anspruch auf Auszahlung des beim Neuwagenkauf dafür angerechneten Geldes. Einzig für die bis zum Tag der Wandlung gefahrenen Kilometer muss der Kunde eine Entschädigung für den Gebrauchsvorteil, also den Wertverlust, bezahlen. Das sind pro 1000 gefahrene Kilometer 0,67 Prozent vom Kaufpreis (KP). Die Formel zur Berechnung des Gebrauchsvorteils lautet: (KP:100) x 0,67 x (Km:1000) = Abzug