Hartes Duell zwischen BMW und Mercedes: Anfang 2016 kommt die neue E-Klasse, Mitte 2016 der 5er – mit so vielen technischen Highlights wie nie zuvor.
In der oberen Mittelklasse herrscht in Deutschland ein Dreikampf. Von Januar bis November 2014 war Audi knapp vor BMW und Mercedes.
Audi gegen BMW gegen Mercedes, Ende offen. Audi hat ja gerade seinen A6 aufgefrischt, BMW und Mercedes planen komplett neue Fahrzeuge, 2016 sollen die neuen Modelle von E-Klasse und 5er starten. Und selten waren sich die Lastenhefte so ähnlich wie diesmal. Dass Mercedes mit dem W 213 und BMW mit dem G30 fast identische Ziele verfolgen, liegt an den Rahmenbedingungen, die von Markt und Gesetzgeber vorgegeben werden: Die immer strengeren CO2-Grenzwerte sind nur durch mehr Effizienz und alternative Antriebslösungen zu erfüllen. Der Kundenwunsch nach mehr Komfort und Sicherheit beschert uns neue Bedienkonzepte und Assistenzsysteme. Auf die Forderung nach mehr Individualität reagieren die Hersteller mit noch breiter gefächerten Modellpaletten. Wir dokumentieren die Pläne von BMW und Mercedes. Und wissen: Ganz viel orientiert sich bei Mercedes an der S-Klasse und bei BMW am für Ende 2015 angekündigten 7er.
Die Fahrzeugarchitekturen: die Pfunde purzeln
Die neue Mercedes E-Klasse basiert auf der gleichen Heckantriebsplattform wie C-Klasse und S-Klasse.
Ein Baukasten viele Autos. Im Fahrzeugbau geht nichts mehr ohne modular aufgebaute Konzepte, damit die Rendite stimmt. Der Heckantriebs-Baukasten von Mercedes deckt das Angebot von der C-Klasse bis zum Maybach ab, die Cluster-Architektur von BMW bedient 3er, 4er, 5er, 6er und 7er. In beiden Fällen sind gegenüber dem wenig flexiblen Plattform-Ansatz 70 bis 100 Kilo Gewichtseinsparung drin. Die Mechanik passt auf kleinen Raum, es bleibt mehr Platz für die ausbaufähige Elektronik. Die Stuttgarter setzen beim Materialmix verstärkt auf Leichtmetall, BMW integriert sogar Kohlefaserelemente. Mercedes kann spätestens ab der nächsten S-Klasse nicht nur Airmatic-Luftfederung und Wankausgleich anbieten, sondern auch ein echtes, elektrisch geregeltes Aktiv-Fahrwerk. Die Voraussetzung dafür schafft das 48-Volt-Bordnetz, das schon in der neuen E-Klasse eingeführt wird. Die weniger komplexe Mechanik spart Bauraum, Kosten und Gewicht. Außerdem verspricht das elektrohydraulische Aktiv-Fahrwerk ein Plus an Dynamik, denn es ist in Höhe, Längsneigung und Querneigung verstellbar. In Verbindung mit Radarsensoren, die noch präziser arbeiten als die derzeit eingesetzten Stereokameras, lässt sich auch der Komfort entscheidend verbessern.
Die Antriebe: Hybride sind Pflicht
Der Dynamiker in der oberen Mittelklasse: Mitte 2016 soll der neue 5er kommen.
Mercedes baut bis 2017 zehn neue Hybride, BMW hat ähnliche Pläne. Für die E-Klasse sind drei verschiedene Plug-in-Applikationen in Arbeit. Den Anfang machen der Zweiliter-Benziner in Verbindung mit einer 82 PS starken E-Maschine und ein Mix aus Dreiliter-V6 und 109-PS-Stromer. Der Vierzylinder-Diesel-Hybrid steht auf Abruf bereit. BMW beginnt beim neuen 5er ebenfalls mit der Mischung aus Zweiliter-Benziner und einer 82 PS starken E-Maschine. Im zweiten Schritt werden Verbrenner, E-Motor und Batterie dann nach Bedarf skaliert. Während ein kleiner Benziner den Verbrauch reduzieren würde, erhöht eine große Batterie die elektrische Reichweite. Mercedes kehrt mit Anlauf der neuen E-Klasse vom V6 Diesel zurück zum Reihensechszylinder. Die Benziner werden erst zwei Jahre später umgestellt – zuerst im CLS-Nachfolger. Als Top-Diesel plant Mercedes ein vierfach aufgeladenes 2,9-Liter-Aggregat, das knapp über 400 PS leisten soll. Die Biturbo-Version bringt es auf 313 PS. Am untersten Ende rangiert ein 122 PS starker 1,6-Liter-Vierzylinder, der in der neuen E-Klasse nur 99 g CO2/km emittieren soll. Der Zielwert für den Nachfolger des 520d liegt ebenfalls knapp unter 100 Gramm.
Die Modellvarianten: Von Allem etwas
Ein 5er mit Happy End: Der GT-Nachfolger kommt 2016 – trotz bescheidener Verkaufszahlen.
Viertürige Limousine der oberen Mittelklasse sind auf dem Weltmarkt heiß begehrt. Deshalb wird es von der nächsten E-Klasse (W 213, Anfang 2016) und vom neuen 5er (G30, Mitte 2016) für China wieder Varianten mit langem Radstand geben. BMW plant auf dieser Basis das ePower-Derivat des neuen 5er, bei der ein Zweiliter-Vierzylinder als Range Extender die beiden E-Motoren unterstützt. Mercedes bringt im Sommer 2016 das T-Modell auf den Markt. 2017 folgen dann das E-Klasse Coupé und ein viersitziges Cabrio. Anfang 2018 ist der CLS-Nachfolger serienreif, im Herbst geht der Shooting Brake an den Start. Vier Monate nach dem Stufenheck beginnt im Juli 2016 die Fertigung des 5er Touring. Als allererster 5er könnte schon im März der Nachfolger des GT zu den Händlern rollen. 2017 ist die zweite Generation der 6er-Reihe startklar. Den Anfang macht das Cabrio, dicht gefolgt von Coupé und Gran Coupé. Der Viertürer soll mehr Platz und Variationsmöglichkeiten bieten.
Die Assistenzsysteme: Das Auto denkt und lenkt
So viel S-Klasse war noch nie in einer E-Klasse. Den Anfang macht die Limousine.
Mercedes und BMW arbeiten an immer intelligenteren Assistenzsystemen. Dabei ist die Sensorik nahezu baugleich. Der Trend geht weg von einfachen Kameras und hin zu komplexen Radar- und Laser-Komponenten. Mercedes hat hier den Kühler vorn und will in der nächsten E-Klasse die Armada der Helferlein weiter vergrößern. Neu im Angebot sind dem Vernehmen nach ein Überholassistent mit Spurwechselfunktion, eine Einpark-Vollautomatik, ein zunächst bis 130 km/h aktiver Autobahn-Assistent und die nächste Generation der Stauhilfe, die im kontrollierten Stop-and-Go-Betrieb sogar das Internet freischaltet. BMW arbeitet nach der Verkehrszeichenerkennung an der Ampelerkennung, an einer noch präziseren Umgebungserfassung (Engstellen, Parkhäuser) und an der sogenannten Verhaltensprädikation (wie reagiert das Fahrzeug-Umfeld?).
Die Bedienkonzepte: Laut und leise per Handzeichen
Gestensteuerung ist in. Per Handbewegungwerden Funktionen wie "an/aus", "laut/leise", "kalt/warm" gesteuert. Komplexere Befehle sollen im neuen 5er auch per direkten Zugriff auf den Touchscreen möglich sein. In der E-Klasse bleibt es bei Touchpad und Comand-Controller, doch der Zugang wird intuitiver. Dabei helfen das kurze Einspiegeln von Befehlen ins Head-up Display, die Rückmeldung auf Dreh-, Drück- und Zoom-Befehle und die deutlich verbesserte Spracheingabe. Grundsätzlich soll die Zahl der Knöpfe und Tasten in BMW und Mercedes in engen Grenzen bleiben.
Fazit
von
Georg Kacher
Das Duell BMW gegen Mercedes: Design, Anmutung und Markenimage könnten verschiedener kaum sein. Doch in Bezug auf die technischen Inhalte nähern sich die Nachfolger von 5er und E-Klasse immer stärker an. Innovative Assistenzsysteme, alternative Antriebe, intuitive Bedienkonzepte – alles auf ähnlich hohem Niveau. Sogar der Reihensechszylinder ist schon bald kein markentypisches Alleinstellungsmerkmal mehr.