Total normal? Nix da! Mit Nissan Juke und Toyota C-HR treten zwei Japan-SUVchen an, die um jeden Preis auffallen wollen.
Klaustrophobie. Der Doktor spricht dabei von Raumangst, schreibt eine spezifische Angststörung auf den gelben Schein. Betroffene haben Bammel vorm tatsächlichen oder gefühlten Eingesperrtsein. Wir sind Autotester und keine Mediziner, können aber sagen: Als Therapie völlig ungeeignet ist der Aufenthalt in einem Toyota C-HR oder Nissan Juke. Kein Joke: Diese beidenCrossover sind zwar optisch eine runde Sache, aber wenn du hinten einsteigst und vorn einer mit 100 Sachen über Buckelpisten fährt, kriegst du Klaus! Haben wir trotzdem gemacht, also beides. Hier unser Befund.
Die Coupéform des Toyota ist unübersichtlich beim Rangieren
Video: Toyota C-HR (2016)
Sitzprobe im SUV-Coupé CH-R
Bild: AUTO BILD
C-HR steht bei Toyota nicht für Chemnitz-Homberg, sondern für Coupé High-Rider. Wir übersetzen: ein hochgelegter Kompakter mit abfallender Dachlinie und vier Türen, wobei die Griffe für die hinteren Luken in Dachhöhe versteckt sind. Trotz 4,35 Meter Länge ist Reinkommen schwierig; wenn du drinsitzt, geht's. Das mit dem Rausgucken ist aber so 'ne Sache: Mit Gittern vor den Seitenfenstern wäre der C-HR ein prima Gefangenentransporter. Der Juke ist mit 4,14 Metern 21 Zentimeter kürzer, hat aber hinten größere Fenster. Das ist gut gegen Klaus (Sie wissen schon!), Rückwärtsfahren ist aber auch mit dem Nissan wegen der breiten C-Säule nicht vergnügungssteuerpflichtig. Typen über 1,80 Meter können Ihnen allerdings nicht die Sicht nach hinten versperren, die passen nicht auf die Rückbank. Ein paar Worte noch zur Qualität. Die Sitze beider Autos bieten vorn Seitenhalt für die Speckröllchen, aber nicht für die Schulter, ansonsten ist der C-HR gar nicht mal schlecht zusammengesteckt. Türverkleidung mit Noppen, ein cooles Cockpit mit Riesen-Touchscreen – Mensch, Toyota, so jung hatten wir euch gar nicht in Erinnerung!
Beim Fahrspaß hat der Nissan eindeutig die Nase vorn
Spaßig: Der Juke macht mehr aus seinen 115 PS, gibt zudem mit seiner Lenkung deutlicher Rückmeldung.
Der Juke ist seit 2010 unterwegs; man merkt ihm das Alter an. Innen angestaubt, Navi so groß wie ein Smartphone, Knöpfe für die Sitzheizung hinterm Handbremshebel versteckt, Oberflächen nach dem Motto "billiges Plastik trifft auf anderes billiges Plastik". Und dann diese Heckablage! Das Filz überm Kofferraum im Juke erinnert an eine Hängematte, so was gehört nicht in ein Kraftfahrzeug. Da wir gerade im Heckbereich sind: fette Stufe beim Umklappen der Rücksitzbank im C-HR, dafür gibt’s anno 2017 die Gelbe Karte! Den C-HR gibt’s auch als Hybriden, aber wir testen erst mal den Benziner. 1197 cm³ Hubraum und 115 PS hat der Vierzylinder-Turbo – und somit die gleichen Merkmale wie der Juke. Wenn es ums Fahren geht, zeigt allerdings der alte Nissan dem neuen Toyota, wo der Frosch die Locken hat. Beim 1.2er im C-HR spielt sich alles zwischen 1800 und 2500 Touren ab, drunter und drüber geht wenig. Mit 190 km/h ist der Toyota auf der Autobahn schneller als der Nissan (178 km/h), aber der gute alte Juke ist spritziger, hängt den Toyota beim Spurt von null auf Tempo 50 ab.
Er baut seinen Vorsprung bis 100 km/h sogar noch aus (10,6 zu 11,2 s). Und er macht auf unserer Teststrecke mehr Spaß, weil seine Lenkung mehr Rückmeldung gibt als das gefühllose Ruder des C-HR. Das immer gleiche Kraftgefühl zu haben passt gar nicht zur bulligen Optik mit den riesigen 18-Zöllern.
An der Kasse gibt es einen eindeutigen Gewinner
Klare Sache: Beim Bezahlen liegt der Nisan Juke eindeutig vor dem nagelneuen Toyota C-HR.
Wobei wir gleich beim nächsten Kritikpunkt wären: dem Komfort. Zwar hält sich die Seitenneigung in schnellen Kurven in Grenzen, was einen Hauch Sportlichkeit vermittelt, aber kurze Stöße, lange Wellen kann der C-HR gar nicht. Die Karosse ist ständig am Arbeiten, das ist unterm Strich wenig komfortabel. Nicht dass der Juke eine Sänfte wäre – aber er kann Agilität. Einerseits ist die Schaltung einen Tick knackiger, präziser. Andererseits poltert der Juke zwar auch über Schlaglochpisten, ist aber auf niedrigem Niveau fahraktiver. Warum er bei der Fahrdynamik trotzdem verliert? Auf Winterreifen bremst der Juke fünf Meter länger als der C-HR. 26.390 Euro für den C-HR Style klingen erst mal teuer. Da ist aber schon alles drin: 18-Zöller, Metallic, Sitzheizung. 790 Euro fürs Navi sind fair, 990 Euro für Einparkhilfe und Totwinkelwarner würden wir auf jeden Fall ausgeben. Der Juke ist ein Schnapper: 21.525 Euro für den N-Connecta, inklusive kleinem Navi, Rückfahrkamera, 17-Zöllern, Sitzheizung. Und im Internet gibt's 24 Prozent auf den alten. Noch Fragen?
Neuer Toyota siegt mit 18 Punkten Unterschied gegen sechs Jahre alten Nissan. Klingt deutlicher, als es ist. Der C-HR gewinnt dank besserer Bremsen und modernerer Connectivity. Wenn's ums Fahren geht, kann der Nissan mithalten. Und Hingucker sind beide!