Das ist ja mal ’ne Ansage: Auf 20-Zoll-Räder stellt Renault den nagelneuen Scénic, und zwar serienmäßig. Wir sprechen hier ja nicht von irgendeinem Riesen-SUV oder einer Luxus-Limo. Sondern über brave Kompaktvans für Familien, da sind 16 Zoll meist Standard. Sehr chic sieht das jedenfalls aus – aber bringt es auch was? Der Scénic fällt allerdings sowieso auf, schon wegen der Zweifarb-Lackierung (Honig-Gelb und Black Pearl metallic). Und dann hat ihn der ziemlich geniale Chefdesigner Laurens van den Acker ja auch noch ansehnlich eingekleidet: Freundlich, schwungvoll, mit auffälligen Lampen und interessanter Seitenlinie, sehr schmuck.

Beim VW Touran folgt die Form der Funktion

VW Touran 2.0 TDI
Etwas langweilig: Das Blechkleid des Touran ist nicht das allerschärfste, aber der VW hat praktisches Talent.
Bild: Christoph Boerries / AUTO BILD
Neben dem smarten Franzosen wirken die beiden deutschen Vans vergleichsweise spaßbefreit oder sagen wir: zurückhaltend. Den seit 2011 gebauten Zafira hat Opel auch gerade aufpoliert, der trägt jetzt eine neue Front mit neuem Grill und ohne die bisherigen Bumerang-Leuchten. Sieht so ähnlich aus wie beim Astra, glatter und geschliffener als bisher. Und der Touran, seit etwas über einem Jahr im Angebot, kommt im aktuell typischen leicht kantigen und kühlen VW-Design. Das wirkt auf den ersten Blick stets etwas langweilig, besitzt jedoch viel Finesse im Detail und, wir wissen das, eine sehr hohe Langzeitqualität. Vorteil der kastenförmigen Bauweise: Obwohl der VW zum Beispiel 14 Zentimeter kürzer ist als der Opel, besitzt er hier das beste Raumangebot. Vorn kann der Zafira noch mithalten, doch im Fond hat niemand so viel Platz wie der Touran – der ist dort fünf Zentimeter breiter als der Opel und besitzt die größere Kniefreiheit.
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Am Opel-Arbeitsplatz herrscht endlich Übersicht

Opel Zafira 2.0 CDTI
Deutlich verbessert: Das Cockpit des Zafira kommt mit weniger Knöpfen aus als das des Vorgängers.
Bild: Christoph Boerries / AUTO BILD
VW hat hier drei, allerdings ziemlich schmale, Einzelsitze verbaut. Die lassen sich längs verschieben und umklappen, die Lehnenneigung ist verstellbar. Auch der Kofferraum ist der größte hier, schluckt 743 bis maximal 1980 Liter – oder auch 36 Kästen Mineralwasser, sagenhaft. Eingerichtet ist der Touran mit der VW-typischen vertrauten Sachlichkeit, hochwertig, funktional und tadellos bedienbar. Das Zafira-Cockpit hat Opel neu gestaltet und entschlackt, das ist jetzt klarer strukturiert, es gibt weniger Tasten und Knöpfe als bisher, der Navi-Bildschirm steht nicht mehr sperrig ganz oben, sondern liegt tiefer in der Mittelkonsole. Wie stets empfehlen wir die wunderbaren AGR-Ergonomiesitze (Aktion Gesunder Rücken e. V.) für 685 Euro extra. Wir meinen: Sie sind jeden Cent wert, passend ausgeformt, stramm gepolstert und mit viel Seitenhalt. Der Fond ist, wie gesagt, einen Hauch enger als im VW, besitzt aber ein schlaues Sitzsystem (Serie bei Innovation).
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Von den drei längs verschiebbaren und klappbaren Einzelsitzen lässt sich der mittlere separat nach vorn umlegen, dient dann als Armlehne, während die beiden äußeren Sitze sich nach schräg hinten verschieben lassen – fertig ist ein äußerst bequemes Abteil für zwei. Der Kofferraum schluckt mit 710 bis 1860 Liter zwar etwas weniger als der VW, die 28 Getränkekästen dürften aber für ein verlängertes Wochenende reichen.

Als Transporter empfiehlt sich der Scénic nicht unbedingt

Renault Scénic dCi 130
Enge Kiste: Der 506 bis 1554 Liter große Kofferraum des Scenic ist der mit Abstand kleinste des Vergleichs.
Bild: Christoph Boerries / AUTO BILD
Da kann der Renault nicht mithalten, in seinen Gepäckraum passen 21 Kästen, Volumen: 506 bis 1554 Liter. Aber die Franzosen haben sich mit dem Sitzklappsystem viel Mühe gegeben. Die klappen auf Tastendruck am Touchscreen oder im Kofferraum um, die Sitzfläche senkt sich ab, sogar die Kopfstützen werden automatisch eingefahren – so entsteht eine ebene, glatte Ladefläche (Serie ab Intens). Richtig fein haben sie auch das Cockpit hinbekommen, mit dem 7-Zoll-Display vor dem Fahrer (Serie ab Intens), auf dem sich die digitalen Instrumente in vier unterschiedlichen Stilen darstellen lassen, und dem großen 8,7-Zoll-Touchscreen (690 Euro) in der Mitte für Navi und Multimedia. Schöne Ideen sind auch das riesige Handschuhfach (11,5 Liter) als herausziehbare Schublade oder die komplett längs um 27 Zentimeter verschiebbare Mittelkonsole mit riesigem Staufach (13 Liter, Serie ab Intens).
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Die 20-Zöller des Renault dämpfen den Abrollkomfort

Renault Scénic dCi 130
Der Scénic fährt sich handlich, rollt aber stramm und besonders auf Querfugen durchaus poltrig ab.
Bild: Christoph Boerries / AUTO BILD
Das waren die guten Nachrichten, jetzt kommen die schlechten: Der Fond ist viel zu eng – für einen Van und im Vergleich sowieso. Erwachsene müssen sich hier ziemlich zusammenfalten und den Kopf einziehen, die Knie stoßen voll an die aufklappbaren Tische an den Vordersitzen. Und es hilft nicht mehr viel, dass die 1/3 zu 2/3 geteilte Rückbank längs um 16 Zentimeter verschiebbar ist. Angetrieben wird der Renault von einem 1,6-Liter-Diesel mit 130 PS. Ein brummig-freundlicher Typ, oben raus aber schon mal dröhnig. Beim Sprint fällt er gegenüber Opel und VW etwas zurück, zieht aber umso stämmiger durch. Mit dem Multisense-System lassen sich Gas und Lenkung, die Ambiente-Beleuchtung und die Grafik der Instrumente abstimmen. Eine nette Spielerei, im Komfort-Modus springen gleich die Massagesitze an. Der Scénic fährt sich leicht und handlich, rollt aber auf den schmalen 20-Zoll-Rädern (195/55) stramm und besonders auf Querfugen durchaus poltrig ab. Und er stand bei der Vollbremsung aus Tempo 100 km/h mit kalten Bremsen erst nach knapp unter 39 Metern – schlecht für ein neues Auto.
Überraschung des Vergleichs ist der Opel. Mit den adaptiven Dämpfern (980 Euro) fährt er erstaunlich handlich, ausgewogen und mit einem angenehm satten Fahrgefühl. Der kräftige, gelassene 2,0-Liter mit 170 PS hat mit den 1,8 Tonnen keine Mühe, schiebt kräftig an und beschleunigt den Zafira munter. Der VW bringt nur 1,6 Tonnen auf die Waage, bei ihm ist der 2,0-Liter-TDI mit 150 PS an Bord. Der zieht etwas flauer durch als Opel und Renault, dreht aber lebhaft aus und bleibt angenehm leise. Das DCC-Fahrwerk (1035 Euro) mit adaptiven Dämpfern bietet eine schöne Bandbreite zwischen Komfort und, na ja, dezentem Sport. 
Weitere Details zu den drei Vans finden Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen gibt es als Download im Online-Heftarchiv.
Dirk Branke

Fazit

Mit seinem Charme, dem gekonnten Design und vielen guten Ideen im Innenraum bringt der Renault gute Laune in die Klasse der Kompaktvans. Er ist eine klare Empfehlung für alle, denen die Deutschen vielleicht eine Spur zu ernsthaft sind. Aber klar, Opel und vor allem VW sammeln mehr Punkte – sie sind einfach größer und geräumiger, fahren souveräner. Alle drei bleiben übrigens sehr sparsam.