Porsche 911 R (2016): Fahrbericht
Leicht, bissig, handgerissen

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Porsche hat die Fans erhört: Der 911 R kombiniert den 500 PS-Sauger aus dem GT3 RS mit einer Handschaltung. Fahrbericht im Puristen-Elfer.
Bild: Angelika Emmerling
Porsche 911 R – alleine die Eckdaten sind zum Niederknien: 500 PS, 4,0-Liter-Sauger, 1370 Kilo fahrfertig (70 kg weniger als im GT3 RS) und – Trommelwirbel! – Handschaltung. Gütiger, endlich hat Porsche die Puristen erhört und kombiniert den mächtigen GT3 RS-Motor mit einem manuellen Getriebe. Zum ersten Mal seit dem seligen 997 GT3 RS 4.0. Ich hebe mir das übliche Wie-sieht-er-aus-Kapitel für später auf und drehe den Schlüssel mit links nach rechts.
Alles Wissenswerte zum Porsche 911
Der Vierliter-Boxer dreht bis 8500
Video: Porsche 911 R (2016)
Porsche pur
Sonorer Boxer-Sound umhüllt mich. Die fehlende Rücksitzbank macht den Resonanzraum hinter den schicken Pepitamuster-Carbon-Sitzen zum Mini-Konzertsaal. Noch bevor ich den ersten Gang einlege, drücke ich den Knopf, der den Klappenauspuff auf Durchzug stellt. Das typische Elfer-Sägen kommt noch eine Note kerniger rüber. Mein linker Fuß drückt die Kupplung – erstaunlich leichtgängig für einen derart potenten Handschalter. Meine rechte Hand schiebt den kleinen Schalthebel mit sanftem Druck nach oben links – und los geht die Fahrt im vielleicht begehrenswertesten Porsche seit dem Carrera GT. Das Dahinfließen im Stadtverkehr zeigt, dass der 911 R dem Fahrer langsames Tempo nicht übelnimmt. Die Gasannahmen ist präzise, sähmig und so herrlich spontan, wie es nur ein Sauger kann. Die Nadel des grün beleuchteten Tachos zuckt über die Skalen. Das gut dressierte 500-PS-Biest im Heck läuft zu Hochform auf. Jubelnd dreht sich das Kraftwerk in Extase! Erst bei 8500 haben die Entwickler den Riegel vorgeschoben – obwohl der Motor nach immer mehr Drehzahl zu gieren scheint. Und stets habe ich das Gefühl, dass der rechte Fuß ohne Umwege die Drosselklappe betätigt. Keine Filter, keine Gimmicks.
Der Rennstreckenbruder des 911 R: Porsche 911 GT3 RS
Sauschnell aber nicht brutal

Platz für Luxus ist im 911 R nicht. Die Sitzflächen sind mit klassischem Pepita-Stoff bezogen.
Bild: Angelika Emmerling
Es wird kurvig. Der 911 R glänzt mit agilem Handling und einer Lenkung, durch die Vorderräder, Hände und Hirn zu einer Einheit werden. Suchtpotenzial? Maximalpunktzahl. Von der mitlenkenden Hinterachse (wie im GT3 RS, aber neu abgestimmt) merke ich nur, dass sich der 911 R enorm handlich anfühlt. Egal, welches Tempo anliegt. Und auch wenn er seine gewaltige Kraft auf der Autobahn am besten und führerscheinfreundlichsten ausspielen kann, sind die Landstraßen sein Revier. Dabei ist er keine knallharte Rennsau, sondern ein echtes Genussauto. Das modifizierte Fahrwerk aus dem GT3 schluckt das Gröbste weg, poltert trotz der 20-Zöller nicht rum und passt zum klassisch-unauffälligen Charakter des R. Straff und sportlich? Ja. Brutal? Nein. Der 911 R ist laut, aber nicht obszön, kaum jemand schaut ihm länger hinterher als einem normalen Elfer. Er ist inkognito und explodiert blitzschnell, wenn's sein muss.
Daran erkennen Sie den R-Elfer

Für Mechanik-Fans: Mit dem optionalen Einmassenschwungrad rasselt der 911 R im Leerlauf.
Bild: Angelika Emmerling
Gut, und woran erkenne ich ihn denn jetzt, den 911 R? Na klar, zunächst mal an den Felgen und der serienmäßigen Keramikbremsanlage dahinter. Die Schürze im GT3-Stil zählt auch zu den Indikatoren, genauso wie das Magnesiumdach mit der mittigen Aussparung; das hat sonst auch nur der GT3 RS. Am Heck bleibt es ähnlich dezent: Die zentral mündende Doppelauspuffanlage (mit Titanendrohren!) und der schnörkellose Schriftzug weisen den puristischen 911 aus. Keine Spoiler, kein Tamtam. Genau wie im Innenraum. Das Lenkrad hat keine Tasten. Wozu auch? Navi und Infotainment gibt's eh nicht. Hier wird gefahren und nicht geswipet! Klimaanlage? Nada, nix, niente. Dafür schaut der Beifahrer auf eine Plakette mit Seriennummer und 911 R-Logo.
Alles auf einen Blick: Porsche
Bitte nicht wegstellen!
Gut 190.000 Euro kostet der 911 R – oder besser gesagt: Hat er gekostet. Denn alle 991 Exemplare sind längst verkauft. Schon jetzt wird der Puristen-Porsche für das Vielfache des Kaufpreises gehandelt und entschwindet in unfinanzierbare Regionen. Trotzdem schön zu wissen, dass Porsche die Fans erhört hat, und vom sägenden Sound haben alle was. Also bitte, ihr Glücklichen, die einen ergattert haben, nutzt euren 911 R! Porsche hat ihn schließlich als Fahrmaschine konstruiert und nicht als Fond auf vier Rädern! Ihn nur wegzustellen und in drei Jahren für das x-fache zu verkaufen, wäre eine automobile Todsünde.
Fazit
Der 911R ist genau die Fahrmaschine, die sich Puristen so lange gewünscht haben. Agil, gierig und immer bereit, ein mechanisches Feuerwerk zu zünden. Dieser Elfer ist das Highlight der Baureihe.
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