Raps-Methylester
—Biodiesel: Dichtung und Wahrheit
Urteil könnte Prozesswelle auslösen
Der Ingenieur fühlte sich verschaukelt. Er klagte auf Wandlung des Kaufvertrags – und bekam in zweiter Instanz Recht. Das Fahrzeug habe nicht die vertraglich vereinbarten Eigenschaften und weise somit einen "erheblichen Sachmangel" auf, urteilten die Richter am Oberlandesgericht Karlsruhe (Az. 9 U 165/01). Ob der V70 tatsächlich RME-tauglich ist, interessierte die Juristen dabei nicht. Entscheidend war, dass Volvo den "begründeten Verdacht" mangelnder Biodiesel-Eignung nicht ausräumen konnte. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig und könnte eine Prozesswelle auslösen. Verdachtsmomente in puncto fehlender Biodiesel-Eignung gibt es nämlich zuhauf. Auch bei anderen Automarken.
"Die versprechen vollmundig die Tauglichkeit ihrer Produkte für Biodiesel", so der Konstanzer Rechtsanwalt Rafael Fischer, der das Urteil erwirkt hat. "Käufer entsprechender Neuwagen sollten sich deshalb von Hersteller und Händler eine Haftungsübernahme für künftige Motorschäden geben lassen."
Der Autofahrer ist meist der Dumme
Die Erklärung ist einfach: Raps-Methylester (RME), dessen Öko-Nutzen Kritiker stark anzweifeln, ist grundsätzlich ein aggressiver Treibstoff. Er verursacht Korrosion und leckende Dichtungen. Er lässt Filter verstopfen, Düsen verkoken und Gummi aufquellen. Er kann Kunststoffe angreifen und Einspritzpumpen killen. Deshalb dürfen nur mit speziellen, RME-resistenten Dichtungen, Schläuchen und Filtern ausstaffierte Autos Biodiesel tanken – ob nachgerüstet oder ab Werk vorgerüstet.
Treten trotzdem Defekte auf, ist der Autofahrer meist der Dumme und bleibt auf seinen Reparaturkosten sitzen. Die Autohersteller machen nämlich stereotyp schlechten Sprit für Probleme verantwortlich. Denn: Bislang existiert keine rechtsverbindliche Mindestqualität für Biodiesel. Trotz DIN-Norm (E 51606) und stichprobenartiger Qualitätskontrollen seitens der Raps-Lobby unterliegt der Pflanzensaft zum Teil erheblichen Qualitätsschwankungen.
Bei Ford herrscht Biodiesel-Skepsis
Dass Zulieferer Bosch keine REM-Freigabe für seine Einspritzpumpen erteilt, steht allerdings nicht in den Schreiben. Pumpen-Opfer Stefan Esche, der seinen 98er Golf TDI nur sporadisch mit Biodiesel betankt, kann immerhin einen Teilerfolg verbuchen. Nach Protesten übernimmt VW die Hälfte der Reparaturkosten in Höhe von 1318 Euro. Zufrieden ist Esche, der nur tat, was in der Betriebsanleitung steht, nicht unbedingt: "Erst kurbelt VW mit der Biodiesel-Freigabe den Vertrieb an – dann tragen sie Probleme auf dem Rücken der Kunden aus."
Ford-Sprecher Isfried Hennen bringt die Biodiesel-Skepsis der Branche auf den Punkt: "Wir sind von den Umweltvorteilen nicht überzeugt. Dazu kommt die unsichere Spritqualität. Also, was soll das?" Ja, was?
Weitere Infos zum Thema finden Sie auf der Internetseite www.streithansel.de.