Die Zahlen lügen selten. Unsere Zulassungsstatistik sagt: SUV sind top, Vans sind out. Als Gegenmaßnahme gibt Renault der vierten Generation des Scénic einen satten Schuss Abenteuer mit auf den Weg. Aber kostet so ein modernes Design nicht irre viel Platz? Zunächst waren wir ziemlich sicher. Denn bereits 2011 hatte Renault die Studie R-Space ins Rampenlicht gerollt. Sah ziemlich futuristisch aus, war aber innen so eng wie ein Schuhkarton. Der R-Space verschwand dann auch für fünf Jahre in der Versenkung.

Bei der Optik verlassen die Franzosen die Linie klassischer Vans

Renault Scénic
Mutig gestylt: Beim neuen Renault Scénic stand nicht nur der reine Nutzwert im Lastenheft.
Bis er im März auf dem Genfer Auto-Salon 2016 plötzlich wieder da war – in Form des neuen Scénic. Klar, dass Designchef Laurens van den Acker das Konzept nicht 1:1 in die Serie retten konnte; die Ähnlichkeit ist aber nicht zu übersehen. Riesige Räder, eingezogene Hüfte, Fensterlinie mit Knick und bulliges Auftreten. Dass der Scénic so ganz anders aussieht als alle anderen Vans, hat einen Grund. Schon sehr früh hat die Designabteilung durchgesetzt, dass der Van serienmäßig auf 20-Zoll-Rädern auf unsere Straßen rollt. So konnten die Van-Proportionen komplett neu erfunden werden. Vor allem im Vergleich mit dem VW Touran fällt das auf, der Wolfsburger ist ein klassischer Vertreter seiner Zunft. Er wirkt ernster, nicht so spannend proportioniert. Kein reiner Designkniff, der Touran ist länger (plus zwölf Zentimeter), höher (plus einen Zentimeter) und vor allem schmaler (minus fünf Zentimeter).
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Der Touran bleibt beim Platzangebot die Nummer eins

VW Touran
Vorteil Kastenform: Im Touran lässt es sich auch hinten entspannt rumlümmeln, der Kofferraum ist riesig.
Um fair zu sein: Sein Platzangebot spielt so in einer anderen Liga als das des Scénic. Während der Raum im spacig eingerichteten Cockpit des Scénic noch vollkommen ausreicht, wird es in Reihe zwei für große Passagiere ziemlich eng. Ganz anders der Touran, hier lässt es sich entspannt lümmeln, selbst bei zwei Meter großen Mitfahrern kommen die Knie kaum in Kontakt mit den Vordersitzen. Und auch der Kofferraum des Touran ist im Vergleich riesig wie eine Turnhalle. Während Renault zwar gegenüber dem Vorgänger das Volumen des Gepäckraums auf 572 Liter vergrößert hat, schluckt der Touran als Fünfsitzer 834 Liter – zwei große Koffer mehr. Dennoch ist der Touran ein guter Vergleichsmaßstab, um zu prüfen, ob so ein mutiges Design wie das des Scénic Platz kostet oder nicht. Die Antwort lautet: Doch, tut es leider.
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Antriebstechnisch ist der Scénic das modernere Auto

Renault Scénic
Beim Antrieb setzt der Renault mit einem Diesel-Hybrid auf Innovation – da muss der VW noch passen.
Die flache Dachlinie des Renault schränkt die Kopffreiheit deutlich ein. Beim beengten Raumgefühl hinten ist zu bedenken, dass der Scénic außen vier Zentimeter größer geworden ist als der Vorgänger, davon innen aber kaum etwas zu merken ist. Aber zurück zum Vergleich Renault gegen VW. Überflügelt haben die Franzosen den Touran bei der Antriebstechnologie. Der Touran bietet konventionelle Motoren, ist auf dem Papier sparsam – aber ohne echte Innovation. Die bietet der Scénic in Form eines Hybridantriebs. Der 110-PS-Diesel wird von einem E-Motor unterstützt. Noch gibt es keinen offiziellen Verbrauch, eine Drei vor dem Komma gilt als gesetzt. Am Ende steht als Fazit: Ja, das moderne Design des Scénic kostet Platz, aber dafür gefällt der Renault mit seinem frischen Auftritt und seiner feinen Technik. Er wird ganz sicher ein Erfolg – rein statistisch gesehen.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
Vor zwanzig Jahren ging Renault ein großes Risiko ein, brachte mit dem Scénic den ersten Kompaktvan in Europa. Heute hauchen die Franzosen der Klasse neues Leben ein, geben dem Scénic einen Schuss Abenteuer mit auf den Weg. Die Kunden werden das honorieren – und statt eines trendigen SUV wieder häufiger zum Van greifen. Nicht wegen des Platzangebots – sondern wegen des Designs. Und das ist wirklich neu.

Von

Stefan Voswinkel