Nein, leicht haben es ihm die Strategen von Volkswagen nicht gemacht. Als Seat im August den Mii präsentierte, hatte die Fachwelt bereits monatelang über den VW Up berichtet. Hier ein Cockpitbild, da eine neue Außenansicht, dort noch ein technisches Detail. Nicht einfach, da noch Interesse für den spanischen Bruder aufzubringen. Völlig zu Unrecht. Technisch unterscheidet ihn nichts vom VW, nur beim Preis hält er den gewohnten Respektabstand. Zwar hat der Vertrieb die genauen Kurse noch nicht festgezurrt, klar ist aber: Der Mii mit 75 PS soll bei uns rund 9500 Euro kosten – 900 Euro weniger als das Original von VW.

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Video: Seat Mii

Sparen auf Spanisch

Damit begibt sich Seat in eine automobile Klasse, die seit Jahren fest in der Hand der Koreaner ist. Die Twingo, Aygo und Pixo dieser Welt gibt es zwar auch, sie sind aber entweder hoffnungslos veraltet oder spielen auf dem Mark nur Nebenrollen. Und so stellt AUTO BILD im Rahmen von "Test the Best" dem Mii einen Kia Picanto für einen ersten Schlagabtausch entgegen. Gleich im Karosseriekapitel muss der Seat die ersten Tiefschläge einstecken. Ihn gibt es zunächst nur mit drei Türen, während der Picanto als Fünftürer antritt. Mit seinem mühelosen Zugang zur Rückbank kann der Koreaner entscheidende Punkte sammeln. Zumal es der Mii seinen Passagieren unnötig schwer macht. "Wie bei einem zehn Jahre alten Japaner werden die Vordersitze mit einem groben Hebel entriegelt, der Sitz rastet danach nicht wieder in der ursprünglichen Position ein", merkt Razvan Magureanu, Chefredakteur AUTO BILD Rumänien, an. Punkten kann der Mii aber beim Kofferraum: Während der Kia mit gerade mal 200 Litern den klassischen Kleinwagen gibt, lassen sich im Seat (251 Liter) Getränkekisten und Einkäufe besser unterbringen.

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Modern und mehr

Hier zeigt sich jedoch die Knauserigkeit der Spanier: Während der Kia-Kofferraum vollständig mit Teppich ausgekleidet ist, wartet im Mii nacktes Blech darauf, vom Gepäck verschrammt zu werden. Auch bei der Gestaltung des Cockpits haben die Koreaner mehr auf die Feinheiten im Detail geachtet. Wo der Mii betont nüchtern wirkt, versucht Kia, mit hochwertigen Oberflächen und lackierten Blenden einen Hauch Wohnlichkeit in die kleine Hütte zu zaubern. Zumal die hochwertige Spirit-Ausstattung (Serie beim 1,2-Liter-Motor) mit netten Details wie Sitzheizung, CD-Radio und Klimaanlage verwöhnt. So relativiert sich der Preisunterschied von 3100 Euro zum Mii. Ausstattungsbereinigt dürften beide auf einem ähnlichen Niveau liegen. Auch beim Antrieb liegt der Kia vorn. Schon beim Start fällt auf, dass der Vierzylindermotor des Picanto laufruhiger ist als der Dreizylinder des Seat, der im Leerlauf mit Vibrationen auf sein Bauprinzip aufmerksam macht.
Und auch in Fahrt zeigt der Motor des Kia die feineren Manieren. Er beschleunigt mit seinen zehn Mehr-PS besser und bietet dank des Viertelliters Hubraumplus einen kräftigeren Durchzug. "Der Seat muss, um ähnliche Fahrleistungen wie der Kia zu bieten, hoch gedreht werden – und fällt dann mit seinem rauen Klang unangenehm auf", sagt Javier de la Calzada, Chefredakteur der spanischen AUTO BILD. Unterm Strich kann sich der Kia mit dem feineren Innenraum und laufruhigeren Motor gegen den Mii durchsetzen. Was nicht bedeutet, dass der ein schlechtes Auto wäre. Ganz im Gegenteil, er gehört zur Spitze der Kleinstwagen-Klasse. Kein Wunder, dass die VW-Strategen ihm den Start schwer gemacht haben.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
Der Seat Mii ist ein talentierter Kleinstwagen – aber nicht der Überflieger, für den die VW-Strategen ihn uns verkaufen wollen. Dafür leistet er sich zu viele funktionale Schwächen im Alltag. Im Vergleich zum Kia Picanto fallen zudem der brummige Dreizylinder und die rustikale Verarbeitung negativ auf. Der Koreaner überzeugt mit seinem fein gemachten Innenraum und einem laufruhigen Motor. Das alles aber kostet, der Kia ist kein Sonderangebot mehr.

Von

Stefan Voswinkel