Sie meinen das wirklich ernst. Sie stehen da auf der Bühne im Werk in Fremont, die Bosse von Tesla Motors, und rufen in die Halle: Wir haben das beste Auto der Welt gebaut! Und die Arbeiter jubeln wie im Footballstadion. Draußen in der Sonne Kaliforniens parkt das in Sonderschichten zum Premierentermin gerade rechtzeitig fertiggestellte Model S, bereit für eine Testfahrt. Es ist die erste rein elektrisch angetriebene Familienlimousine. Mehr Platz als eine E-Klasse, schnell wie ein Porsche, politisch korrekter als ein Prius. Na, dann wollen wir mal. Der erste Eindruck: ein netter Trick. Reinsetzen, Bremse treten, anschnallen – schon ist die elektrische S-Klasse gestartet. Sitze mit etwas wenig Seitenhalt, auch die Verarbeitung ist noch nicht Oberklasse, und eine Mittelkonsole wurde einfach mal ganz weggelassen. Doch dann fällt der Blick auf diesen 17-Zoll-Bildschirm, größer als ein iPad. Alle Funktionen auf einem Touchscreen, Internet inklusive. Zeitgemäßer Luxus.

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Tesla Model S
In 5,6 Sekunden erreicht der Tesla Tempo 100, die Reichweite hängt vom eingebauten Akku ab.
Also gut: Losrollen, lautlos, kennt man ja. Aber in dieser E-Limousine ist es wirklich fast totenstill. Studio-Sound nennen sie das bei Tesla. Die Fünf-Meter-Limousine mit Kofferraum vorn und hinten bietet Platz für fünf plus – optional – zwei Kinder, die in der dritten Sitzreihe gegen die Fahrtrichtung sitzen. Strom für die ganze Familie. Der Wagen ist auf US-Kundschaft abgestimmt. Weniger sportlich gefedert, weniger direkt die Lenkung. Tesla weiß: Der wegen der Batterie im Fahrzeugboden sehr tiefe Schwerpunkt und der Antriebsstrang reißen alles raus. Ein kurzes Muskelzucken im rechten Vorderfuß, und S geht auf Tempo 160 zu. Die Beschleunigung, die vom Tesla Roadster bekannt ist, erzielt in der Limousine eine ganz neue Wirkung. Die hohen Geschwindigkeiten werden aufgrund der Ruhe im Auto leicht unterschätzt. Mal sehen, wie viele Tesla-Fahrer sich auf den US-Highways schnell ein paar Knöllchen einfangen. Chef-Designer Franz von Holzhausen hat mit Bedacht eher konservative Linien gewählt. "Wir sind eine Marke ohne Historie", sagt er. "Wenn Tesla etablierter ist, können wir auch im Design experimenteller werden."

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Tesla Model S
Sportliches Ziel: 5000 Vorbesteller sollen noch 2012 an diesem Arbeitsplatz über die Straße stromern.
10.000 Kunden haben das Model S bereits bestellt und mindestens 5000 US-Dollar angezahlt, ohne auch nur einen Meter Probe gefahren zu sein. Dabei sein ist alles. 5000 Stück sollen in diesem Jahr ausgeliefert werden, rund 20.000 pro Jahr dann ab 2013. Den Anfang macht die umgerechnet rund 75.000 Euro teure Variante mit dem großen 85-kWh-Akku für maximal 480 km Reichweite. Er besteht aus etwa 7000 flüssigkeitsgekühlten Lithium-Ionen-Akkus; laut Tesla das sicherste Batteriepack. Zwei kleinere, günstigere Versionen mit Reichweiten von bis zu 256 und 370 Kilometern werden folgen. Der Einstiegspreis liegt bei umgerechnet 39.670 Euro. Deutsche Preise gibt es noch nicht. Tesla-Chef Elon Musk, so etwas wie der Steve Jobs der Automobilbranche, erklärt zur Markteinführung: "Dieses Auto wird die Sicht auf die Welt verändern." Na ja, zumindest ist Tesla Motors an diesem Tag der sicherlich stolzeste Autobauer der Welt. Die coolen Kalifornier werden sogar von den Großkonzernen in Deutschland ernst genommen. Daimler bestellt dort Antriebsstränge. Und Volkswagen soll unter einem Decknamen bereits eines der ersten Model S bestellt haben.

Technische Daten Tesla Model S Elektromotor • Leistung 270 kW (362 PS) • maximales Drehmoment 440 Nm ab 0/min • Hinterradantrieb • Länge/Breite/Höhe 4978/1964/1435 mm • Lithium-Ionen-Akku • Kapazität 40/60/85 kWh • max. Reichweite 256/370/480 km • 0–100 km/h 5,6 s • Spitze 209 km/h • Preis ab umgerechnet 39.670 Euro.

Den Fahrbericht im Original-Layout finden Sie auch als Download im Artikelarchiv.

Hauke Schrieber
Ich bin hier sicher nicht das beste Auto der Welt gefahren. Aber die California Dream Boys von Tesla dürfen sich jetzt erst mal zu Recht feiern. Mit dem auf seine ganz spezielle Weise faszinierenden Model S haben sie sich endgültig als ernst zu nehmender Autohersteller etabliert. An diesem Anspruch wird sich die Gute-Laune-Truppe zukünftig messen lassen müssen.