Vergleich A4/Superb/Passat
Drei aus einem Stall

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Bringt Skoda mit dem Superb mal wieder die Hierarchie im VW-Konzern in Unordnung? Sieht ganz danach aus, aber AUTO BILD wollte es genau wissen: Ist der Superb wirklich so superb? Die Gegner heißen Audi A4 und VW Passat.
Es war zu erwarten, dass der große Skoda die Werteskala im Volkswagenkonzern durcheinanderwirbelt. Wäre ja nicht das erste Mal. Skoda, das ist wie ein Boss-Anzug mit Gut-&-billig-Label – hochwertige Technik von VW, aber ein bescheidenes Logo. Nichts für Zeitgenossen, die Hochglanzmagazine lesen, und – sorry, Skoda – nichts für Auto-Ästheten. Eine Schönheit, nein, das ist der neue Superb aus Tschechien auch mit gnädigstem Blick wirklich nicht. Vorn kurz, hinten kurz und in der Mitte gaaanz lang, erinnern die Proportionen an einen Dackel. Aber egal, manche werden das anders sehen, und wahre Schönheit kommt eh von innen. Die entscheidende Frage lautet: Bietet der Superb mehr als seine vornehmeren Geschwister von Audi und VW? Gleicher Konzern, gleicher Motor (1,8-Liter-Turbo- Direkteinspritzer mit 160 PS), (fast) gleicher Preis. Ja, genau: Billiger ist das neue Flaggschiff von Skoda nicht.
Im Skoda-Fond ist Platz genug zum Party feiern
Aber besser ausgestattet, denn während es bei Audi und VW zum Testpreis nur für die Basisversionen (Attraction und Trendline) langt, gibt es bei Skoda bereits die gehobenere Ambition-Version. Die berechtigt unter anderem zu Bordcomputer, beheizbaren Sitzen, Klimaautomatik, Radio und zu elektrischen Fensterhebern hinten. Beim Passat zumindest kostet das alles extra. Eins zu null also für den Superb. Jetzt bitte einsteigen, am besten gleich mal in den Fond, denn hier liefert der Tscheche seine Glanznummer: Platz genug, um Partys zu feiern. Hier sitzt es sich schon fast wie in einer Stretch-Limo. Hat sich Skoda bei der Entwicklung des Superb in der Klasse geirrt? Richtig gediegen wirkt die Fahrgastzelle, keine Spur von Billigheimer. Da ist selbst der Audi nur noch einen Hauch nobler, während einem der VW beim Umsteigen so nüchtern vorkommt wie eine Bahnhofsmission. Gut gemacht, Skoda, mal abgesehen vom vergleichsweise bescheidenen Sitzkomfort auf den vorderen Plätzen.
Der Audi spielt in Sachen Raumangebot eine Liga tiefer
Superb-Attraktion Nummer zwei: die multifunktionale Heckklappe – je nach Wunsch mal große Klappe, mal normaler Heckdeckel. Das funktioniert einwandfrei, müsste allerdings nicht sein, denn nur die Klappe würde auch reichen. In Kombination mit dem Riesenkofferraum (565, bei umgeklappten Rücksitzen 1670 Liter) und doppeltem Boden kann die Skoda-Limousine fast schon als Kombi durchgehen. Damit wären wir bereits bei drei zu null, wobei speziell der Audi A4 in Sachen Raumangebot eine ganze Liga tiefer spielt. Aber erst beim Fahren trennt sich ja bekanntlich die Spreu vom Weizen. Was also können Audi und VW, was der Skoda nicht kann? Spontaner Eindruck im Superb: Es dürfte sich allenfalls um Nuancen handeln, denn das Auto entpuppt sich als vorzüglicher Allrounder. In Kurven scheint der lange Lulatsch zu schrumpfen, frühzeitiges Geradeausschieben ist kein Thema, und zu allem Überfluss genießen die Passagiere auch noch einen bekömmlichen Gesamtkomfort.
Speziell grobe Verwerfungen federt das Fahrwerk souverän ab. Nur bei langsamer Fahrt und beim Überfahren kurzer Wellen wirkt es etwas hölzern – nicht optimal, aber auch kein Malheur, was ebenso für die anderen Kritikpunkte gilt. Die Lenkung könnte direkter sein, die Schaltung leichtgängiger. Beim Gasgeben löst der Skoda natürlich keine Begeisterungsstürme aus, das wäre angesichts von 160 PS in einer Limousine diesen Kalibers zu viel erwartet. Auf jeden Fall reicht die Leistung, um auf der Überholspur nicht zu verhungern. Der Turbo-Vierzylinder braucht wenig Drehzahl, um Kraft zu entwickeln und beschränkt sich selbst unter Stress auf ein dezentes Nuscheln. Ausgesprochen angenehm und dem Auto vollkommen angemessen, zumal auch der Verbrauch stimmt: 7,9 l/100 km auf der AUTO BILD-Teststrecke. Das genügt dann zumindest für ein Unentschieden, logisch, denn unter der Motorhaube herrscht in diesem Trio Gleichstand. Dass der 1,8-Liter im Audi dennoch etwas zäher agiert, schreiben wir der längeren Übersetzung zu.
Dank seines geringeren Gewichts bewegt sich der Passat etwas spritziger
Audi und Skoda wiegen übrigens gleich viel (kein Ruhmesblatt für den kleineren A4), aber der VW hat 90 Kilo weniger auf den Rippen. Deshalb bewegt er sich etwas spritziger. Aber das wäre dann auch das Einzige, was der VW seinem ehrgeizigen Verwandten noch voraus hat. Um es knallhart zu sagen: Der Superb ist der bessere Passat, das ist sonnenklar. Leicht verstaubt kommt er einem im direkten Vergleich vor, der VW mit seinem trägeren Handling – kein Wunder, schließlich hat er schon mehr als drei Jahre auf dem Buckel. Dass er hinten nicht ganz so geräumig ist wie der Skoda, kann indessen kaum ein Nachteil sein. Schließlich reicht der Platz auch so. Für den Audi nimmt sich die Sache freilich auch nicht besser aus. Mal abgesehen vom Prestige der vier Ringe und dem erfreulicheren Anblick – was spricht objektiv für den A4? In Sachen Raumangebot kann er dem Superb nicht das Wasser reichen – da müssen Großgewachsene hinten schon die Beine einziehen. Und der Kofferraum? Auch nicht berühmt, zumal die erlaubte Zuladung mit 418 Kilogramm mehr als dürftig ausfällt. Minuspunkte zudem in den Kriterien Beschleunigen und Bremsen: Beides dauert im Audi länger. Zumindest hier sollte die auf Dynamik abonnierte Premiummarke eigentlich auftrumpfen.
Kann sie das denn beim Fahrwerk? Schließlich leistet sich der A4 eine eigene Plattform mit längs eingebautem Motor und gleichmäßigerer Gewichtsverteilung. Resultat: na ja. Sicher, der Audi lenkt direkter, das suggeriert Agilität, aber zugleich wirkt seine Lenkung für manchen Geschmack nervös und ist obendrein nicht frei von Antriebseinflüssen. Ebenfalls nachvollziehbar: Das frontantriebtypische Untersteuern kommt spät, aber in diesem Punkt lässt sich auch dem üppiger bereiften Skoda wenig vorwerfen. Bleibt noch die Federung: Sie spricht schön geschmeidig an, zeigt aber bei groben Stößen ihre Grenzen. Trotzdem: Wenn in dieser Runde etwas für den Audi spricht, dann vor allem der Komfort, zumal er auch die Ohren schont. Aber reicht das, um den Stallkollegen aus Tschechien in die Schranken zu verweisen? Es reicht nicht, wie die Punkteabrechnung zweifelsfrei vorführt. Offensichtlich ist der Skoda einfach zu gut für diese Welt – zumindest für die Welt des VW-Konzerns.
Das Fazit von AUTO BILD-Redakteur Wolfgang König
Skoda-Fans lieben das Gefühl, etwas zu wissen, was der Rest der Welt mit seinem Designerwahn und seiner Premiumsucht nicht weiß. Da passt der Superb bestens ins Bild. Er ist ein Anti-Mode-Auto, und er schlägt die etablierten Publikumslieblinge mit ihren eigenen Mitteln. Auch die aus demselben Stall. Würde ich ihn kaufen? Sagen wir mal so: Bei mir entscheidet auch das Auge. Und immer mit geschlossenen Augen auf das Auto zulaufen – das macht nicht glücklich.
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