Gewaltakt trifft taktische Waffe: Mit der Cobra schlug Shelby dem Erzrivalen Ferrari die Nase blutig, der GT40 vollstreckte. Wir haben uns die beiden Legenden nochmal zur Brust genommen, und herausgefahren, was die Faszination Cobra und GT40 ausmacht.


Ferrari rannte seinerzeit den 250 GTO, Shelby kontert mit der Cobra – seiner Cobra. Neben dem ingeniösen V12-Vollblut wirkt der Herausforderer aus Übersee jedoch wie ein Straßenköter. Verwegen, primitiv und alles andere als reinrassig.
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Das betagte Leiterrahmenchassis samt Aluhaut stammt ursprünglich vom britischen AC Ace, MG und Volkswagen steuern Lenkungsteile bei, und der Ford-V8 ist eigentlich für Pick-ups gedacht. Kurzum: Es grenzt an ein Wunder, dass Shelby den ...
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... Zweisitzer überhaupt konkurrenzfähig bekommt – wenigstens in den USA, wo er die vergleichsweise klobigen Corvettes nach Strich und Faden vermöbelt. International gelingt es indes erst der Coupéversion – Daytona genannt –, mehr herauszufahren als lediglich Achtungserfolge.
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Den Leistungsgipfel erreicht die Cobra aber als Roadster, im Jahr 1965, als man ihr einen Bigblock in die sichtlich verbreiterte Karosserie einpflanzt. 413 werden gebaut, 31 als S/C wie diese hier. Das Kürzel steht wider Erwarten nicht für den Vorsteiner-Supercharger, mit dem der Besitzer den regulär 500 PS nachträglich noch mal ...
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... gut 200 draufsattelte, sondern für "semi competition" – eine Performance-Spezifikation irgendwo zwischen Straßenauto und Wettbewerbshomologation. Trotz ...
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... der miesen Aerodynamik sollen schon mit der Saugmotorfassung über 265 km/h drin gewesen sein – was in der Praxis aber wohl meist am ...
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... gesunden Menschenverstand gescheitert ist. Denn obwohl gerade die technisch ausgereifte S/C-Version um Welten satter liegt als das Urmodell, bleibt das Fahrverhalten heikel bis tödlich. Noch im höchsten der vier Gänge reißt einem der enorme Punch den Boden unter dem Hintern weg, während man mit einer ...
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... zähen Lenkung und matten Bremsen die Schlange, so gut es geht, zu beschwören versucht. Mit anderen Worten: Einsteigen erfüllt einen Kindheitstraum, Aussteigen gleicht einer Wiedergeburt. Es gibt zwar Sicherungsdrähte an den Flügelmuttern, die ...
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... Angst wird einem dadurch aber nicht genommen. Die Klangkulisse ist dabei ebenso bewusstseinserweiternd wie der Kompressorschub.
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Der abgewinkelte Schalthebel und das Holzlenkrad verlangen nach Muckis; Vollgas und schnelle Kurven nach Cojones. Dabei kurvt die Cobra gar nicht so stumpf, wie man es erwarten würde. Im Gegenteil, sobald die blanke Angst nach und nach ...
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... einer gesunden Portion Ehrfurcht weicht, meint man sogar eine gewisse Kurvenaffinität herauszuspüren. Zumindest bis am Scheitelpunkt der Bigblock zuhaut, sich die Wirbelsäule an der Oberkante der ...
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... Sitzlehne nach hinten biegt und das ohrenbetäubende Hämmern der Sidepipes jeglichen Gedanken an Feinmotorik endgültig niederschlägt. Was für ...
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... ein Kontrast zum GT40. Ihn spürt man nicht nur in der Magengrube, sondern bis in die Fingerspitzen. Statt als Stückwerk entsteht er aus einem Guss, ist Rennwagen durch und durch und derjenige, der einlöste, was Ferrari zehn Jahre zuvor versprochen wurde.
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Carroll Shelby ist auch diesmal involviert, die Strippen zieht nun jedoch sein Motorenpartner Henry Ford II. Und auch er liegt wegen einer gescheiterten Übernahme mit Ferrari im Clinch. Aus Wut, so heißt es, habe er die ...
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... Konstruktion eines Rennwagens angeordnet. Wie und was, spielte keine Rolle – solange es den verhassten Italiener schlagen würde. Das Ergebnis war voll auf das GT-Reglement zugespitzt und nur 40 Zoll hoch – womit sich auch die Zahl in seinem Namen erklärt. In Le Mans wird im Uhrzeigersinn gefahren, weshalb man ...
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... den Fahrerplatz rechts einrichtete. Problem: Die größtenteils amerikanischen beziehungsweise kontinentaleuropäischen Piloten taten sich schwer, mit links zu schalten, sodass der Metallstumpen für die fünf Gänge schlussendlich rechter Hand in den Schweller umzog.
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Das Fahrverhalten des GT40 war dabei genauso schnörkellos, kalt und wesensreduziert wie das Interieur. Man kann es getrost als "spartanisch" bezeichnen.
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Doch so durchdacht und ausgereizt der GT40 im Detail auch gewesen sein mag, der Motor blieb gutbürgerlich. Statt ein eigenständiges Renntriebwerk zu entwickeln, schraubt man auch ihm zunächst die Smallblocks aus verschiedenen Mustangs ins Heck, später folgt der mächtige Siebenliter, wie ihn auch die 427er-Cobra benutzt.
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Im konkreten Fall sitzen wir Rücken an Rücken mit einem Vier-Neuner aus dem Boss 302, wobei die Sensation daran weniger der Motor als vielmehr die Sache mit dem Sitzen ist. Die labberigen Türen reichen zwar bis ins Dach hinein, dennoch sind Kenntnisse in Limbo fürs Einsteigen zwingend erforderlich. Ganz wichtig: Sobald man ...
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... drin ist, schnell den Kopf einziehen, sonst trennt einem die messerscharfe Türkante beim Zuschlagen die Schädeldecke ab. Wer all das halbwegs heil übersteht, landet in einem Metallverhau mit beißendem Benzingeruch und dem Liebreiz einer Folterkammer. Man sitzt auf dem Boden, nein, nicht im übertragenen Sinne, sondern in Wirklichkeit. Die Kunststoffkuhlen komprimieren die Hüfte auf Größe 32, doch schon bei Standgas verstehst du ...
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... dein eigenes Wehklagen nicht mehr. Mit der Drehzahl steigen Lärmpegel, Innenraumtemperatur und Endorphinpegel dann ins Unerträgliche. Alles rappelt, rüttelt, schlägt und grölt, die 1100 Kilo haben dem V8 herzlich wenig entgegenzusetzen, gedreht wird bis sieben, wobei sich die Kraft derart bestialisch entfaltet, dass es permanent Regenwasser durch die A-Säulendichtung ins Cockpit presst. Dabei ...
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... verschafft einem der GT40 nicht nur Gewissheit, alles erlebt zu haben, vor allem verrückt er die Maßstäbe für alles Erlebte bislang. Konkret: Vor ihm darf man einen 911 GT3 RS mit Fug und Recht puristisch nennen, hinterher kommt er einem nur noch weichgespült und wohlstandsspeckig vor.
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Doch wo lag das Erfolgsgeheimnis des GT40? Unheimlich sein, Piloten einnässen, beschleunigen, brüllen – solche Dinge beherrschte die Cobra auch. Der Unterschied bestand darin, dass er auch in Kurven das Tempo hoch hielt: keine Seitenneigung, kein Zögern in der Lenkung, kein Spiel im Fahrwerk, kein Rumzicken beim ...
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... Einlenken, keine Hinterachskapriolen beim Herausbeschleunigen, keine Kompromisse. Nicht falsch verstehen: Er ist fahrbar; leicht zu fahren ist er beileibe nicht. Allein die Vorstellung, damit die Hunaudières-Gerade runterzudonnern – nachts, mit dreihundertnochwas, im strömenden Regen – treibt einem eisige Schauer den Rücken hinab.
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Den Erfolg in Le Mans verdankt Ford jedenfalls nicht nur dem GT40, sondern insbesondere den Gentlemen McLaren, Amon, Gurney, Foyt, Rodriguez, Bianchi, Ickx und Oliver, die 3 von 94 produzierten Exem plaren zu ...
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... insgesamt vier Le-Mans-Gesamtsiegen in Serie fuhren. Die Pointe: Ferrari gelang seither kein einziger mehr.
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Fazit von Stefan Helmreich: Zwei Wege, ein Ziel: Die Cobra war und ist eine Giftspritze. Hinterlistig, brutal und als Roadster zu klobig, um dem Hightech-Erzrivalen aus Italien nachhaltig wehzutun. Das gelang erst dem GT40, einem durchtriebenen GT-Rennwagen, der alles, auch den Piloten, der Fahrdynamik unterordnet. Höchsten Respekt vor beiden – und vor denen, die sie bändigten.
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