RENG-DENG-DENG-DENG! Eine Gruppe Männer steht vor dem Schweriner Autohaus Busse um einen orangefarbenen Trabi herum. Als das markante Knattern ertönt, schmunzeln sie und wippen beschwingt wie zu einem Popsong. Da ist sie wieder, die vertraute Melodie des Zweitakters! Allein: In dem Wagen steckt gar kein Verbrenner – er ist einer der ersten Trabis mit Elektro­motor. Das Knattern kommt lediglich aus einem Soundgenerator. Schon oft wurde dem Trabant das baldige Aus prophezeit. Seine Kunst­stoffkarosserie, die Abwesenheit jeg­lichen Komforts, insbesondere aber das schwache Herz der ostdeutschen Automobil-Ikone schienen einfach nicht mehr zeitgemäß – der Zweitakter mit 26 PS ist eine Konstruktion aus den 60er-Jahren des vorigen Jahr­hunderts.
Ein neues Herz für den Trabi
Martin Köchele und Benni Zamzow bauen den alten Motor aus. Das neue Elektro-Herz liegt schon bereit.

Ist für diesen spartanischen Knatter-Greis heute noch Platz? Wenn es nach ReeVOLT geht, lautet die Antwort: Ja! Und nein. Der Trabi soll weiterleben – muss sich aber einer Herztransplantation unterziehen. Die Firma, ein Zusammenschluss des Mecklenburger Energieversorgers WEMAG und des Hamburger E-Auto-Bauers Karabag, entnimmt alten DDR-Wagen ihr schwaches Zweitakt-Herz und pflanzt ih­nen einen Elektromotor ein. Dafür musste ReeVOLT sein Elektro-Umrüstkit an die Besonderheiten eines Trabant anpassen. "Die Resonanz ist gewaltig", sagt Geschäftsführer Raymond See. Zehn Interessenten hätten sich zuletzt jeden Tag gemeldet. Die ersten drei E-Trabis hat ReeVOLT an die Insel Rügen ge­liefert. Touristen sollen in ihnen emis­sions-, aber nicht emotionslos die Ge­gend erkunden.

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Ein neues Herz für den Trabi
ReeVOLT ersetzt den Zweitakter des DDR-Kleinwagens durch einen lautlosen Elektromotor.
Umgerüstet hat die Wagen das Team von Kfz-Meister Hans Busse. Einen Tag benötigen zwei seiner Mitarbeiter, um zunächst alle nicht mehr benötigten Teile aus- und danach die neue Technik einzubauen. Den E-Motor mit bis zu 38 PS flanschen die Mechaniker an das alte Getriebe, gefahren wird ausschließlich im dritten Gang. Mit Rücksicht auf die Trabi-Technik hat ReeVOLT die Leistung des Elekto-Herzen zwar gedrosselt. Einen flotten Ampelstart legt der 700 Kilo leichte Wagen trotz­dem hin. Mit E-Motor verdient sich der Trabi im Alter tatsächlich noch seinen Spitznamen "Rennpappe".
Ein neues Herz für den Trabi
Grünes Kabel statt blauer Dunst: Fünf Stunden lädt die Batterie, eine Füllung reicht für bis zu 130 Kilometer.
Innen deuten nur der fehlende Schalthebel und ein Display zur An­zeige der Batterieladung auf den Um­bau hin. Nach dem Drehen des Zünd­schlüssels und dem Tritt aufs Fahrpedal bewegt sich der Trabi zunächst völlig lautlos, bei höherem Tempo ver­nimmt man ein Surren. Das kommt aber nicht etwa vom neuen Motor, sondern vom alten Getriebe, dessen Geräusche erst ohne den lauten Zwei­takter hörbar werden. Billig ist der Elektro-Spaß nicht: Das Umrüst-Kit kostet 13.500 Euro netto, dazu kommen der Einbau und – falls nicht vorhanden – der Trabi selbst. So kommen schnell 18.000 bis 20.000 Eu­ro zusammen, monatlich wird noch eine Batteriemiete von 129 Euro fällig. Hans Busse schwärmt dennoch vom E-Trabi. "Das Knattern des Zwei­takters ist zwar Kult, aber immer muss ich das wirklich nicht haben."

Von

Benjamin Gehrs