Motor-Instandhaltung: Tipps
Diese 10 Verbote sollten Sie im Umgang mit Klassiker-Motoren beachten

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Berufsschullehrer und Buchautor Michael Rohde zeigt an seinem Mercedes 280 E/8, welche Dinge man an seinem Auto besser nicht tun sollte.
Bild: Michael Rohde
Der Motor stottert, sprotzt, geht aus? Gemisch- und Zündungsprobleme werden regelmäßig mit Halbwissen und halb garen Bastelanleitungen angegangen. Das gilt auch und speziell für Motoren von Klassikern. Wir erklären mit einem Experten die zentralen Zusammenhänge – und welche Fehler den schnellen Motortod bedeuten können.
Was Schrauber wissen müssen zu den Themen Zahnriemen • Drosselklappe • Bleiersatz-Additive • Vergaser-Sandstrahlung • Einspritzanlage • Verdichtungsdruck • Zündunterbrechung • Zündkerzen-Wärmewert • Katalysatoren • Dieselgemisch.
10 Verbote für Klassiker-Motoren
1. Du sollst nicht am Riemen spielen!
Der Kolben küsst das Ventil, wenn die Steuerzeiten der Ventilsteuerung über die Nockenwelle nicht peinlich genau eingehalten werden, weil am oberen Totpunkt des Kolbens beide Ventile leicht geöffnet sind. Bei vielen Motoren genügt ein Zahn zu früh oder zu spät, und es knallt. Einen Zahnriemenwechsel zu vertrödeln ist dabei genauso schädlich, wie ihn laienhaft selbst zu vermurksen.Manchmal hilft aber auch perfekte Arbeit nichts. So wie bei einem Porsche 928, der mit seinem Zwei-Meter-Riemen nach dem Wechsel nicht mehr anspringen wollte. Dabei war schlicht und einfach nur rein zufällig während der Arbeit das Kraftstoffpumpenrelais verstorben.
2. Du sollst nicht mit dem Feuer spielen?
Die Drosselklappe drosselt die Gemischzufuhr, sonst würde der Motor auf Vollgas laufen, bis es ihn zerreißt. Beim "Leerlauf ist sie fast oder sogar ganz zu, wenn ein separates Leerlaufluftsystem eingebaut ist. Selbst kleine Undichtigkeiten hinter der Drosselklappe sind ein Problem, der Leerlauf ist dann zu hoch und meistens auch zu mager, weil die Falschluft nicht mit Kraftstoff versorgt wurde.
Auf der Suche nach dem Übeltäter sprühen viele das Saugrohr bei laufendem Motor mit Bremsenreiniger ab; doof nur, wenn der ein undichtes Zündkabel findet. Vorsichtig sein, Wasser tut es auch. Der Motor hustet dann, wenn es durch die Undichtigkeit eingesaugt wird, bei Bremsenreiniger oder Benzin aus der Flasche (auch nicht ungefährlich) tourt er auf.
3. Du sollst einen guten Tropfen nicht verpanschen!
Früher war im Sprit Blei, wie so oft aus Kostengründen. Die Zugabe ermöglichte es, die Oktanzahl zu erhöhen, ohne eine aufwendige Raffination. Weil der Bleianteil den Katalysator zusetzt, wurde das Schwermetall im Benzin ab den 1980ern abgeschafft. Einzige Rettung waren angeblich "Dr. Good Ventilschutz"-Mittelchen oder eine teure Umrüstung auf gehärtete Ventilsitzringe.
Keines der Wundermittel, die ich bisher aus Kofferräumen gefischt habe, hat eine Herstellerfreigabe. Manche Inhaltsangaben nennen Eisenverbindungen. Wer auf seinen Zündkerzen also einen bräunlichen Belag feststellt, sollte spätestens dann das vermeintliche Wundermittel-Zeug umgehend entsorgen.
4. Du sollst keinen Sand in den Vergaser tun!
Profis können eventuell mit viel Erfahrung die Optik des Vergasers durch Strahlen hübsch machen oder das Innere einer angegammelten Schwimmerkammer oberflächlich verdichten. Aber Sand ist im Vergaser noch schädlicher als im Getriebe. Die zweite Möglichkeit, den Vergaser sogar im laufenden Betrieb (und ganz unbemerkt) zu sandstrahlen, ist die Verwendung von supercoolen Luftfiltern in Teesieb-Optik. Drei Prozent mehr Leistung und 100 Prozent weniger Betriebserlaubnis haben als Nebenwirkung einen stark erhöhten Abrieb von der Chokeklappe bis zum Auslassventil.
Jeder Vergaser braucht seinen eigenen Experten. Es gibt zwar immer wieder Gemeinsamkeiten gewisser Grundtypen und ihrer Plagiate, doch ist allein das fachgerechte Zerlegen und Zusammensetzen mit neuen Dichtungen immer wieder überraschend. Selbst Werkstätten mit Abgastester und Ahnung stellen Vergaser meist nur im Leerlauf ein, Messungen während der Fahrt sind nur für getunte Motoren und in Härtefällen üblich.
5. Du sollst Einspritzanlagen nicht missverstehen!
Vor ewigen Jahren hat ein begeisterter Bastler die Restaurierungsstory seines Mercedes 300 SEL 6.3 zusammengeschrieben. Ein wundervolles Detail war, dass er, nur um das Gehäuse auf Hochglanz zu bringen, die Höhendose von der Einspritzpumpe geschraubt hatte. Die nachfolgende Fehlersuche und die Kosten der richtigen Einstellung auf dem Prüfstand haben den armen Mann so dermaßen traumatisiert, dass er statt Höhendose nur noch Esodnehöh schreiben konnte, weil ihm das Wort in der richtigen Reihenfolge körperliche Schmerzen verursachte.
Ähnliches können sicherlich diejenigen berichten, die schon mal einen K-Jetronic-Mengenteiler geöffnet oder an der Stauscheibe gefeilt haben. Wer an der mechanischen Reiheneinspritzpumpe von Bosch bei laufendem Motor versucht, das Gemisch zu verstellen, spürt einen kurzen Ruck und darf dann ein paar Tausender herausrücken, weil die Pumpe zerstört ist. Regelrecht harmlos ist es dagegen, den Leerlauf eines Motors mit elektronischer Einspritzung am Drosselklappenanschlag einzustellen und nicht am separaten Leerlaufluftkanal und dem Poti am Steuergerät. Weil Schubabschaltung und Leerlaufprogramm dann nicht mehr so tun, wie sie sollen, verrußen die Kerzen, patscht es im Auspuff und scheitert die Abgasuntersuchung. Je seltener die Einspritzanlage, umso spezieller die Probleme. Wer kennt schon Kugelfischer, Spica, Rochester Ramjet oder Crossfire?
6. Du sollst nicht am Verteiler drehen!
Der richtige Zeitpunkt bei Verdichtung und Zündung ist sehr wichtig. Zündet man zu spät, fällt der Verdichtungsgrunddruck bereits wieder, und der Gesamtdruck wird nicht besonders hoch. Geringer Druck bedeutet weniger Kolbenkraft und verringerte Leistung. Richtig kritisch ist ein zu früher Zündzeitpunkt. Baut sich der Verbrennungsdruck im Steilanstieg des Verdichtungsdrucks auf, wird der Gesamtanstieg so heftig, dass die von der Zündkerze ausgehende Flammenfront nicht schnell genug durchkommt und von der Druckwelle überholt wird. Das restliche Gemisch entzündet sich dadurch schlagartig selbst. Das ist die gefürchtete klopfende Verbrennung.
Wer also mal eben so den Zündverteiler zum Putzen ausgebaut hat, sollte nicht ohne eine fachgerechte Einstellung des Zündzeitpunkts weiterfahren.
7. Du sollst den Unterbrecher nicht mit einem Schalter verwechseln!
Der am stärksten belastete Kontakt im Auto ist der Unterbrecherkontakt der Zündanlage. Klar, dass er ausleiert und sich die Kontaktflächen verbrennt. Es ist üblich, immer Ersatz mit sich zu führen und bei Zündproblemen zu wechseln. Beim Abstand zwischen den neu eingesetzten Kontakten hilft die Pappe einer Zigarettenschachtel – sie hat ungefähr die (zumindest für Vierzylinder) passende Materialstärke.
Das ersetzt keine Feinjustage, verhindert aber zumindest grobe Fehler, die fatal sein können: Bei zu kleinem Kontaktabstand überhitzt die Zündspule, bei zu großem gibt es Zündaussetzer bei hoher Drehzahl, also eine Benzindusche ins Schmieröl. Im Anschluss muss dann noch der Zündzeitpunkt geprüft werden.
8. Du sollst Zündkerzen nicht zum Glühen bringen!
Das Kerzengewinde darf nicht zu lang sein, weil der Kolben sonst die Kerze streichelt. Übersehen wird gerne der Wärmewert, der beschreibt, wie gut eine Kerze mit der Hitze umgeht, in der sie hängt.
Eine zum Kerzenstecker passende Kerze an Bord ist nie verkehrt. Ob nämlich die Zündung bei einem nicht anspringenden Motor grundsätzlich funktioniert, sieht man leicht, wenn man einen Kerzenstecker abzieht, eine Zündkerze hineinsteckt und dann mit dem Gewinde auf blankes Metall am Motor legt (nicht festhalten, der Schlag ist kein Spaß). Wenn dann beim Anlasserorgeln ein Funke zu sehen ist, liegt es wahrscheinlich am Sprit, dass der Motor die Mitarbeit verweigert.
9. Du sollst Deinen Katalysator nicht schmelzen!
Der Gesetzgeber hat unfassbar viele Schadstoffschlüsselnummern rund um Euro 1 bis 4 erfunden. Die Krönung ist die Schlüsselnummer 98 für Oldtimer, die automatisch auslöscht, nach welcher Norm bei der Abgasuntersuchung oder sonstigen Einstellarbeiten vorzugehen ist. Dabei hat jeder Kat seine spezielle Peripherie, die auch beim Oldtimer weiter funktionieren muss. Im Bastelwahn oder von überforderten Werkstätten werden bei Oldtimern Zusatzluftpumpen oder Kaltlaufregler und Abgasrückführungen stillgelegt, gerade wenn der Oldie auf dem roten 07-Kennzeichen nicht mehr regelmäßig zur AU muss.
Dabei sind schnell Folgeschäden möglich. Ein zu sehr abgemagertes Gemisch führt zu einer sehr heißen Verbrennung, die dem Motor und dem Kat schaden kann. Umgekehrt wird auch zu viel Benzin nicht nur den Schmierfilm abwaschen, sondern auch den Kat fluten und anschmelzen, sodass er verstopft.
10. Du sollst Deinen Diesel nicht ersäufen!
Nach dem Starten nagelt ein alter Diesel vernehmlich, weil der Kraftstoff sich nicht so schnell entzündet, wie er sollte. Nagelt der Diesel bei heißem Motor genauso, ist das ernsthaft schädlich, weil meist eine tropfende Düse daran schuld ist. Es bildet sich dabei schon während des Ansaugens ein Gemisch, das zündet, wenn die Selbstentzündungstemperatur erreicht ist, was bei heißem Motor so früh sein kann, dass ein Schlag gegen die Drehrichtung erfolgt.
Ansonsten ist die Dieselregelung ganz einfach: mehr Kraftstoff, mehr Leistung. Das perfekte Gemisch bildet sich von ganz allein. Bei einem Lambdawert von 1,4 (rein rechnerisch), der für einen Benziner zu mager wäre, liegt die Rauchgrenze des Dieselmotors. Da gerade alte Diesel kaum noch im modernen Verkehr mitkommen, wird gern mal die Spaßschraube an der Einspritzpumpe verdreht, doch mehr als peinlicher Qualm kommt dabei kaum raus. Experimente mit modernem Hochleistungssprit sind kritisch zu sehen, es kursieren Geschichten über geschmolzene Vorkammern, weil das Wunderzeug heißer verbrennt.
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