Opel ist ganz oben, als im Herbst 1970 die ersten Ascona in den Schaufenstern stehen. Da kann man schon mal mit knackigen Werbesprüchen kommen, wie den selbsgtbewussten Slogan, den wir für unsere Überschrift entliehen haben. Er sieht also gut aus, bei gutem Preis. Tatsächlich liefert General Motors mit dem neuen Modell ein Paradebeispiel für kostensparende Effizienz. Eigentlich war der Ascona als Kadett-Nachfolger gedacht, doch weil er so stattlich auf der Straße steht, darf er die Lücke füllen, die zwischen dem kleinsten Opel und dem Rekord klafft. Ein Triumph der Designer – nur gegenüber dem Ford Taunus, der in üppigen US-Formen schwelgt, wirkt der Ascona zierlich. Das stört nicht, kompakte Limousinen mit sportlichem Touch stehen hoch im Kurs. In seiner stärksten Version mit 1,9-Liter-Motor und sportivem SR-Outfit gilt der Opel als günstige Alternative zum BMW 02.
Opel Ascona 1.6
Das gekonnte Design lässt den Opel Ascona größer wirken als den Kadett B, obwohl er nur wenige Millimeter länger ist.
Bild: U. Sonntag
Doch gekauft werden vornehmlich die Brot-und-Butter-Ausführungen. Autos wie unser Testwagen: Der präsentiert sich in einer an Armseligkeit grenzenden Schlichtheit mit spärlichem Chromschmuck – und, was in den 70ern ebenso wichtig ist: ohne Holzfolie auf dem Armaturenbrett. Aber eben auch höchst funktionell: gute Sitzposition, klare Rundinstrumente, dazu ein langer Schalthebel, der schräg aus dem Wagenboden ragt wie bei der Sport-Ikone Alfa Romeo Giulia. Dass es auf den Rücksitzen wenig Platz gibt – der Radstand ist nur einen Zentimeter länger als beim Kadett –, müssen Familienväter wie vor 40 Jahren verzeihen: Selbst die Opel-Werbung nannte den Ur-Ascona stolz "Außenseiter" und empfahl ihn als Auto für Leute, die sportlichen Charakter mehr schätzen als äußeren Prunk.
Dazu passt das Fahrwerk. Die Federung ist straff, gar nicht familienfreundlich, aber bestens geeignet, um forsch um die Ecken zu stechen. Die perfekte Übersichtlichkeit der Karosserie, die präzise Zahnstangen-Lenkung und die mit Panhardstab geführte Starrachse tragen ebenfalls zum lebendigen Eindruck bei. Nur der Motor mag nicht passen. Der 1.6er mit seitlich im Zylinderkopf rotierender Nockenwelle und Opel-typischem Nuschelsound wirkt, als seien seine Atemwege verstopft. Opel-Liebhaber trösten sich damit, dass er das ewige Leben hat – wie alle Motoren aus der Zeit, als die Marke mit dem Blitz oben war.

Von

Götz Leyrer