Kollektion von DDR-Fahrzeugen
—Der Sammler der kuriosen Ost-Autos
Ein einstiger DDR-Flüchtling hat sich auf das Sammeln von Ost-Autos verlegt, die Autos der einstigen Unterdrücker. In seinem Fuhrpark: ein Armee-Lada und ein Honecker-Citroën.
Während der designierte US-Präsdident Donald Trump die Grenze zum benachbarten Mexiko abschotten will, hat Rolf Mahlke so seine Erfahrungen mit Grenzzäunen. Er hat einen Teil seines Lebens in Sichtweite der DDR-Grenzschutzanlagen im Örtchen Hanum verbracht. Das hat sicher geprägt, denn der Arzt hat sich aufs Sammeln bereifter Ost-Kuriositäten verlegt. Dazu gehört ein Lada 2107. Der heute olivgrüne Ordonnanzwagen der Roten Armee mit Sowjetstern auf der Tür wurde 1985 in Russland rustikal zusammengebaut, seine Spaltmaße ähneln denen der Karpaten.
Bis zum Mauerfall am 9. November 1989 war Mahlkes Heimatdorf Hanum auf drei Seiten von DDR-Grenzsperranlagen umgeben, weil es wie eine kleine Landzunge nach Niedersachsen hineinragte. "Ich brauchte damals einen Passierschein, wenn ich von meinem Studienort Rostock die Eltern zu Hause in Hanum besuchen wollte“, sagt Mahlke. "Die Hanumer waren nicht nur eingesperrt, sie waren auch ausgesperrt vom Rest der DDR.“ Das war auf Dauer unerträglich, und so flüchteten Rolf Mahlke und seine Frau Marion 1989 über Prag in den Westen. Das Fluchtauto war ihr kirschroter Wartburg 353, den sich in der tschechischen Hauptstadt stehen lassen mussten. Seit 1990 leben sie im ehemaligen Goldenen Westen – zehn Minuten von Hanum entfernt.
Die Staatskarosse von Honecker
Ein taufrischer Lada 21073
Schon vor 27 Jahren erkannte Mahlke: "Hier kannst du nichts werden, hier kommst du nicht voran! Keine Eigeninitiative, nur Mitlaufen, Anpassung, Wut und Mangel.“ Am Ende stand die Flucht in den Westen – und der Triumph über das System. Deshalb also dieser Lada– oder besser gesagt: diese Lada, denn Mahlke hat gleich mehrere gebunkert. Einen taufrischen Lada 21073, mit original 4112 Kilometern auf dem Tacho. Und einen Streifenwagen der Volkspolizei, inklusive Lichtanlage auf dem Dach. Die Lada-Manie hat aber noch einen weiteren Grund: "Musste ich haben. Weil ich zu DDR-Zeiten nur den Lada nicht geschafft habe", grinst Mahlke.
Russischer Viertürer mit italienischen Fiat-Wurzeln
Im Lauf der Zeit hat Mahlke dann tatsächlich die Symbole einstiger Staatsmacht gekapert. Darunter ist auch der braungrüne Nova der Sowjetarmee, den er jetzt vor das Grenzmuseum Zicherie-Böckwitz stellt. Es besteht aus den originalen ehemaligen DDR-Grenzanlagen, die hier auf rund zweihundert Meter Privatgrund komplett erhalten wurden. "Ursprünglich lief der Lada bei der GSSD, Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland. An die wurde er in einer Serienfarbe ausgeliefert. Den schlammgrünen Armee-Anstrich erhielt der Wagen dann in Handarbeit bei der Truppe, wo ihn irgendein Gefreiter überpinseln musste. Das war allgemein so üblich“, erinnert Mahlke. Und wirklich ist der russische Viertürer mit italienischen Fiat-Wurzeln nur von außen dick übergerollt. Im Innenbereich zeigt sich beiger Originallack.
Automobile Zeitzeugen
Jetzt rumpelt der Lada auf dem ehemaligen Kolonnenweg der Grenze entlang, parallel zum bis heute penibel geharkten, mehrere Meter breiten Sandstreifen. Das sollte Spuren von Grenzverletzern sichtbar machen – wenn es diesen denn gelungen war, Metallzaun, Signaldrähte, Minenfelder und Kfz-Sperrgraben zu überwinden und sich den Blicken aus dem ebenfalls erhaltenen Wachtturm zu entziehen. In dessen Schatten ist Mahlke aufgewachsen, buchstäblich, denn sein Kindergarten lag genau gegenüber der Mauer. Und so hat er mit anderen einen Oldtimer-Verein gegründet, den "Fuhrpark Ost-West e.V." Die Erinnerungen an die DDR sind fast drei Jahrzehnte nach Mauerfall verblasst. Nur die automobilen Zeitzeugen sind noch gut in Schuss.
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