Opel Calibra 2.0i 4x4 (1990): Nostalgie pur im Manta-Nachfolger
Nostalgie-Tour im 30 Jahre alten Opel Calibra
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Vom Liebling aller Bastler ist der Calibra heute zum anerkannten Klassiker gereift. Opel Classic ließ AUTO BILD ans Steuer eines ganz speziellen Exemplars!
Bild: AUTO BILD
Calibra. Den Namen bitte einmal langsam aussprechen und auf der Zunge zergehen lassen. Klingt unglaublich cool, oder? Aber irgendwie auch genau nach jenen halbstarken Breitbaubuden, zu denen die meisten verschandelt wurden. Jetzt ist der Opel Calibra 30 und hat im Windschatten des geistigen Urvaters Manta Klassikerstatus erreicht. Das gilt ganz besonders für das Exemplar, das OpelClassic für AUTO BILD aus der Garage geholt hat. Das solargelbe Coupé von 1990 ist ein seltener Allradler und mit 4500 Kilometern auf der Uhr und faktisch ein Neuwagen. Und zur Feier des Tages dürfen wir es heute auf dem Opel-Werksgelände fahren!
Schnittige Karosserie und angestaubtes Cockpit
Der cw-Wert des Calibra war mit 0,26 für seine Zeit rekordverdächtig tief und ist auch heute noch gut.
Bild: AUTO BILD / Christian Bittmann
Schon beim ersten Umrunden des Autos wird klar, warum der Cali unter Bastlern so beliebt war. Gerade in knalligem Gelb sieht das Coupé richtig gut aus. Schmale Scheinwerfer, lange Haube, endlos nach hinten gezogene C-Säule – kaum zu glauben, dass unter dem Blech ein biederer Vectra A steckt. Ob er sich so sportlich fährt, wie er aussieht, wird jetzt ausprobiert. Also einsteigen und anschnallen. Sofort schlägt einem der konservierte Neuwagengeruch im 30 Jahre alten Cockpit entgegen, der zum Zeitmaschinen-Flair beiträgt. Genauso auch das simple Armaturenbrett mit eckigen Knöpfen, großen Drehschaltern und gut ablesbaren Instrumenten. Alles super einfach und zweckorientiert, aber auch leicht langweilig. Hier erkennt man den Vectra dann doch.
Heiser klingender Vierzylinder
Armaturenbrett, Sitze und andere Teile stammen aus dem Vectra.
Bild: AUTO BILD / Christian Bittmann
Jetzt aber am Schlüssel drehen, der Zweiliter Vierzylinder erwacht zum Leben. Weil auf dem Werksgelände Arbeitsbetrieb herrscht, sind heute leider keine Geschwindigkeitsexzesse drin. Aber hey, es geht ums Feeling! Und hier liefert der Calibra wie kein Zweiter. Man sitzt instinktiv lässig in den ausgeformten Plüschsesseln und fühlt sich sofort ungemein cool. Logisch, warum das Coupé bei der 90er-Jugend so angesagt war. Bereits auf den ersten Metern merkt man aber, dass sich der Calibra auch im Neuzustand für heutige Verhältnisse eher gemütlich als dynamisch fährt. Das Fahrwerk ist ziemlich weich und schaukelt nach Bodenwellen ordentlich nach, die Kupplung ist von der teigigen Sorte.
In engen Kurven verspannt sich der Allrad stark. 9,5 Sekunden auf 100 km/h sind eine Sekunde schlechtler als der Fronttriebler.
Bild: AUTO BILD / Christian Bittmann
Überraschend gut geht dagegen der Motor, der sich dank saugertypisch spontaner Gasannahme nach mehr als 150 PS anfühlt. Nicht unbedingt spritzig, aber doch willig. Unter heiser-kratzendem Sound dreht der 16-Ventiler hoch. Hier kommt die Musik noch vom Motor, nicht vom Auspuff! Aber wir erinnern uns: keine Tempoexzesse. Also runter vom Gas, den Traktionsvorteil des Allradantriebs kann man bei niedrigem Tempo ohnehin nicht herausfahren. Lieber gemütlich den Ellbogen aus dem offenen Fenster hängen und den Werksmitarbeitenden zurückwinken. Die sehen den Calibra wohl auch nicht alle Tage.
Nicht schnell, aber unglaublich cool
Die Raverbrille gehört zur Show. Das Dauergrinsen ist aber echt und geht voll auf das Konto des Calibra.
Bild: AUTO BILD / Christian Bittmann
Ehe die Classic-Jungs sich Sorgen um ihr Schätzchen machen, geht es nach ein paar Runden wieder zurück zur Klassik-Halle. Vor dem Hallentor geparkt, gilt es, sich aus den tief montierten Plüschsitzen zu schälen. Beim abschließenden Blick auf den 90er-Helden reifen Wehmut und eine Erkenntnis. Es mag sportlichere, schnellere und aufregendere Youngtimer geben. Aber mit deren Coolness-Faktor kann es der Calibra allemal aufnehmen. Glückwunsch zum Dreißigsten, Calibra!