Hätte es den Audi RS2 ohne den Mercedes 500 E gegeben? Man weiß es nicht, jedenfalls füllte der Audi umgehend die Lücke in der Porsche-Kleinserien-Manufaktur, nachdem die Fertigung des Über-Benz ausgelaufen war. Dieser Teil der Story ist bekannt: entwickelt und gebaut bei Porsche. Doch beim Audi steckt nicht nur viel Porsche drin, es hängt auch viel Porsche dran.

Mit Porsche-Rädern, -Blinkern und -Bremse

Audi RS2
Der RS2 ist ein Kind der 90er-Jahre – und irgendwie musste das Audi-80-Ambiente ja aufgemöbelt werden.
Bild: C. Bittmann
Die Idee, einen Fünftürer mit den Fahrleistungen eines Sportwagens zu kombinieren und den weltschnellsten Kombi zu erfinden, muss in Zuffenhausen begeisterte Anhänger gefunden haben. Hätten sie sonst so tief ins eigene Regal gegriffen? 17-Zoll-Leichtmetallräder aus dem Porsche-Cup, Außenspiegel, Blinker und Nebelleuchten vom 964, die Bremse des 968, Porsche-Schriftzüge auf dem Zylinderkopf und am RS-Emblem, das ja eigentlich den schärfsten Elfern vorbehalten ist. Wer hat hier eigentlich wen bezahlt? Beim RS2 toben sich beide Partner aus. Die einen brauchen Aufmerksamkeit und ein knackigeres Image, die anderen Geld, da ist einfach jedes Mittel recht. Das Ergebnis sieht aus und fährt sich wie ein Audi 80 nach massivem Anabolika-Missbrauch. 
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Video: Audi RS 4 (2017)

RS 4 Avant trifft seinen Vorfahren

Hinter dem RS2-Kühler steckt ein 2,2-Liter-Fünfzylinder 

Audi RS2
Der mächtig aufgeblasene 2,2-Liter-Fünfzylinder schmiegt sich gemäß alter Audi-Tradition eng neben den Kühler.
Bild: C. Bittmann
Drei Löcher klaffen im Frontspoiler des RS. Durch sie kühlt der Audi Wasser, Ladeluft und Öl. Dahinter lauert ein 2,2-Liter-20V-Fünfzylinder – laufruhig, extrarauchig im Klang und dank K24-Lader mit über 140 PS pro Liter, also insgesamt 315 PS gesegnet. Zum Glück gibt es Allradantrieb. Nicht auszudenken, die brachiale Leistung würden nach Verlassen des tiiiieeefen Turbolochs allein über die Vorderräder herfallen. So ab 3500 Touren fährt sich der Audi sehr manierlich und schnell und bremst dank Porsche-Technologie noch viel besser. Das Fahrwerk ist stramm, aber nicht bockig, sechs Gänge sind unter Youngtimern wohl ein Alleinstellungsmerkmal. Und um den Sprint von null auf 100 in 5,8 Sekunden zu toppen, braucht es heute immer noch einen Audi S4. Vor 20 Jahren kostet so ein gedopter Mittelklasse-Kombi schon freche 98.900 Mark, heute ist er als Gebrauchter teurer als neu:  Heute ist der RS2 als Gebrauchter teurer als neu: Für einen Audi RS2 im Zustand 2 muss man 2018 laut Classic Data 54.500 Euro ausgeben! Zudem ist das Angebot ausgedünnt: Viele der nicht einmal 3000 Exemplare wurden heruntergeritten, Chip-Tuner dünnten das Angebot weiter aus und bewiesen, dass sie den Witz nicht verstanden haben. Denn zu verbessern gibt es am RS2 nichts.
Audi wird in den 90ern für den Mut belohnt, denn in Idee und Ausführung baut der radikale RS2 ganz nah am Ur-Quattro. Und dass er als Fünftürer mit praktischem Kombiheck auftritt, macht ihn nur noch sympathischer. Leider ist er schon sehr teuer geworden.