Es geht los: Den linken Fuß auf die dicke Nabe des linken Vorderrades stützen, mit den Händen jeweils die dünnen Rohre von Lenkrad und Sitzgestell umfassen und sich mit einem Ruck hochziehen. Okay, drin wäre ich schon mal. Nur dass mir der Vierfüßerstand auf dem Fahrersitz mit Blickrichtung aus dem rechten Seitenfenster nicht wirklich nützt. Ich muss ... warten Sie ... jetzt nur noch ... nein, doch andersherum ... Moment ... uff, geschafft: Ich sitze. Als kleiner Junge wunderte ich mich lange über die Tatsache, dass die Männchen in meinem Modell-Unimog nur bis zum Hosenbund nachgebildet waren. Der Rest war undefinierbarer Gussgrat.

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Unimog U 411
Zwei schräge Typen auf dem Weg nach oben: "Uni, i mog di", sagt Autor Knut Simon.
Seit ich den echten Unimog vom Typ U 411 gefahren habe, ist mir alles klar. Genau so zermatscht nämlich fühlen sich jetzt meine Beine an. Bevor ich die Fahrerkabinen-Akrobatik wage, stählt mich der optische Genuss von außen – volle dreimal umrunde ich dieses kantige Ding in Agrar-Grün, dessen Konstruktion 1945 erdacht wurde. Seine Schöpfer wollten im Prinzip nichts anderes, als ein der Landwirtschaft dienendes Universalmotorgerät (kurz: Unimog) zu entwickeln, einen schlichten Nutzgegenstand. Sie schufen, neben einem epochemachenden Arbeitstier, dabei völlig unbeabsichtigt auch eines der faszinierendsten Automobile überhaupt.

Ein treuherziger Ackergaul

Heute ist der Unimog die am längsten gebaute Modellfamilie der Welt. Seit über 60 Jahren kurven die Dinger mit ihren kurzen, stupsnasigen Motorhauben auf dem ganzen Globus. So etwas darf sich auch von Phrasen-Verächtern locker als Ikone bezeichnen lassen. Wie gesagt: Ich sitze. Es ist früh am Morgen, nächtlicher Eisregen hat den 1961er Unimog in einen bizarr grinsenden Säbelzahntiger verwandelt – vor dem man keine Angst bekommen kann. Der 32-Diesel-PS-Ackergaul guckt immer noch einfach zu lieb. Zündung an, Vorglühknopf drei Viertel gezogen halten, warten auf das Glimmen des Heizdrahts im "Salzstreuer" – los.

Unbefestigtes Gelände ist sein liebstes Revier

Kracker-kracker-kracker, nagelt sich der treue OM 636 vibrierend in den kalten Morgen, was so ziemlich alle Eiszapfen das Leben kostet. Nach kurzer Zeit bin ich mit Zwischengas und Zwischenkuppeln vertraut. Nachfolgende Autofahrer, die von der Höchstgeschwindigkeit des Unimog (53 km/h) komplett genervt sind, verschwinden gnädig in der Rußwolke aus dem armdicken Auspuffrohr. Mit anderen Worten: Es stellt sich so etwas wie Gelassenheit ein. Jetzt aber ab ins unbefestigte Gelände, die eigentliche Unimog-Domäne. Der Allradantrieb mit zwei Differenzialsperren zieht munter durch Schnee und Matsch.

Aber es ist doch ein Unimog!

Unimog U 411
Rettung naht: Nur ein einziges Mal kam der Mog aus eigener Kraft nicht weiter.
Die Portalachsen erlauben eine großzügige Verschränkung. Nur einmal versenke ich den "Mog" in glitschigem Untergrund. Mit dem Abschleppseil stehe ich winkend in der Kiesgrube. "Da wäre selbst ich nicht reingefahren", lautet der Kopfschüttel-Kommentar des rettenden Bulldozer-Fahrers. Ja, aber: Es ist doch ein Unimog! Was ich ihm nicht sage: Prototyp Nr. 1 grub sich 1946 tief in aufgeweichten Waldboden ein. Genug für heute. Erfrischt vom Fahrtwind, der durch Steckfenster und Faltverdeck hereinströmt, geht es heimwärts. Stramme 13.000 Mark kostete ein Unimog – in den 1950er-Jahren!

Mit 116 Zentnern Ladung den Berg hoch

Dennoch waren die Skeptiker schnell überzeugt. Er war flott genug für die Straße, auf dem Acker dank Allrad unschlagbar, zudem verfügte er über eine Tonne Nutzlast. Und dann war da die Schlossbergwette, 1952: Ein 25-PS-Unimog trat im Rottal (Bayern) gegen 50-PS-Deutz und 105-PS-Hanomag an, fuhr die Steigung rauf und runter, hielt an, kroch weiter – mit 116 Zentnern Ladung. Der Deutz schaffte 25, der Hanomag 35 Zentner. Eiskalt. Wenigstens das muten wir dem Unimog in diesem Winter nicht mehr zu. Technische Daten Vierzylinder-Diesel-Reihenmotor • Hubraum 1767 cm³ • 32 PS • Spitze 53 km/h • Portalachsen • Differenzialsperren v/h • zuschaltbarer Allradantrieb.