"Das sind meine Sahara-Schuhe, ohne die komme ich da unten in der Enge nicht klar", erklärt Marcus Ziegler (36) zur Begrüßung, reicht erst die Hand und zeigt dann auf die Füße. Spitz läuft sein Schuhwerk zu, der 50er-Jahre-Chic ist bedenklich, und eines wird schnell klar: Diese Ente verlangt Opfer. "Der Vorbesitzer trug sogar Spezialanfertigungen, aber der ist ja auch zum Rallye-Trial ans Nordkap gefahren." Womit der Beweis erbracht wäre, daß dieser 2CV auch durch den Winter kommt, obwohl er eigentlich für die Wüste gebaut wurde. Weder Freizeit-Förster noch Boot-Benutzer hatte Citroën als Käufer im Sinn, sondern mutige Forscher am Rande Ruandas, Entdecker von Ölquellen, Ärzte in der Einöde, das Militär im Maghreb und die Polizei in Polynesien. Und für deren Zwecke gilt: Aussehen ist nichts, Ankommen ist alles. Und da hält doppelt nun mal besser.

Zwei Motoren, zwei Getriebe, zwei Tanks

Citroën 2CV Sahara
"Es stimmt ja auch. Wenn ein Motor ausfällt, dann bringt einen der andere immer noch ans Ziel", bringt Marcus Ziegler seinen französischen Superlativ auf den Punkt. Kein anderes, auf einem Serienfahrzeug basierendes Auto nach dem Krieg ging diesen konsequenten Weg der Sahara-Ente, die statt komplexer Hochtechnologie schlicht zwei Fahrzeuge in einem vereinte. Ohne Kardanwelle und ohne Sperrdifferential. Einfach nur zwei Motoren, einmal vorn und einmal hinten. Wahlweise mit Front-, Heck- oder Vierradantrieb zu fahren. Mit zwei Zündschlüsseln und zwei Starterknöpfen, rechts für vorn und links für hinten. Mit zwei Getrieben, zwei Achsen und zwei Tanks, die unter den Sitzen der vorderen Insassen gluckern und deren Öffnungen in den Türen enden. Rauchen, nein danke!

Citroën 2CV Sahara
"Jeder Besuch an der Tankstelle sorgt für Aufregung. Erst steckt man den Stutzen in die Tür, dann läuft man ums Auto oder wendet, weil der Schlauch zu kurz ist. Einige Beobachter der Szene dachten schon, ich wollte mich ohne zu zahlen aus dem Staub machen", lacht Citroën-Liebhaber Ziegler, der doch früher eigentlich nur Golf fahren wollte. "Alle meine Freunde hatten heißgemachte Golf und Polo, nur ich war mit der alten Ente unterwegs, weil mein Onkel Citroën-Händler war. Ich wollte sie plattfahren, habe sie mies und nachlässig behandelt, sie getreten und geschunden, um endlich ein richtiges Auto zu bekommen. Aber sie ging und ging einfach nicht kaputt", sagt Ziegler und war bekehrt. Für immer. Seitdem ist er Citroën-Fan. Und irgendwann mußte er unbedingt eine Sahara-Ente haben.

Ein Motor zieht, ein Motor drückt

1958 lief der erste 2CV 4x4 als Lohnarbeit bei Panhard vom Band. Mit flatternden zwei mal 12,5 PS bezwang der kleine Franzose auch die 120 Meter hohen Pyla-Sanddünen bei Arcachon und Steigungen von 45 Prozent! Später waren es immerhin 16,5 PS aus unveränderten 425 Kubikzentimetern, Flügel wuchsen dem Wildgeflügel damit immer noch keine, bei 105 km/h im Bimotor-Betrieb ist Schluß. Das Konzept funktioniert dennoch. Immer und überall. Dafür sorgen unendliche Federwege, Unterfahrschutz und simple Luftkühlung, trotz profilloser 155-15er-Reifen in den schwungvollen Kotflügeln und ein völlig verschüchtertes Drehmoment.
Dieser Citroën besteht aus Gegensätzen: Die Sahara-Ente hat einerseits nichts und anderseits ganz viel. Karg und nackt wie Waschbeton ist der Innenraum mit den schlichten Stahlrohrsitzen und dem instrumentenlosen Armaturenbrett, wo links die zwei Zündschlüssel klimpern. Dafür ist es die einzige Ente mit Mittelschalthebel und Getriebetunnel anstelle des Krückstocks im Armaturenbrett. Ein kurzer Knauf rechts vom Tunnel koppelt das hintere, samt Triebwerk umgedrehte Getriebe an. Kupplungs- und Gaspedal betätigen zwei hydraulische Kupplungen und zwei Vergaser. Nicht einfach, aber effektiv und unanfällig gelöst. Ein Motor zieht, ein Motor drückt.

Teure Teile und Technische Daten

Citroën 2CV Sahara
Kofferraum gibt es keinen mehr, dafür ein Ersatzrad auf der vorderen Wellblechhaube und den doppelten Lärm von vorn und hinten. Und wenn der vordere Motor versagt, kann Marcus Ziegler einfach mit einer Stange aus dem Bordwerkzeug die vordere Kupplung aushängen und mit Heckantrieb weiterfahren. Auch abseits von Wüste und Wildnis ein beruhigendes Gefühl. "Die Sahara-Ente war damals doppelt so teuer wie ein normaler 2CV und fast doppelt so schwer. Wenn man versucht, mit nur einem Motor zu fahren, dauert es deswegen leider auch doppelt so lange", lacht Ziegler.
Citroën 2CV Sahara
2002 kostete ihn der 4x4-Citroën noch 12.000 Euro. Es ist eines von nur rund 700 gebauten Exemplaren, für die Teile längst mit Gold aufgewogen werden. "Türen mit Tanköffnung, die Heckklappe mit dem Ausschnitt für das Lüfterrad oder die Motorhaube, auf der das Ersatzrad liegt, sind sündhaft teuer", sagt Ziegler und ruckt den nächsten Gang hinein. "Und Getriebe eigentlich unbezahlbar." Mit schnatterndem Boxersound nimmt die Ente unter bedenklicher Seitenneigung die nächste Kuppe. Der Vorbesitzer hatte für seine Nordkap-Fahrt den hinteren Motor mit Standheizung und 12-Volt- Anlage ausgerüstet. Er kam zwar an, aber mit der Ente nicht zurecht. Eine gute Idee, aber vermutlich zu kompliziert.

Technische Daten Citroën 2 CV 4x4 (1958–1967) Zwei 2-Zylinder-Boxer-Benziner, vorn und hinten längs eingebaut • Hubraum 425 ccm • Leistung je 12 kW (16,5 PS) • max. Drehmoment je 27 Nm bei 2500/min • Frontantrieb und/oder Heckantrieb • zwei Viergang-Schaltgetriebe • Einzelradaufhängung v.u.h. • Trommelbremsen vorn und hinten • Reifen 155x15 • Länge/ Breite/Höhe 3780/1480/1540 mm • Leergewicht 735 kg • Höchstgeschwindigkeit 105 km/h • Stückzahl 694