Feuer frei! Drei Tage lang treten beim Goodwood Festival of Speed 2013 Rennwagen aus allen Epochen gegeneinander an. Auf zur ersten Runde!
Bild: BMW
Wir befinden uns beim Goodwood Festival of Speed im englischen Sussex, einer Gegend, wo die Hügel besonders schön hügelig sind, zauberhaft eingerahmt von Hecken, uralten Gasthöfen und windschiefen Mauern, zwischen denen wahrscheinlich schon die Ritter der Tafelrunde unterwegs waren. Hier liegt anmutig eingeklemmt zwischen Wäldern und Wiesen das Goodwood House – ein untertriebener Ausdruck, denn es ist ein veritables Schloss, in dem der ehrenwerte Lord March lebt, der seine ausgedehnten Ländereien dazu nutzt, alljährlich die größte Autoparty Europas zu feiern. Alles very British, indeed, also stilvoll.
Porsche 962C, einst Sieger mit Hans Stuck, Derek Bell und Al Holbert bei den 24 h LeMans 1987.
Bild: Bernhard Schmidt
Eine halbe Million Zuschauer wird am Wochenende vom 12. bis 14. Juli 2013 erwartet, so dass die Begleitmusik für diese Veranstaltung epische Staus sind. Aber irgendwann angeschwemmt im Strom motorisierter Menschen tut sich auf den Wiesen ein extra Kosmos des Automobils auf. Alles rankt sich um ein, nun ja, "Bergrennstrecke" genanntes 1,87 Kilometer langes Stück Sträßchen: Sehr eng, mit kaum nennenswerten Kurven und wenig Steigung, auf dem den ganzen Tag lang, in sogenannte "Batches" (Stapel) aufgeteilt, die, wir wollen nicht unbescheiden sein, geilsten Autos herauffahren, die sich der Mensch je ausgedacht hat. Alt und neu.
Porsche 911 Safari-Rallye von 1978 mit 280 PS. Der Schwede Björn Waldegaard wurde damit damals 4.
Bild: BMW
Ein grandioses Fest des Autos: Formel 1-Rennwagen, Supercars, fette Limousinen, Rallye-Fahrzeuge aller Generationen, US-Stock-Cars, ja sogar Dragster, die den Goodwood Hill Climb besonders malerisch erledigen: Am Start eine knappe Sekunde Vollgas, bis alles Lebende drumherum taub und eingenebelt vom Qualm und Gummi ist, dann feste in die Eisen, hilflos spotzend im Schritt-Tempo um die erste Rechts, dann wieder für eine Sekunde volles Kanonenrohr mit Weltuntergangsgefahr, dann wieder Motorgestammel, so stottern sie sich die knapp zwei Kilometer ins Ziel. Dagegen pfeilen die modernen Formel 1 mit unfassbarem Speed die Strecke hinauf, und es ist wunderbar zu sehen, wie der technische Fortschritt auch in der F1 wirkte. Denn die 70er-Jahre-Renner stochern doch vergleichsweise hilflos, wackelig und müde durch Molecombe, der entscheidenden Biegung.
BMW M1 Procar von Riccardo Patrese gefahren. Die Procars fuhren 1979 und 80 im Rahmenprogramm der Formel 1.
Bild: BMW
Ton in Ton zur Klasse der Autos ist die der Fahrer. Weltmeister und F1-Helden en masse: Nelson Piquet fährt den Brabham-BMW BT 52 von 1983, Romain Grosjean einen Renault von 2010, Alex Brundle einen Benetton, Alain Prost einen 1983er Renault, Nico Rosberg einen Mercedes von 2011. Dann sind da Porsche 917, 956, 962, Ferrari 312P, 512 S, okay, wir sparen uns das, es sind einfach ALLE da. Vom hysterischen Kreischen eines aktuellen Formel 1-Motors bis zum dumpfen Grollen des Chaparral von 1966. Es ist der Wahnsinn. Am 12. Juli 2013 fanden die Trainingsläufe statt, in denen viele Fahrer eher winkend an den Hunderttausenden vorbeiströmten. Naja, manche ließen es auch richtig fliegen: Porsche Entwicklungschef Wolfgang Hatz zum Beispiel, der den Porsche 962-Siegerwagen von Le Mans 1987 ein wenig an den Strohballen verstauchte. Im Großen und Ganzen wird das "Rennen" aber von keinem ernst genommen, alle sind nur hier, um sich zu freuen, Zuschauer und Aktive, wir auch. Morgen mehr davon.