Jaguar E-Type Lightweight: Fahrbericht
—Der älteste Neuwagen der Welt
Dieser Jag ist Jahrgang 2015, die Chassisnummer von 1963. Er entsteht in Handarbeit und kostet über eine Million Euro. Ein Fahrbericht.
Echt oder unecht? Ist es ein Original? Ist es eine Fälschung? Oder, milder ausgedrückt, eine Replica? Bin ich kirre? Sicher ist: Der Grad der Konfusion nimmt zu – ich fühle mich wie Lord Wirrness. Bin durch diesen winzigen E-Type-Verschlag gekrochen, er ist leicht wie eine geföhnte Feder. Bin über diesen E-Type-Schweller aus Alu geklettert, mühselig wie auf dem Pfad zum Himmel. Sitze in einer lederbezogenen Aluschale, eng wie die Hose eines Toreros. Und spechte hinaus auf dieses Gebirge, auf diese E-Type-Topografie, ebenfalls aus Aluminium.
Der Arbeitsplatz lässt keinen Zweifel an seiner Bestimmung
Potenter Reihensechser unter der ewig langen Haube
Da sind die klassischen E-Type-Details, die sechs Rundinstrumente, dieser Lichtschalter, aber auch viel nacktes Blech und Niete, alles liegt offen. Die Botschaft: Du befindest dich hier nicht auf einem Vergnügungsdampfer, sondern an deinem Arbeitsplatz, in deinem Rennfahrerbüro. Haargenau wie damals also, nur der Originalschweiß fehlt. Und zu Zeiten des Lightweight wurde eben improvisiert, gebastelt, der Klebstoff für das bisschen Leder im Innenraum mit dem breiten Pinsel verstrichen. Phil Weavers, seinerzeit verantwortlich für den Karosseriebau: "Es war wie immer. Man redete beim Lunch darüber, einer holte eine Zigarettenschachtel raus und einen Bleistift und zeichnete ein neues Detail." So entstand der Lightweight, und bis auf den Rohrrahmen vorn war alles aus Aluminiumblech, zwischen 1,2 und 1,5 mm dünn.
Benzinpumpe einschalten, Schlüssel drehen, den Finger zögerlich auf den Starterknopf legen, drücken. Die Eruption, die nun folgt, ein melodisches Röhren aus Sechs-in-zwei-Rohren, sie stimmt dich perfekt ein – alte Schule eben, unplugged und kein Designersound. Hier zündet der klassische XK-Sechszylinder, 3,8 Liter groß, wunderschön, zeitgenössisch aufgerüstet mit Trockensumpfschmierung, mechanischer Einspritzung und Spezialzylinderkopf mit größeren Ventilen. Und sogar mit Aluminiumblock.
Im Lightweight sind klassische Fahrfertigkeiten gefragt
Hände an das Holzlenkrad mit den gelochten Speichen – und los. Der erste der vier Gänge ist extrem lang ausgelegt, du brauchst viel Drehzahl, um loszukommen. Doch ab Drei-fünf atmet er richtig durch, zeigt Muskeln, streckt brüllend die Nase hoch und stürmt. Hochschalten schon bei 5500 (spätestens 6000), metallisch präzise, dann wieder dieser Heldenbariton, der pure Genuss. Es fällt schwer, nicht lauthals zu lachen, aber das Schalten fordert Konzentration, speziell das Runterschalten – Kurve anbremsen, Zwischengas und doppelkuppeln, alles gleichzeitig. Die gute alte "Spitze-Hacke"-Technik also, hier hilft sie dir. Der Lightweight erzieht zum klassischen Fahrstil – nur sanfte Lenkbewegungen bei hohem Tempo, kräftiges Zupacken in den engeren Radien. Und du wirfst ihn nicht in die Kurven, du lernst, seine lange Nase behutsam reinzuziehen, dann früh, wohldosiert Gas zu geben, die Hinterräder mit den alten Dunlop-Rennreifen zu belasten und sie sanft nach außen zu treiben. Schnelle, weite Kurven sind sein Element, die Balance und eine fließende Gangart zielführend.
Anzahl der Neuauflagen auf sechs begrenzt
Neubau-Jag auf Revival Meeting in Goodwood unerwünscht
Technische Daten Jaguar E-Type Lightweight • Reihensechszylinder mit mechanischer Einspritzung (wahlweise drei Doppelvergaser) • Hubraum: 3868 cm³ • Leistung: 254 kW (340 PS) bei 6500/min • max. Drehmoment: 380 Nm bei 4500/min • Vmax: 270 km/h (je nach Übersetzung) • 0–100 km/h: 4,1 s • Vierganggetriebe • L/B/H: 4453/1700/1181 mm • Radstand: 2440 mm • Leergewicht: 1040 kg • Preis: umgerechnet 1,4 Millionen Euro.
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