Kaum rollt ein Defender vom Band, schon ist er ein Klassiker. Es gibt wenige Autos, die das von sich behaupten können. Aber zugegeben, das mit dem Cabrio ist so eine Sache. Nennen wir es lieber Softtop, so wie in der offiziellen Modellbezeichnung: Land Rover Defender 90 Softtop. Oder "Lkw mit Plane und Spriegel", so steht es im Fahrzeugschein – das kommt der Sache wohl am nächsten. Eine Plane stülpt sich über ein Rohrgestell, bis 2002 aus Stoff mit Hanfschnüren, danach aus Plastik mit Nylon- und Gummistrippen. Fans wollen Stoff und Hanf. Und sie haben Zeit, denn das Auf- und Zumachen misst man beim Defender nicht in Sekunden.

Zum Öffnen und Schließen des Verdecks braucht man eine Stunde

Land Rover Defender 90 Td5
Ein Defender kann alles, nur nicht schwimmen und fliegen.
Öffnen dauert bei guter Kondition etwa 20 Minuten, schließen so um die 30. Alternativ bietet das Verdeck, das sich in den letzten 60 Jahren nur unwesentlich verändert hat, diverse Öffnungsvarianten, die schneller gehen: Für Sonne von oben lässt sich auch nur die Plane über der Fahrerkabine zurückrollen. Angenehm luftig bei Hitze oder auf Wüstentour dagegen hochgerollte Seitenteile und Heckplane, aber oben mit, dazu die Lüftungsklappen unter der Frontscheibe auf Durchzug – auch so eine nette Tradition beim Defender, die bei der jüngsten Variante (ab 2007) leider gestrichen wurde. Überhaupt gilt: Je älter das Baujahr, desto uriger. Gute Kompromisse zwischen Bekömmlichkeit und Charakter bieten die 90er-Jahre (vorher gab es das Softtop offiziell ohnehin nicht).

Kratzer und Dellen prägen den Charakter eines Landy

Land Rover Defender 90 Td5
Das Armaturenbrett trägt seinen Namen zu Recht und passt bestens zum rustkalen Charme des Landy.
Wer viel in unterentwickelten Gegenden unterwegs ist, zieht den vierzylindrigen Tdi vor (1990 bis 1998), weil sein Diesel noch rein mechanisch nagelt, also ohne jede Elektronik. Im Alltag verbindlicher sind die fünfzylindrigen Td5 (1998 bis 2007) mit Pumpe-Düse-Einspritzung und mehr Power. Für sie gab es auf Wunsch sogar ABS und ASR (vorn und hinten). Das Chassis des Defender, stabil wie eine Eisenbahnbrücke, ist technisch gesehen ein Erbstück vom Ur-Range-Rover inklusive Starrachsen vorn und hinten mit Schraubenfedern, permanentem Allradantrieb, Geländeuntersetzung und Sperre fürs Zentraldifferenzial. Damit lässt sich arbeiten.
Im schweren Geläuf ist gegen so einen Land Rover diesseits eines Unimog kein Kraut gewachsen, speziell, wenn es sich um den kurzen, den Defender 90 handelt. Nur diesen – und nicht die längeren Varianten 110 und 130 – gibt es als Softtop. Weitere Tipps für den Neueinsteiger: Ein Defender ist wie eine englische Wachsjacke – Gebrauchsspuren sind deshalb stilbildend. Und: Die Autos sind wie aus dem Baukasten. Von einer nachträglich montierten Pick-up-Kabine bis zum Anbau diverser Seilwinden und sonstiger Heavy-Duty-Extras ist so gut wie alles möglich. Und original – wie es sich für einen Klassiker gehört.
Technische Daten Land Rover 90 Td5 Softtop Turbodiesel mit Pumpe-Düse-Einspritzung, fünf Zylinder, Reihe • eine oben liegende Nockenwelle • Hubraum 2495 ccm • 90 kW (122 PS) bei 4200/min • max. Drehmoment 300 Nm bei 1950/min • Fünfganggetriebe • Allradantrieb • Scheibenbremsen rundum • Reifen 7.50 R 16 • L/B/H 3722/1790/2000 mm • Radstand 2360 mm • Starrachsen rundum • Schraubenfedern • Leergewicht 1770 kg • Beschleunigung 0–100 km/h in 17,5 s • Spitze 130 km/h • Verbrauch 10,1 l Diesel/100 km • Neupreis (1998) 44.300 D-Mark.

Von

Wolfgang König