Jugendliche sind weniger autoverrückt als Erwachsene, die Oldie-Szene könnte austrocknen. Werden die Kinder von heute Auto-Nostalgiker sein? Zwei Kollegen debattieren darüber.
"Die heutigen Kinder werden die größten Auto-Nostalgiker sein"
Ja, bitte: Frank B. Meyer sieht Carsharing als Wendepunkt
Falls es stimmt, was alle sagen, dann wird die Masse der Neuwagen in absehbarer Zukunft erstens elektrisch fahren, zweitens autonom, drittens nicht in Privatbesitz sein. Was bedeutet das für die Oldtimerszene der 2040er-, 50er- oder 60er-Jahre? Ob Autos elektrisch fahren, ist dafür wurscht. Technikfans begeistern sich für bestimmte Motorentypen, aber Nostalgie entsteht unabhängig davon, ob ein V12 oder ein Zweizylinder, ein Diesel oder ein Waschmaschinenmotor unter der Haube steckt. Ob ein Wagen autonom fährt, das macht den Unterschied! Ich sehe schon meine Neffen mit Glatze und Flanellhemd, wie sie ihren Enkeln mit heiserer Stimme vom Jahr 2020 erzählen: "Wir konnten damals nicht einfach ein Auto rufen. Es musste eins da sein, und dann mussten wir vom ersten bis zum letzten Meter selbst lenken, Gas geben, bremsen. Ach, und Gänge wechseln. Schalten nannte man das." Den Hauptunterschied für die Nostalgie dürfte der Schritt vom Privatwagen zum Carsharing machen. Ich weiß nicht, ob heutige Großstadtkinder 2050 schwärmen werden: "Ooooh, eine B-Klasse! Die haben meine Eltern immer geliehen!" Aber wer in Verhältnissen aufwächst, wo das eigene Auto zur Familie gehört, oder wer als junger Erwachsener von seinem knappen Geld die eigene Karre kauft – der wird sich immer daran erinnern und nach alten Autos umdrehen. Vielleicht kommt jetzt die letzte Generation von Oldie-Fans.
"Vieles spricht gegen eine starke Oldie-Szene der Zukunft"
Nein, danke: Gerald Schadendorf fehlen geeignete Autos und Fans.
Welche Autos werden zum Oldie, und wer wird Oldies hegen und pflegen? Vieles spricht dagegen, dass wir morgen noch auf eine Oldtimerszene blicken werden, wie sie sich uns heute darstellt. Die immer komplexer werdende Technik selbst billigster Autos spricht nicht dafür. Dazu kommen wiederkehrende staatliche Vernichtungsaktionen, um neueren, noch kurzlebigeren Nachfolgern Platz zu machen. Darüber hinaus fehlt es in meinen Augen bei neuen Modellen auch an automobilen Ikonen – und noch viel mehr an der Klientel, die solche Ikonen lieben und pflegen würde. Das Auto ist schlichtweg in vielen Fällen vom Statussymbol zum reinen Konsumgut degradiert worden. Ob öde Autos oder alte Müslipackungen – so etwas ruft selten Sammler und Bewahrer auf den Plan. Zudem sehe ich aktuell zumindest in Großstädten wenig Potenzial an Jugendlichen und Heranwachsenden, die dem Auto gegenüber aufgeschlossen sind. Wie viele interessieren sich denn noch fürs Auto, dessen Nutzung und Besitz in dem Maße, wie das vor 20 Jahren der Fall war? Was auf dem Land ein Muss ist, um mobil zu sein, ist in der Stadt zweitrangig, oft sogar lästig. Öffis oder Carsharing genügen doch, und beides kostet nur, wenn man es nutzt. Was man nicht besitzt, darum muss man sich auch nicht kümmern. Spaß haben, ohne Verantwortung zu übernehmen, das geht vor. Soweit die Meinung der beiden AUTO BILD KLASSIK-Kollegen. Was meinen Sie? Stimmen Sie oben ab!