Spielzeugstraße im feuerroten Spielmobil
Der Weg ist das Spiel

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Zweiter Teil unserer Serie über Deutschlands schönste Reisestraßen. Diesmal im originalen feuerroten Spielmobil, dem TV-Star der 70er-Jahre, unterwegs auf der Spielzeugstraße. Hier wird jeder Besucher wieder zum Kind.
Gerald Cron sitzt an einer alten russischen Nähmaschine, durch die vergitterten Fenster dringt mattes Licht in den kleinen gekachelten Raum. Cron bearbeitet die Jute konzentriert, alles muss perfekt sein. Das Gerippe aus Holz, der Jute-Mantel, die Füllung aus Hobelspänen, der allergiefreie Plüsch. Hier, in der kleinen Werkstatt neben dem Schloss Ehrenstein in Ohrdruf, entstehen Fellschaukelpferde so, wie sie vor fast 150 Jahren gefertigt wurden. "Ich mache das jetzt seit elf Jahren", sagt Gerald Cron. "Und wissen Sie was: Ich lerne noch immer." Heizungsinstallateur war er, bis er arbeitslos wurde. Aber er kommt aus einer Region, in der der Spielzeugbau zu Hause ist. Und deshalb leben hier noch viele alte Menschen, von denen Cron lernen kann. Senioren, die einst den Beruf des Spielzeugmonteurs erlernten.
Teil 1 der Serie "Deutsche Straßen entdecken"

Hier geht es zur Spielzeugstraße bei GoogleMaps
Zu DDR-Zeiten arbeiteten hier Hunderte Menschen im volkseigenen Puppenwerk, 1993 siedelte sich die 1896 in Mannheim gegründete Firma Schildkröt hier an, nutzte die bestehenden Anlagen. In dem eher schmucklosen Gebäude, an dem nur ein paar Puppen- und Bären-Reliefs verraten, was auf den vier Etagen produziert wird, entstehen hochwertige Puppen made in Germany. Die teuersten Modelle kosten schon mal 350 Euro, sie nehmen den Kampf auf gegen billige Massenware aus China. Im Erdgeschoss entstehen die Köpfe, Arme und Beine, indem Vinyl in Kupferformen gegossen wird. Weiter oben machen Näherinnen die Kleider, wird Kunst- oder Echthaar angebracht und klimpernde Augenlider. Auch eine Restaurationsabteilung gibt es, per Post kommen beschädigte Puppen aus Australien oder Südamerika nach Rauenstein.
Der Puppendoktor
Die Patienten von Thomas Packert kommen eher aus der Region. Packert ist Puppendoktor, einer der letzten in Deutschland. Seine Praxis in Neustadt bei Coburg auf der bayerischen Seite der Landesgrenze ist klein, ein Raum voll mit Ersatzteilen und Werkzeug. 500 bis 600 Puppen und Teddybären heilt der 39-Jährige pro Jahr. "Die häufigsten Krankheiten betreffen die Augen und die Gelenke", erzählt Packert. Der Doktor im weißen Hemd hat sein Handwerk vom Vater, Peter Packert gelernt, der mit seiner Kunst traurige Kinder 30 Jahre lang wieder froh machte. Einmal in der Woche hat Thomas Packert Sprechstunde im Puppenmuseum Coburg. Das Feuerrote Spielmobil, das draußen auf der Goethestraße parkt, kennt er noch von früher. "Das ist wirklich das Original?", fragt er. Und dann: "Wie schön, dass ihr vorbeigekommen seid."
Spielzeugautos für das Kind im Manne

Das Spielmobil öffnet Kinder-Herzen

Die Strecke
Die prächtigen Städte und Mittelgebirge von Franken und Thüringen weisen eine rund 300 km lange Erlebnisroute auf, die geradewegs zu den Träumen der Kindheit führt. Die südlichste Station der Deutschen Spielzeugstraße ist die historische Stadt Nürnberg mitten im Herzen Frankens, von wo aus sich ein Abstecher nach Zirndorf zum Playmobil FunPark lohnt. Weiter geht es über das Coburger Land mit seiner anmutigen Hügellandschaft und der "Bayerischen Puppenstadt" Neustadt in Richtung Thüringer Wald. Dort sind im Schaumberger Land die Schildkröt-Puppen beheimatet, die Sammler-Herzen höher schlagen lassen. Über die ehemalige "Weltspielzeugstadt" Sonneberg geht es weiter zur Farbglashütte in Lauscha, um als nächsten Höhepunkt den Großen Inselsberg (916 Meter) zu erklimmen, dem bekanntesten Berg des Thüringer Waldes.
Weitere Tipps und Übernachtungsangebote zur Spielzeugstraße finden Sie unter: www.kurz-nah-weg.de/Spielzeug.
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