Zum ersten Mal rollte ein Sportler zum Dauertest in die AUTO BILD KLASSIK-Garage: Knapp zwei Jahre lang wird der VW Scirocco GL 1.6 (Baujahr 1979) die Redaktion im Alltag bewegen. Unser neues Redaktionsmitglied trägt Kunststoffstoßfänger und in die Kotflügel herumgezogene Blinkleuchten. Beides kennzeichnet den Scirocco als modellgepflegte Version aus der zweiten Hälfte der Produktionszeit ab Modelljahr 1978 bis 1981.

Das erste Coupé in der Dauertest-Historie

Mercedes-Benz 230.6 /8
Unter der Haube schlägt ein 1,6-Liter-Vierzylinder mit strammen 85 PS.
 
Die bisherigen Dauertester stammten allesamt aus den oberen Fahrzeugklassen: nach Audi 100 Avant CD 5E (Typ 43) mit 136-PS-Fünfzylinder kamen Opel Monza 3.0 E (Sechszylinder, 180 PS), BMW 3.0 Si (Sechszylinder, 200 PS, Oberklasse-Baureihe E3) und Mercedes 230.4 (Vierzylinder, 109 PS). Da muss der Scirocco sich das Herz der Kurz-, Mittel- und Langstreckenreisenden erst erarbeiten. Unter der Haube schlägt ein 1,6-Liter-Vierzylinder mit strammen 85 PS. Die Version mit Benzin-Einspritzung und dann 110 PS heißt GLI und machte damals sogar dem GTI Beine. In unserer Vergaserversion heißt das Sportcoupé GL, eben ohne "Injection".

Gespickt mit jeder Menge Extras

Willkommen kleiner Sternenkreuzer
Spucknapf-Lenkrad, Drehzahlmesser und Öltemperaturanzeige zeigen den Sportsgeist.
Unser Scirocco hat nach damaligen Maßstäben jede Menge Luxus-Extras. Der Prospekt spricht von "sieben geschmackvollen Metallic-Farben" (unsere heißt Kolibrigrün), "Sitzbezügen von ausgesuchter Qualität" (Stoff Irbis in Kolibrigrün), Teppich und untere Türverkleidungen in "elegantem Velours" (logisch: in Grün). Weiter in der Werbe-Prosa: "Die Vordersitze sind nicht nur wie gewöhnlich in Längsrichtung verstellbar, sondern auch in der Höhe." "Drehzahlmesser am Platz der in die Konsole verlegten Zeituhr, wo auch ein Ölthermometer eingebaut ist." Die Beifahrer-Sonnenblende ist auch seitlich schwenkbar, die Scheiben sind getönt, außerdem gibt es Doppeltonhorn, Halogen-Doppelscheinwerfer und einen Frontspoiler. Die schicken Alufelgen sind werksoriginale Extras.

Flotter, etwas zittriger Vergasermotor

Willkommen kleiner Sternenkreuzer
Was dem Scirocco vielleicht an Oberklassen-Solidität fehlt, macht er durch seine Wuseligkeit wett.
Schon nach wenigen Augenblicken wird klar, dass hier kein Langstreckenbrenner zur Dienstreise antritt, sondern ein kleiner Spaßvogel. Die feinen Leerlauf-Vibrationen des Vierzylinders übertragen sich auf das ganze Auto, das Armaturenbrett zittert leicht, die Tür schlägt klackend ins Schloss. Was dem Scirocco vielleicht an Oberklassen-Solidität fehlt, macht er durch seine Wuseligkeit wett: Übersichtlich waren bisher alle Dauertest-Fahrzeuge, aber hier gibt es keinen ausladenden Vorderwagen, der längs eingebaute Fünf- oder Sechszylinder-Reihenmotoren aufnehmen musste. Erstmals haben wir es mit der kompakten Form eines Quermotorautos zu tun. Den Scirocco in den Stadtverkehr einzufädeln und durch die erste Kurve zu zirkeln fühlt sich befreiend leicht an. Wie sich der Scirocco auf der Langstrecke macht, werden wir die nächsten zwei Jahre erfahren. Hier die Bilder des neuen Dauertesters.

Von

Matthias Techau
Henning Hinze