Der VW SP2, auch Coupé do Brasil genannt, ist der große Unbekannte unter den VW-Coupés der 70er-Jahre. Kaum ein VW ist hierzulande exotischer, nur wenige von den 10.000 Exemplaren kamen zu uns.
VW Coupé do was? SP2-Fahrer müssen sich an diese Reaktion gewöhnen. Auch Autokundige ziehen beim Anblick des flachen Volkswagen fragend die Augenbrauen hoch. Der bei Karmann in São Paulo gebaute Volks-Sportler ist in der norddeutschen Tiefebene so exotisch wie eine Sambatänzerin im VfL-Fanblock der VW-Arena. Seine Existenz verdankt der SP2 den Eigenwilligkeiten der brasilianischen Militärdiktatoren, die keine ausländischen Autos auf ihren Straßen wollten – und der Sturheit des damaligen VW-do-Brasil-Chefs Rudolf Leiding. Der wollte gern einen Sportwagen im Programm haben, also ließ er einfach einen bauen. Der Baukasten hatte die passende Hardware vorrätig: Käfer-Radaufhängung vorn, Typ-3-Bodengruppe und -Motor, fertig war der SP2.
Beim Tanz um die Pylonen zeigt der SP2 sich erfreulich leichtfüßig.
Der auf fast 1,7 Liter Hubraum aufgebohrte Motor bringt es auf 64 PS bei lauten 4000 Umdrehungen. Das ist nicht die Welt, doch der kurzhubige Boxer stemmt seine maximalen 113 Nm Drehmoment bei nur 3000 Touren. Ruhig und gelassen zieht der Brasilianer im Verkehr, kein sportlicher Sprinter, aber längst kein Verkehrshindernis. Dabei neigt der Boxer leider zum Trinken: Unter zwölf Litern geht wenig. Auf dem Testparcours schlägt sich das Coupé nicht schlecht. Es umwedelt die Pylonen recht leichtfüßig, unangenehm wirkt nur die Lenkung. Sie ist wegen des sehr kleinen Lenkrads schwergängig und verhärtet zudem bei schnellen Richtungswechseln. Die längsten Bremswege und die lautesten Fahrgeräusche zeigen auch, dass dieser VW aus einer anderen Welt kommt.
Dafür ist der Federungskomfort beachtlich. Mit seinen 14-Zöllern und Gummis mit 80er-Höhe bügelt er geschmeidig über Fahrbahnfugen. Das ist auch gut so, denn sonst haben die Insassen nichts zu lachen. Sie kauern in rutschigen Kunstledersesseln, die weder Seiten- noch viel Rückhalt bieten. Trotz seiner eleganten Karosserie mit der tief über den Asphalt schnüffelnden Schnauze war der SP2 nicht einmal in seiner brasilianischen Heimat ein Erfolg. 1976 lief die Produktion aus, ein Nachfolger namens SP3 schaffte es gerade mal ins Prototypenstadium. So blieb das Coupé do Brasil ein Exot, der heute teuer bezahlt wird: locker 20.000 Euro für Topautos.
Fazit
von
Heinrich Lingner
Mit seinem 64 PS starken Boxer ist der SP2 kräftig genug, um im heutigen Verkehr mitzuschwimmen. Fahreigenschaften und Sitzposition erinnern daran, dass das Brasilien-Coupé kein ausgereiftes Großserien-Auto ist. Vorteil: Kaum ein VW ist hierzulande seltener und exotischer.