Alfa Romeo – das klingt nach Leidenschaft, Sehnsucht, Temperament und nach vollendeter Schönheit. Seit 100 Jahren begeistern die automobilen Kunstwerke aus Mailand mit charismatischen Formen, agiler Fahrdynamik und ihrem "Cuore Sportivo", dem sportlichen Herz. Es schlägt unter der Haube jedes Alfa Romeo, meistens mit doppelter Nockenwelle. Die potenten Bialbero-Motoren (Italienisch für Doppelnockenwelle) gelten als mechanische Delikatesse. Sie prägten den Charakter einer Marke, um die es nicht immer rosig stand.
Aber erstmal zu den Anfängen. Am 24. Juni 1910 wird die Società Anonima Lombarda Fabbrica Automobili ("Lombardische Automobilfabrik AG") gegründet, kurz A.L.F.A. 1915 stieg der später namensgebende Ingenieur Nicola Romeo ein. Zu diesem Zeitpunkt war A.L.F.A. bereits pleite. Die italienische Regierung hilft mit einer kräftigen Finanzspritze und verdonnert A.L.F.A. zur Rüstungsproduktion.
A.L.F.A. 24 HP
Der erste A.L.F.A.: 1910 kommt der 24 HP, der vom Start weg Anschluss an die Top-Liga des Automobilsbaus findet.
Erst 1919 kommt die Automobilproduktion wieder in Gang, 1920 wird aus A.L.F.A. die Firma Alfa Romeo. In den goldenen 20er-Jahren fährt Alfa Romeo im Motorsport ganz nach vorn. Auf einem Alfa P2 gewinnt Graf Gastone Brilli-Peri 1925 die erste Automobil-Markenweltmeisterschaft. Der P2 ist der Konkurrenz mit seinem knapp zwei Liter großen Reihenachtzylinder überlegen. Enzo Ferrari war Rennleiter, Tazio Nuvolari oder Rudolf Caracciola fuhren von Sieg zu Sieg. Motorsport-Erfolge sind wichtig, weiß Alfa: Nichts macht eine Marke begehrter. Die hinreißendsten Traumautos wie der 8C 2900 verlassen die Alfa-Werkshallen in Portello, als das Unternehmen 1935 verstaatlicht wird.
Bis in die 50er-Jahre steht Alfa Romeo für exquisite Manufakturarbeit: ein paar teure, schnelle Autos für reiche Kunden. 1950 wird ein Alfa Romeo erreichbarer. Das Modell 1900 Berlina kommt, der erste Alfa mit selbsttragender Karosserie. Und der erste Alfa, der am Fließband produziert wird. Mit 80 PS ist er überaus potent, doch ein Vierzylinder muss genügen. Der Trost: Zwei oben liegende Nockenwellen besitzt auch der 1900er. Sportliche Limousinen wie die ab 1962 im neuen Werk in Arese produzierte Giulia und zahllose Siege im Tourenwagensport prägen bei Alfa Romeo die 60er-Jahre.

Das Alfasud-Desaster

In den 70er-Jahren nagte der Rost am Alfa-Blech und am bislang glanzvollen Image des ruhmreichen Autobauers. In Pomigliano d'Arco bei Neapel entstand ein neues Produktionswerk für den innovativen, brillant konstruierten Alfasud. Der kompakte und für 7990 Mark auch preiswerte Gigolo fuhr, wie er aussah: handlich, sportlich, elegant. Sein Problem: Man konnte ihm beim Rosten zusehen. Nicht wenige Alfasud rosteten schon, bevor sie auf den Händler-Hof rollten. Andere widerstanden der Seuche ein wenig länger, nur wenige waren halbwegs immun. Schuld am Rost-Dilemma hatte nicht der Konstrukteur, sondern die Politik. Genauer: die Gewerkschaften. Winzige Anlässe genügten ihnen, um die Produktion im modernsten Automobilwerk Europas für Wochen lahmzulegen. Statistiker zählten 700 Streiks in 13 Jahren. Ganze Rudel von Rohkarossen standen dann unlackiert unter dem nicht immer blauen Himmel Italiens und holten sich den Virus, der irgendwann durchbrach – und viele Alfasud-Besitzer an den Rand der Verzweiflung brachte.

1987 übernimmt Fiat Alfa Romeo

Alfa Romeo Arna
Ein Toyota Corolla? Ein Mazda 323? Oder ein Mitsubishi Colt? Nein, ein Alfa! Ein Arna. Der größte Flop von Alfa Romeo.
Dabei ruhte die ganze Hoffnung des angeschlagenen Staatskonzerns auf dem Alfasud. Der Staat ist kein guter Unternehmer? Stimmt. Trotz vieler begeisternder Alfa-Modelle liegt über Jahrzehnte manches im Argen. Der Alfa 6 lässt sich nur den Carabinieri verkaufen, der Alfa Arna mit Karosserie vom Nissan Cherry ist für Alfisti der traurigste Moment der Firmengeschichte und für Alfa Romeo der größte Flop aller Zeiten. 1987 wird Alfa nach 52 Jahren wieder privat, und der neue Eigner Fiat verspricht, alles besser zu machen. Doch die Fans sind besorgt, dass Alfa glatt gebügelt wird. Nachvollziehbar, denn die Übernahme von Fiat-Frontantrieb, -Plattformen und -Motoren gilt als sicher. 1987 kommt ein neuer Alfa – mit Frontantrieb. Doch der 164 geht seinen eigenen Weg, ist sportlicher als seine Plattform-Brüder Fiat Croma, Lancia Thema und Saab 9000. Der 164 kommt an, hat es jedoch schwer gegen E-Klasse und 5er.

Der 156 rettet Alfa Romeo

Alfa Romeo 156
Das emotionale Design trifft den Nerv der Zeit, der 156 rettet Alfa Romeo.
Ende der 90er-Jahre atmet Alfa zwar noch. Aber nur schwach. Dann kommt der 156 und setzt zum Überholen an: Sein Design trifft den Nerv der Zeit. Für sein emotionales Design Walter de'Silva verantwortlich. Dass Alfa nach wie vor Traumautos bauen kann, zeigt der 8C Competizione absolut überzeugend. 2007 wirkt er wie ein Weckruf für die Marke. Hinter dem Design steckt Wolfgang Egger, damals Chef des Centro Stile Alfa Romeo in Arese. Heute ist Egger bei Audi – und Prestige-Projekte wie der 8C Competizione sind für Alfa nicht mehr machbar.