Was gab es denn damals schon mit Allradantrieb? Ein paar Subaru, und vereinzelt noch Exoten wie den Jensen Interceptor. Ansonsten profitierten nur ein paar rustikale Geländewagen von vier angetriebenen Rädern. Und natürlich der VW Iltis, für die Bundeswehr bei Audi entwickelt. Den hatten die Audi-Ingenieure 1976 – noch im Prototypen- Stadium – zu Wintertests nach Finnland mitgenommen. Und dort im Schnee fuhr die Kiste den Fronttrieblern gnadenlos um die Ohren. Vorsprung durch Allradtechnik – und die sollte schnellstens für alle Audi-Käufer verfügbar sein. So nahm der Entwicklungsauftrag 262 seinen Lauf, gepusht von einem begabten Anfangsvierziger namens Ferdinand Piëch. Mit ein paar technischen Änderungen stand vier Jahre später ein kantiges Coupé auf der Messe in Genf, der Audi quattro. Schön war er nicht. Der quattro sollte sein Können in den Vordergrund stellen, basta.

Der Ur-quattro war fast so lang und fast so teuer wie ein Porsche 911

Audi Ur-Quattro
Er war eine Fahrmaschine, mit 4,40 Meter so lang wie ein Porsche 911 – und mit 49.900 Mark auch fast so teuer. Dafür gab es permanente Kraft an allen vier Rädern, womit sich die Grenze der Fahrphysik neu ausloten ließ. Autobahnabfahrten gehen mit dem quattro noch immer brutal schnell. Wie auf Schienen zieht das Kanten-Coupé da durch. Und dann der Fünfzylinder: konstruktiv ein Ausrutscher, ein ungehobelter Klotz mit kernigem Klang. Aber er geht wie die Hölle. Zumindest, wenn das Turboloch überwunden ist und der Lader loszwitschert. Revolutionär war es, das Sportprogramm von Audi, damals noch als Spießermarke verschrien – und jetzt jagte der quattro in 7,4 Sekunden auf 100 und atomisierte alle Klischees. Auch wenn sich 200 PS und 285 Newtonmeter heute nicht mehr nach protziger Potenz anhören, vor 25 Jahren ließ sich damit locker die linke Spur leer fegen – Spitze 222 km/h. Und was die Rallye-Asse Röhrl, Mouton und Mikkola mit dem Allradteil auf Schotterpisten rund um die Welt veranstalteten, dafür reichen der Platz an dieser Stelle nicht aus.

Säufer vor dem Herrn – 20 Liter gingen locker durch die Einspritzdüsen

Getrunken hat der Audi quattro wie ein Maurer beim Richtfest. Selbst 20 Liter gingen locker durch die Einspritzdüsen, wenn ein bleierner Gasfuß im Spiel war. Und den hatten fast alle, die ihn besaßen. Die Bauklotz-Architektur im Cockpit mit dem kratzigen Dünnplastik sollten wir den Designern nachsehen. Willkommen in Polyurethanien! So waren sie, die 80er – inklusive des digitalen Mäusekinos. Sogar eine weibliche Computerstimme gab es, die beim Aussteigen etwas von "Licht an" trällerte. Keiner verkörperte den Audi-Werbeslogan "Vorsprung durch Technik" besser als dieser Ur-quattro. Nur 400 Exemplare wollte Audi anfangs verkaufen. Gerade so viel, wie zur Homologation für den Renneinsatz notwendig waren. Es wurden viel mehr – in den folgenden zehn Jahren 11 548. Danke, kleiner Iltis.
Ersatzteile: Zwar passen viele Teile aus dem Audi-Modellbaukasten, aber quattro-Spezialitäten sind schwer zu bekommen. Ein Beispiel: Ölfilter, von denen der quattro gleich zwei hat. Nur müssen sie über die wichtigen Rückschlagventile verfügen. Eine gute Ersatzteilquelle ist das VW Audi Classic Parts Center in Wolfsburg. Karosserieteile lassen sich mitunter günstig beim Verwerter finden, denn manche Bleche hat auch das Audi Coupé in gleicher Form getragen. Marktlage: Die Zeiten der fallenden Preise sind lange vorbei. Nicht zuletzt, weil es – ähnlich wie beim ersten VW Golf GTI – nur wenige wirklich gepflegte Exemplare gibt. Nicht selten haben übereifrige Besitzer das Auto verbastelt und zu Tode getunt. Viele quattro gingen trotz Linkslenkung nach England. Der Audi genießt dort als deutsche Hightech-Ikone einen legendären Ruf. Die Folge: Unter 10.000 Euro sind heute kaum noch taugliche Ur-quattro zu bekommen. Und die Kurse ziehen weiter an.
Audi Ur-Quattro
Plus-Minus: Der quattro war nie ein Auto für zaghafte Typen, die meisten litten unter Besitzern mit Bolzer-Manieren. Das gilt für die gesamte Antriebsmechanik sowie Fahrwerk und Bremsen. Anfällig ist der Auspuffkrümmer, er neigt zu Rissen. Probleme gibt es auch mit dem Turbolader. Frühe Modelle besaßen noch Exemplare ohne Wasserkühlung – und die sind ziemlich kurzlebig. Rost ist ebenfalls ein Problem früher quattro-Modelle, da die Bodengruppe erst ab 1985 verzinkt wurde. Auch die ausgestellten Kotflügel und Radläufe gelten bei Kennern des epochemachenden Coupés als korrosionsanfällig. Mehr Qualität zeigt der quattro im Innenraum, wenn auch das Mäusekino (ab 1983) öfter spinnt. Empfehlung: Der quattro trägt teilweise schon Technik in sich, die heute Standard ist. ABS und elektronisches Motormanagement sind zum Beispiel Komponenten, die viel Wissen und Erfahrung erfordern. Wegen Rost sowie Problemen mit Turbolader und Auspuffkrümmer sind frühe Exemplare bis 1983 eine delikate Angelegenheit. Genauso gilt: Hände weg von Wanderpokalen mit etlichen Vorbesitzern. Lieber mehr investieren und ein Exemplar mit solidem Vorleben suchen.
Technische Daten Audi Ur-Quattro, Bj. 1980 Fünf Zylinder, Reihe, vorn längs, Turbolader, Ladeluftkühlung, eine oben liegende Nockenwelle • Hubraum 2144 cm3 •147 kW (200 PS) bei 5500/min • max. Drehmoment 285 Nm bei 3500/min • Fünfgang • permanenter Allradantrieb • manuell sperrbares Zentral- und Hinterachsdifferenzial • L/B/H 4404/1723/1344 mm • Leergewicht 1335 kg • Reifen 225/50 VR 15 • Scheibenbremsen rundum • Einzelradaufhängung rundum • Spitze 222 km/h • 0-100 km/h in 7,4 s • Verbrauch 16,6 l Super/100 km • Neupreis 49.900 Mark (1980)