1966 – Roy Black (Ganz in Weiß) und Drafi Deutscher (Marmor, Stein und Eisen bricht) stürmen die Hitparade. Am 30. Juli verlieren wir gegen England die Fußball-WM durch das berüchtigte "Wembley-Tor", das nie und nimmer eines war. Und am 10. September verhaut Cassius Clay in Frankfurt Karl Mildenberger nach Strich und Faden. 1966 meinte es wirklich nicht gut mit uns Deutschen. Und wer damals eine sportliche Limousine fahren wollte, musste zum Alfa-Romeo-Händler marschieren, eine Giulia kaufen. Der temperamentvollen Italienerin hatten die deutschen Autobauer nichts entgegenzusetzen – bis 1966. Zwar verkaufte BMW seit vier Jahren seine "Neue Klasse", eine moderne Limousinen-Baureihe, mit wachsendem Erfolg. Die Tisa- und Tilux-Varianten waren mit 120 und 130 PS auch stärker motorisiert als jede Giulia. Trotzdem wirkten die BMW-Viertürer neben der filigranen Italienerin fett und träge. Das wurmte BMW mächtig, doch Stylingchef Wilhelm Hofmeister gab Alfa Romeo die passende Antwort. Er steckte die technischen Komponenten und Motoren der "Neuen Klasse" in eine neue, um 27 Zentimeter kürzere und betont sachliche Karosserie – fertig war der 1600-2. Das "Strich-Zwei" wurde übrigens an die Modellbezeichnung angehängt, um auf den wichtigsten Unterschied zur "Neuen Klasse" hinzuweisen: Die Baureihe 114 (so der BMW-Werkscode) besaß nur zwei Türen. Später wurde daraus 1602, 2002 und so weiter. Fast so wie später der Begriff GTI prägte sich das "Null-Zwo" für eine neue Fahrzeugkategorie ein – für die der Sportlimousine.

Ein Oldie, der glücklich macht

Genau das war der 02er, eine sportliche Limousine mit kraftvollen Motoren (75 bis 170 PS) und einem super Fahrverhalten. Auch einem recht spektakulären, denn bis heute gibt es wohl kein zweites Auto, mit dem sich solch extreme Driftwinkel fahren lassen, ohne das Auto dabei wegzuschmeißen.
Sportlook 1968: schwarzes Interieur, dünnes Speichenlenkrad, drei große Rundinstrumente und ein griffiger Schaltknauf.
Ganz sicher wurde der Slogan "Aus Freude am Fahren" beim Quertreiben in einer ganz laaangen Rechtskurve auf Schnee oder Schotter erfunden. Die Kunden liebten diesen Kick, und BMW pushte ihn noch mit dem 170 PS starken 2002 Turbo, der seinen Namen auf Wunsch groß und fett am Frontspoiler trug. In Spiegelschrift natürlich. 1973 waren solche Provokationen noch erlaubt. Die Erdölkrise von 1973 bremste den Verkaufserfolg des Turbo zwar nachhaltig ein, trotzdem wurde der 02er zu einem Bestseller. Er verhalf BMW zu dem Sport-Image, von dem die Weiß-Blauen bis heute zehren. Dabei hatte der 02er auch seine Macken. Brems-Fading, kaum Rostvorsorge, anfällige Hinterachsschwingen und eine zu weiche Karosserie. Doch was soll’s. Als Fahrmaschine ist er unschlagbar. Ein Oldie, der glücklich macht. Einer, den man fahren muss. Am besten mit dem passenden Hit von 1966 dazu: "Keep on Running" von der Spencer Davis Group.

Technische Daten

BMW 2002 ti • vier Zylinder, Reihe • oben liegende Nockenwelle • Hubraum 1990 cmê • 88 kW (120 PS) bei 5500/min • max. Drehmoment 167 Nm bei 3600/min • Viergang • Hinterradantrieb • L/B/H 4230/1590/1410 mm • Leergewicht 990 kg • Reifen 165 HR 13 • Spitze 185 km/h • 0–100 km/h in 10,0 s • 13,0 l S/100 km • Neupreis 10.990 Mark (1968). Historie Markteinführung des BMW 1600-2 mit 85 PS: April 1966. 1967 folgen 1600 TI mit 105 PS und 1600er-Cabriolet. Im Jahre 1968 wird der Zweiliter eingeführt: als 2002 mit 100 PS sowie als 2002 ti mit zwei Doppelvergasern und 120 PS. Weitere Motorvarianten kommen 1971: 1802 (90 PS) sowie 2002 tii mit Kugelfischer-Einspritzung und 130 PS. Außerdem Einführung des Touring. September 1973: Top-Modell 2002 Turbo mit 170 PS. Januar 1975 leicht modifiziertes Sparmodell 1502 mit 75 PS. Marktlage Rostfreie Fahrzeuge sind die Ausnahme. Totalrestaurierungen übersteigen vom Aufwand und den Kosten her schnell den Marktwert. Beste Chancen für ein brauchbares Exemplar bieten die späten 1502 und die immer noch verkannten Touring-Modelle. Plus/Minus Das Angebot an Fahrzeugen ist noch recht groß. Beim 02er hat BMW nach dem Baukastenprinzip Teile bereits vorhandener Baureihen benutzt. Vor allem von den Modellen der "Neuen Klasse". Die 02er sind frei von Elektronik und mechanisch grundsolide. Unverbastelte, rostfreie Exemplare sind aber schwer zu finden. Clubs und Ersatzteile BMW Club Deutschland e.V., BMW 02 Club e.V.  Ersatzteile siehe Clubs Literatur "Das Große BMW-02-Buch", St. Schrahe, Heel-Verlag, 17,90 Euro

Empfehlung von AUTO BILD-Redakteur Manfred Kolbe

Besonders begehrte Exemplare sind natürlich alle Fahrzeuge vor dem Facelift 1973 mit den runden Rückleuchten. Bei ihnen unbedingt auf Rost achten. Die seltenen Turbos sind in fester Sammlerhand und – falls doch angeboten – stets teuer. Wie auch das Vollcabrio. Doch Vorsicht, die Cabrios sind nicht sehr verwindungssteif. Erschwinglich, ausreichend motorisiert und alltagstauglich: der 1802, unsere Empfehlung. Als weitere: der Touring, Vater aller Lifestyle-Kombis. Damals wie heute wurde dieses inzwischen seltene Fahrzeug völlig verkannt. 

Von

Manfred Kolbe