In Sichtweite der Schneegrenze zeigt sich, wie knifflig eine Kreisfahrt von 70 Metern Länge ist. Ein automobiler TV-Star grüßt das Feld am zweiten Rallyetag der Bodensee-Klassik!
Am Bregenzer Wald steht gänzlich unerwartet der "Tatort"-Ro 80 mit seinem Besitzer Gunter Oslowski.
Die kriminalistische Überaschung des Tages erfolgt im Bregenzer Wald bei der Wertungsprüfung. Dort steht an der Abzweigung, genau dort, wo das Feld hinab fahrt zur hr zur Prüfung, ein Ro 80 in Blaumetallic. Ein ganz besonderes Auto, beim Nachfragen zaubert der freundliche Besitzer ein verkabeltes Blaulicht aus dem Kofferraum. Vor den Reportern steht das Dienstfahrzeug von Ulrich Tukur alias Felix Murot aus dem Wiesbaden-"Tatort"! Diesen Wagen leiht sich der Hessische Rundfunk regelmäßig für Dreharbeiten aus. Doch für solche Details haben die 180 Teams im Klassiker keine Zeit, schließlich haben sie eine Rallye zu bestehen, nun den zweiten Tag der Bodensee-Klassik 2016.
Der Doktor Heinz Gerathewohl bittet seinen Chauffeur Johann ans Volant der Pagode.
Der Tag beginnt für diejenigen Teams, die nicht schon um 8 Uhr starten, ganz entspannt. Die Autos trudeln ein vor dem stylischen Festspielhaus in Begrenz. Dort zeigt sich, dass sich das Klassik-Rallyefahren auch bequem vom Beifahrersitz erleben lässt, Das beweist Dr. Heinz Gerathewohl aus München, der seinen livrierten Chauffeur Johann ans Volant der weißen Pagode von 1965 bittet. Den führt wie auch das ganze Feld nach den Start eine reizvolle Fahrt durch den Bregenzer Wald, wo zum ersten Mal gewertet wird. Das Feld gewinnt an Höhe. Bald schon sinkt die Außentemperatur, doch die Sonnenstrahlung nimmt zu, es geht in Richtung Schneegrenze! Am Straßenrand zeigen sich die tollsten Autos, die begeisterter Oldie-Besitzer extra für die Rallye aus der Garage geholt haben: vom seltenen Zündapp Janus bis zum vielleicht noch viel selteneren Lotus Europa von 1969, nicht nur im Rallyefeld gibt es automobile Juwelen zu besichtigen!
Exaktes Timing ist angesagt
Passt die Fahrzeit zur Strecke? Die Wertungsprüfungen haben es in sich.
Es folgt die Vredestein-Wertungsprüfung von Balderschwang zum Riedbergpass: Hier ist eine Strecke von exakt 7,69 Kilometern Länge in genau 10 Minuten und 20 Sekunden zu absolvieren. Auch wer exakt fährt, kann sich vertun, denn kurz vor Schluss stecken einige Autos in einer Baustelle fest, so dass sich einige Oldies stauten und die richtige Durchfahrtszeit perdu ist. Der Blick auf die schneebedeckten Berge entschädigt für solches Pech, und nach einer Fahrt über liebliche Landstraßen durch satte, grüne Felder, schwingt sich die Straße in engen Kurven hoch zum Oberjochpass, wo eine Opel-Wertungsprüfung auf die Fahrer wartet. Die ist auch nicht ohne: Es geht nacheinander durch zwei Lichtschranken. Auf die zweite folge ein enger Pylonenkreis von exakt 70 Metern Länge, den jedes Auto in exakt 17 Sekunden durchmessen muss! Schrauber-Queen Lina van de Mars muss dabei im Opel Rekord C Caravan ganz schön kurbeln. Wie sie abgeschnitten hat? Die Wertung wird es am Freitagabend zeigen.
Ritterschmaus in der Burgenwelt Ehrenberg
Dem Moderator Peyman Amin gefällt der ADAC-Kadett D.
Zeit für ein zünftiges Mittagessen, für das sich alle in Reutte im Innenhof der Burgenwelt Ehrenberg, treffen. Eine stilvoll modern überdachte Burgruine, die ein ein rustikales, grillgutlastiges Mittagsmahl anbietet. Zeit für ein Gespräch mit dem Moderator Peyman Amin, der im gelben Opel Kadett D in ADAC-Farben mitfährt. "Das Auto ist nur zehn Jahre jünger als ich!", grinst Amin. Wer jetzt eine Rechenaufgabe erwartet, hier ist sie: Der Kadett mit den Rundscheinwerfern im eckigen Gehäuse entstand 1981. Das Fahren bringt Amin sichtlich Spaß, nur an das Vierganggetriebe musste er sich anfangs gewöhnen.
Fixe Vorkriegs-Oldies
Reizvoll an der Rallye ist gerade die Vielfalt des Feldes, denn neben jüngeren Klassikern beweisen sich auch richtig alte. Wie der Talbot Lodon 90 AV von Ralf Klaus aus Lehrte. Der 120-PS-Oldie hat einen regulären deutschen Fahrzeugschein, und wurde, seit seinem Kauf 2009, in mehreren Schüben umfassend restauriert. "Alles war dabei, Blecharbeiten, Motor, Lack". In zwei Farben erstrahlt der Briten-Renner jetzt, es sind sogar RAL-Farben. Moosgrün sind die Kotflügel, maigrün die Karosse. Immerhin hält das über 80 Jahre alte Fahrzeug auch bei dieser Rallye gut mit, und absolviert jedes Jahr drei Oldtimerfahrten. So zuverlässig ist nicht jeder Oldie, einige deutlich jüngere fallen aus. Mehrfach hilft der ADAC in der Not, doch einige Teams müssen umsteigen auf Ersatzfahrzeuge. Rallyepech.
Alle stehen füreinander ein
Das Feld trudelt wieder in Bregenz ein, die Rallyekarte bekommt einen Stempel.
Auf verschlungenen Wegen und durch quietschgrüne Wiesen, in denen der Löwenzahn blüht, geht es zurück nach Deutschland. Einige Durchfahrtskontrollen und Prüfungen später, es geht durch das schöne Bergdorf Oy und durch entzückende Täler, schlängelt sich das Feld wieder Richtung Bregenz. Wie sympathisch die Kollegialität der Rallyefahrer wirkt: Wenn einer kurz liegenbleibt, wie ein schöner, weißgelber Kadett C GTE, halten gleich einige Fahrer an. Doch der Kadett-Pilot kennt das Problem, ab und zu säuft der 160-PS-Motor ab. Kein Problem. In der schönen Frühjahrssonne verrinnen die Minuten, nacheinander treffen die Oldies wieder in Bregenz ein. Triumphierend kündigt das Martinshorn des Feuerwehr-Rekord E sein Kommen an, in dem Patrick Munsch von OpelClassic sitzt. Schon neigt sich der sonnige Rallyetag dem Ende zu, alles freut sich auf das abendliche Fahrerfest unter freiem Himmel.