Corrado, Golf 1 GTI und weitere VW-Klassiker im Test
Diese VW-Klassiker ragen heraus
VW-Klassiker im Test
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AUTO BILD KLASSIK lässt sieben faszinierende VW-Klassiker gegeneinander antreten. Welcher Oldie aus Wolfsburg lässt das Herz am stärksten schlagen?
Die vielen VW-Klassiker auf deutschen Straßen gehören zu den beliebtesten Oldtimern, doch welche lassen die Herzen am höchsten schlagen? Auf der AUTO BILD KLASSIK-Teststrecke stehen sieben topgepflegte Volkswagen-Klassiker. Das jüngste Auto im Test ist ein Corrado G60 von 1991. Es folgen Golf GTI 1, T2 Westfalia, SP2, Käfer Mille Miglia, Karmann-Ghia und Käfer 1303 Cabrio.
VW Corrado G60 – sportlich und komfortabel
Die geschwungene Seitenlinie hat fast 60er-Jahre-Charme, die sachlichen Vierkantleuchten weniger.
Unser Corrado trägt Polster in Dunkelblau und Dunkelgrün, typisch 80er-Jahre. Dann das "Bleifrei"-Schildchen rechts vom Lenkrad, das Radio "gamma" samt C-Box für die Musik-Kassetten, der elektrisch ausfahrbare Heckspoiler, die Schalter und der Pralltopf mit 45-Grad-Schraffur. Ja, der Corrado stammt aus einer vergangenen Epoche. Die Sitzposition ist tief, das Cockpit mit aufgeschäumten Kunststoffen umschließt den Fahrer, ohne ihn einzuengen. Leise und unauffällig läuft vorn der Vierzylinder. Der G-Lader setzt sanft, beinahe unmerklich ein, ab etwa 2500 Umdrehungen ziehen 200 und mehr Newtonmeter kräftig an. Der Corrado ist allerdings kein heißer Hobel. Die Schaltwege der Seilzugschaltung sind lang und die Lenkung ist zwar gut, aber eher limousinig, der Frontantrieb wird im Extremfall den Spaß nicht erhöhen. Vor allem aber: Es fehlt Sound.
VW Golf GTI – die Freude steigt mit der Drehzahl
Der ganze Golf ist ein Spiel aus platten Flächen, rechten Winkeln und Kreisen.
Hin und her über die Landstraßen, mehr im dritten als in vierten Gang – dafür ist der GTI prima. Die Lenkung mag kein Ausbund an Präzision sein, aber für ein Auto der 70er ist sie sehr okay. 1976 waren die Leute geflasht, dass ein VW mit 180 über die Autobahn braten und teure BMW von der linken Spur blasen konnte. Das hat seinen Ruf begründet, das erklärt zum Teil seinen Ikonenstatus, aber heute ist der Golf I GTI auf der Autobahn nur ein weiterer Underdog zwischen rasenden Kombis und SUVs. Damals faszinierte er, weil er ein gewöhnliches Auto mit ungewöhnlichen Fahrleistungen war. Heute ist es umgekehrt: Der Fahrer erlebt ein für heutige Verhältnisse ungewöhnliches Auto: schmal, hell, übersichtlich, sehr handlich auf schmalen Straßen und in engen Orten, einen echten Oldtimer also. Aber er kann so schnell fahren wie mit Nachbars Basis-Passat und muss nicht wie im Schnauferl schleichen. Alle Autos und weitere, wie der T2 Westfalia, SP2, Käfer Mille Miglia, Karmann-Ghia und Käfer 1303 Cabrio folgen in der Bildergalerie.
Objektiv ist der Corrado am besten – aber nur knapp vorm Golf I, der sogar mehr Platz bietet. Da er auch mehr anmacht als der seriöse Corrado, sammelt er am Ende die meisten Punkte und siegt. Punktgleich auf Platz zwei landen die extremsten Autos dieses Vergleichs, der alte Mille-Miglia-Käfer und der junge Corrado. Das größte Herzklopfen bereitet der frivole Mille-Miglia-Käfer, gefolgt vom ultralässigen SP2.
Die vielen VW-Klassiker auf deutschen Straßen gehören zu den beliebtesten Oldtimern, doch welche lassen die Herzen am höchsten schlagen? Sieben topgepflegte Volkswagen-Klassiker stehen auf der Testrecke. Das jüngste Auto im Test ist ein Corrado 1.8 G60 von 1991.
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Der Corrado trat 1988 die Nachfolge des Scirocco an, entstand auf Golf-2-Basis, und hat heute eine eingeschworene Fangemeinde.
Bild: Roman Raetzke
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Das Interieur bietet echtes 80er-Gefühl im VAG-Stil der Zeit. Der Armaturenträger kommt als abgerundetes Rechteck daher, die Sitze tragen das Design der Zeit.
Bild: Roman Raetzke
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Der G-Lader (Kreis) pustet dem 1.8er Luft mit bis zu ca. 0,7 Bar Überdruck ein.
Bild: Roman Raetzke
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Der Corrado-Spoiler fährt bei 120 km/h automatisch aus.
Bild: Roman Raetzke
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Fazit: Der VW Taifun, so hieß das Projekt, sollte einst als Scirocco-Nachfolger agieren. Herausgekommen ist ein hochwertiges, schnelles, seriöses Reisecoupé. Straff, aber komfortabel, kompakt, aber teuer.
Bild: Roman Raetzke
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Marktlage: Jetzt, an der Altersgrenze zum H-Kennzeichen (das auch bei zeitgenössischem Tuning erteilt wird), steigen die Preise, vor allem für G60 und VR6. Ein Corrado ohne Tuning oder Zubehör ist wie ein BMW 507 mit 20-Zöllern: ein Exot, den die Fans nicht verstehen.
Käfer-Fahrer, die es seinerzeit BMW-Dränglern heimzahlen wollten, kauften Golf 1 GTI ...
Bild: Roman Raetzke
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... sein Motor: vorn! Quer! Wassergekühlt! Als Spross der Audi-Mitteldruckmotoren hat der 1.6er eine Mulde im Kolben, der Zylinderkopf ist platt – ein Heron-Kopf.
Bild: Roman Raetzke
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Der ganze Golf ist ein Spiel aus platten Flächen, rechten Winkeln und Kreisen ...
Bild: Roman Raetzke
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... bis hin zum Schottenkaro der Sitze ...
Bild: Roman Raetzke
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... und dem Golfball-Knauf, beides Ideen der Designerin Gunhild Liljequist.
Bild: Christian Bittmann / AUTO BILD
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Fazit: Damals faszinierte der Golf GTI, weil er ein gewöhnliches Auto mit ungewöhnlichen Fahrleistungen war. Heute ist es umgekehrt: Der Fahrer erlebt ein für heutige Verhältnisse ungewöhnliches Auto: schmal, hell, übersichtlich, sehr handlich auf schmalen Straßen und in engen Orten, einen echten Oldtimer also. Aber er kann so schnell fahren wie mit Nachbars Basis-Passat und muss nicht wie im Schnauferl schleichen.
Bild: Roman Raetzke
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Marktlage: Wo sind sie geblieben? Gibt es nach all dem Rost, all dem Tuning, all den Unfällen überhaupt noch originale oder originalgetreue Golf I GTI? Nicht mehr viele – auch deshalb sprangen zuletzt 2015 die Preise – und verharren auf hohem Niveau.
T2 Westfalia (1979): Wohnmobil-Ausbauten für den T2 gab es viele, die meisten stammten von Westfalia.
Bild: Roman Raetzke
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Hier die Version "Berlin" mit hinterem Schrank ...
Bild: Roman Raetzke
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... Spüle und Herd sitzen an der Seite.
Bild: Roman Raetzke
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Das Reserverad weicht der Gasheizung und sitzt daher vorn auf der Stoßstange.
Bild: Roman Raetzke
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Seit 1973 ist das Aufstelldach hinten angeschlagen, das bringt 1,84 mal 1,16 Meter Extra-Schlafplatz.
Bild: Roman Raetzke
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Der taigagrüne T2b hat Scotchgard-imprägnierte Synthetikpolster in "Campinggrüngelb".
Bild: Roman Raetzke
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Fazit: Die Fahrleistungen werden im Westfalia bedeutungslos. Denn egal, wann du ankommst: Du bleibst ja im Auto. Oder in seiner Nähe. Brühst dir einen Zitronengrastee, drehst den Beifahrersitz herum und freust dich über die Langzeitqualität der Polster und des Möbelfurniers in "Fichte getönt". Dass beides aus Plastik ist – na wenn schon, Hauptsache nachhaltig. Der Westfalia macht friedlich.
Bild: Roman Raetzke
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Marktlage: Etwa jeder zweite T2 Westfalia ging von Emden gleich in die USA. Von dort kommen nun viele zurück – oft ohne oder nur mit wenig Rost, aber innen runtergerockt. Sie haben 110-Volt-Steckdosen und manchmal Gastanks unterm Boden. Trotz der hohen Preise wird der T2 immer noch nachgefragt, also holen Händler nun Autos, die in Brasilien oder Mexiko gebaut wurden, aber in schlechter Qualität.
VW SP2 (1974): Auch so hätte ein Porsche aussehen können: flach, gestreckt ...
Bild: Roman Raetzke
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... mit langem Buckel ...
Bild: Roman Raetzke
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... zehn Lüftungsschlitzen pro Seite ...
Bild: Roman Raetzke
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... und einem Fries aus dunkelrotem Plastik und schwarzem Polyurethan.
Bild: Roman Raetzke
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Die Heckklappe lässt sich nur von innen öffnen, deshalb stört kein Griff das Design.
Bild: Roman Raetzke
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Quer gesteppte Kunstledersitze ...
Bild: Roman Raetzke
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... ein kleines, geschüsseltes Lenkrad und ...
Bild: Roman Raetzke
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... Rundinstrumente für Benzin, Strom, Öltemperatur und Zeit ...
Bild: Roman Raetzke
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... dazu passend sitzen Schminkspiegel und zwei Angstgriffe für die Dame rechts.
Bild: Roman Raetzke
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Fazit: Die Stärke dieses Autos ist es, das Kopfkino anzuschalten: Öffne den Hemdkragen, setz die Pilotenbrille auf und fühl dich wie Emerson Fittipaldi auf dem Weg zum Autódromo de Interlagos. Und pack nächstes Mal die gelochten Handschuhe ein!
Bild: Roman Raetzke
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Marktlage: Um die 50 SP2 sollen im deutschsprachigen Raum existieren. Knapp zehn stehen in Mitteleuropa zum Verkauf, in Brasilien noch ein paar mehr. "Auf Fotos sehen die immer recht gut aus", sagt Beat Bähler, "ich würde aber nie einen kaufen, den ich nicht selbst gesehen habe." Schon wegen der schlechten Ersatzteilsituation empfehlen wir, immer das bestmögliche Exemplar zu nehmen.
Bild: Roman Raetzke
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VW Käfer Mille Miglia (1956): Gitter vor den Lampen, Blinker vom T1 ...
Bild: Roman Raetzke
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... seltsame Räder von Lemmerz ...
Bild: Roman Raetzke
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... und dann diese Sitze! Alu-Schalen wie aus einer Messerschmitt Bf 109.
Bild: Roman Raetzke
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Der Drehzahlmesser reicht bis 7000, der Tacho bis 200, rechts vom Lenkrad hängt die Scheibenwaschflasche.
Bild: Roman Raetzke
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Der Mille-Miglia-Käfer sieht aus wie eine moderne Tuningspinnerei vom amerikanischen Porsche-Bastler Magnus Walker, tatsächlich rüstete VW ihn selbst um.
Bild: Roman Raetzke
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Fazit: Schnell ist der Mille-Käfer – jedenfalls für 50er-Jahre-Maßstäbe. Kein Silberpfeil, aber eine silberne Kanonenkugel. Auf letzter Rille zu fahren oder auch nur spät zu bremsen, errfordert in diesem Auto Mut. Oder Leichtsinn. Irgendwo dazwischen brettert der Autor dieser Zeilen über die Landstraßen rund um Schöningen und grinst vor Glück!
VW Karmann-Ghia 1600 Coupé (1974): Die feine Linie vin Luigi Segre dominiert dieses Auto.
Bild: Roman Raetzke
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Hinter dem großen, dünnen Lenkrad blickt der Fahrer nach vorn auf die Bügelfalte in der Haube.
Bild: Roman Raetzke
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Nostalgisch prasselt der Boxermotor ...
Bild: Roman Raetzke
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... zum Schnellfahren ist der Karmann zu weich gedämpft, auf welliger Chaussee wird der Vorderwagen schon bei Tempo 100 leicht.
Bild: Roman Raetzke
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Heckleuchten: 1959, 1966, 1969 und schon wieder 1971 geändert.
Bild: Roman Raetzke
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Fazit: Wenige Autos verbinden so beherrschbare Technik, so gute Ersatzteilversorgung und so geringe Unterhaltskosten mit einer dermaßen schönen Karosserie.
Bild: Roman Raetzke
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Marktlage: Von den etwa 100 fahrbereiten Typ 14 in den deutschen Onlinebörsen sehen eine Handvoll wirklich gut und original aus. Die Guten gehen auch meist innerhalb von zwei, drei Tagen weg. Im Umkehrschluss heißt das: Was schon seit einem halben Jahr im Netz steht, ist zu schlecht und/oder zu teuer. Die Preise auch für mittelgute Exemplare haben zuletzt einen erheblichen Sprung gemacht; für Cabrios bis Baujahr 1959 werden auch schon mal 50.000 Euro aufgerufen.
Am 10. Januar 1980 rasselte dieser Käfer 1303 aus der Karmann-Halle in Osnabrück: WOB-OS 80 H ist das letzte von 331.847 gebauten Käfer Cabrios.
Bild: Roman Raetzke
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Das Abschiedsexemplar bekam alle Extras, darunter Scheinwerferreinigungsanlage ...
Bild: Roman Raetzke
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... Nebelleuchten ...
Bild: Roman Raetzke
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... das große Sportlenkrad ...
Bild: Roman Raetzke
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... Ledersitze und Gurte im Fond.
Bild: Roman Raetzke
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Hinter der Kennzeichenleuchte sitzt ein Lüftungsgitter: Weil das Cabrio weniger Lüftungsschlitze hat als die Limousine, öffnen sich hier – thermostatgesteuert – kleine Klappen.
Bild: Roman Raetzke
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Fazit: Was für ein ursprüngliches Vergnügen, so offen zu fahren! Dieser Käfer weckt in mir die Lust, drei Freunde abzuholen, mit ihnen über Land zu knestern und Volkslieder zu schmettern.
Bild: Roman Raetzke
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Marktlage: Ähnlich wie beim T2: Die Nachfrage in Deutschland ist groß, also werden inzwischen Käfer Cabrios in großem Stil aus USA geholt. Oft fehlt da das kleine Alu-Plättchen im Vorderwagen, das zur Fahrgestellnummer passen muss – weil es beim Lackieren weggeschmissen wurde oder weil der ganze Vorderwagen ein anderer ist. Tipp von Eckberth von Witzleben (Stiftung AutoMuseum Volkswagen): "In Italien gibt es noch sehr gute, bezahlbare 1302 und 1303."
Gesamtfazit Redakteur Frank B. Meyer: Objektiv ist der Corrado am besten – aber nur knapp vorm Golf 1, der sogar mehr Platz bietet. Da er auch mehr anmacht als der seriöse Corrado, sammelt er am Ende die meisten Punkte und siegt. Punktgleich auf Platz zwei landen die extremsten Autos dieses Vergleichs, der alte Mille-Miglia-Käfer und der junge Corrado. Das größte Herzklopfen bereitet der frivole Mille-Miglia-Käfer, gefolgt vom ultralässigen SP2. Hier folgen Bilder vom Einzelstück des VW 411 Cabrios.