Generationenvergleich: Alfa Romeo Alfetta zwischen 1975 und 1982
Die Alfetta GT und ihre schönen Schwestern

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Alfa Romeos schöne Alfetta GT lässt das Herz höher schlagen. Zum 40. Geburtstag hier der große Vergleich der rasanten Alfa-Coupés – und der großen Schwester Berlina.
Bild: Angelika Emmerling
Alfetta, "kleiner Alfa". Ein verniedlichender Name für ein Auto von großer Bedeutung, eigentlich unpassend für die weit verzweigte und stilprägende Modellfamilie, die in Technik und Design 20 Jahre lang das Bild der Marke aus Mailand bestimmte. Die erste neue Alfetta erschien schon 1972. Die viertürige Limousine erbte die technische Besonderheit der Grand-Prix-Typen 158 und 159 – die Transaxle-Technik mit dem Motor vorn sowie Getriebe, Kupplung und Differenzial an der Hinterachse – und den Namen vom berühmten Vorgängermodell.
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Richtig schön wurde sie erst, als vor 40 Jahren die Alfetta GT erschien. Zwölf Jahre lang war der Gran Turismo im Giugiaro-Design das Gesicht Alfa Romeos. Als die Alfetta GT auf den Markt kam, trug sie sparsam Chrom und Edelstahl und klassische Vierzylinder. 1986, als sie abtrat, waren reichlich Kunststoff und V6-Motoren das Maß der Dinge. Dass vereinzelt sogar Turboaufladung, Dreiliter-V6 und der grandiose V8 des Montreal in der Alfetta GT Platz fanden, passte gut zu ihr – sie war ein Coupé für alle und ein Gran Turismo mit Platz für die ganze Familie. Ein Hoch auf "La famiglia"!
1975: Alfetta GT 1.8 – die zarte Versuchung

Alfetta 1.8 GT, der kaum verzierte Ur-Entwurf von Giugiaro.
Der kleinere, noch beherzter drehende 1,6-Liter-Motor, den Alfa 1976 nachreichte, würde ihr auch gut stehen. Weniger als eine Tonne wiegt sie, und in ihrer figurbetonten Urform braucht die Alfetta GT nicht viel, um gut auszusehen: ein kleines Chrom-Herz am Kühler als Schmuck genügt ihr. Als säße er im Formel-Rennwagen, starrt der Fahrer durch sein Holzlenkrad auf den vor ihm liegenden Drehzahlmesser. Allein dafür gebührt dem Designer Dank.
1979: Alfetta 2000 – die vernünftige Alternative

Die Berlina-Limousine, die 1972 wiedergeborene erste neu Alfetta.
Die großen Mailänder Berlinetten hatten und haben es schwer: Wer einen Viertürer wollte und will, der greift zur parallel bis 1978 weiter gebauten Giulia. Neben ihr wirkt die erwachsenere Berlina in ihrer schlichten Limousinen-Form wenig inspiriert. Individualisten und italophilen Klassik-Liebhabern mit Nachwuchs spielt das in die Hände, die Technik ist identisch und austauschbar. So wurde im Nachhinein aus einem Zwischenmodell mit alter Front, kleinem Scudetto im Grill, Edelstahl-Stoßstangen und den neuen Türen der modellgepflegten Plastik-Generation eine Sport-Limousine mit üppigem Zweiliter-Triebwerk. Kerniger Motor, feines Fahrwerk, viel Platz und ein Look mit klassischer Note: Gäbe es kein Coupé, wäre dies das Idealbild einer Alfetta.
1980: Alfetta GTV 2000 – die perfekte Kombination

Perfekt austariert: Die Alfetta GTV 2000 mit Zweiliter-Maschine.
Veloce, schnell – so erklärt sich das Kürzel GTV, das in die Dreieckselemente der C-Säule geprägt ist. Noch schneller wäre die Alfetta, würde wegen der langen Wege zum hinten liegenden Getriebe nicht immer irgendwo ein Gang hakeln. Zum perfekten Motor gesellt sich die zarte Keillinie des verwegenen Originalentwurfs. Wem das nicht reicht, der muss ins Exotenfach wechseln, und eine der 400 zu Homologationszwecken gebauten GTV Turbo-delta mit Zweiliter-Turbo und 150 PS suchen. Oder als goldene Mitte die GTV 6.
1982: Alfetta GTV 2.0 – die verlässliche Variante

Aufgefrischte Optik, bewährte Technik: Alfetta GTV 2.0.
Gefühlt reist es sich zwei Nuancen leiser und komfortabler in der neuen GTV, beinahe wie in einer Berlina. Das und die entschärfte, modernisierte Optik machen sie massenkompatibel, aber nicht beliebig. Gut vorstellbar also, dass die alte junge wilde Kundschaft mitgewachsen ist und den von Drehzahlorgien und Rost gezeichneten Bertone 1750 in den frühen 80ern guten Gewissens gegen eine ladenneue Alfetta GTV eintauscht. Es hilft, dass der Motor rotzig wie immer klingt, weil sich ja sonst auch nichts geändert hat. Der DOHC-Vierzylinder macht weiter wie bisher. Zwei gute Gründe bewirken, dass der Zweiliter-GTV mit 75.000 Stück die beliebteste Alfetta wird: Sie heißen Serie 1 und 2.
1981: GTV 6 2.5 – die sportliche Krönung

Alfetta mit kräftigen Muskeln und sechs Töpfen: GTV 6 2.5 von 1981.
Der V6 verändert die Sicht der Dinge. Im GTV 6 trägt der Alu-Motor Bosch L-Jetronic statt alter Vergasertechnik und brennt sich, kernig brodelnd und mit 205 km/h Spitze, einen Platz im Herzen des Youngtimer- Enthusiasten frei, der lustvoll Rosso Alfa mit matt werdenden Plastik-Anbauteilen kombinieren möchte. Die Muckis stehen dem Alfa gut. Aus der schlanken, hübschen Alfetta GT wird am Ende eben doch noch ein ganzer Kerl.
Fazit
Wiedersehen macht Freude! Viel zu lange keine Alfetta mehr gesehen, oder? Das liegt wohl daran, dass ihr populäre Schönheiten wie Spider, Giulia und Bertone GT in der öffentlichen Wahrnehmung das Wasser abgraben; auf die drei können sich alle einigen. Die Alfetta ist der Geheimtipp. Mit ihrem dynamischen Giugiaro-Design und der aufwendigen Transaxle-Technik spricht sie Klassik-Liebhaber an, die abseits des Mainstreams fischen, hat aber für jeden Geschmack etwas im Angebot: zwei Karosserieformen, zwei Motoren, drei Serien und vier Hubräume. Meine erste Wahl als Freund des Abseitigen: eine frühe Berlina 2000. Oder andersrum: ein später GTV 6. Hauptsache, Alfetta.
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