Rote Nummer, Saisonkennzeichen, zerbeuteltes DIN-Blech? Reiß alles vom Wagen, Baby – die Autos der neuen Deutschen Welle werden jetzt Oldtimer. Die Jung-, die Un-, sogar die Aerodynamischen kriegen das H.
Bild: A. Perkovic
Das Fiese an der Vergangenheit ist, dass sie nicht vorbei ist. Sobald du glaubst, du hättest sie abgehakt, schlägt sie mit ihrem harten linken Haken zu. In der Gegenwart. Unfair, aber is so. Nehmen wir nur das Jahr 1981. Abgehakt? Stellen wir uns mal vor, alles, was 1981 passiert ist, wäre nicht passiert. Husni Mubarak wäre nicht Ägyptens Präsident geworden, Griechenland nicht Vollmitglied der Europäischen Gemeinschaft. Ach, wäre 1981 nie geschehen! Wir würden Paris Hilton für ein Hotel halten, der PC wäre uns so fremd und unbekannt wie Britney Spears und Florian Silbereisen. Andererseits... auch ohne Florian Silbereisen wäre deutschsprachige Musik vielleicht bis heute gleichbedeutend mit Schlager und Musikantenstadl. Denn die Neue Deutsche Welle hätte sich nicht durchgesetzt. Die Harten hätten nicht Metallica, die Coolen keine Alicia Keys.
Der Ford Sierra ist heute ein Auto zweischen den Zeiten – vergessen und bewahrenswert.
Bild: M. Meiners
Zwei Automarken hätten es ohne die Anstrengungen der frühen 1980er richtig schwer gehabt: Audi zeigte der Welt mit dem Aerodynamikwunder 100, was Vorsprung durch Technik heißt – ein Sprung nach vorn in die erste Liga. Umgekehrt wagte Mercedes mit dem 190 einen Sprung nach unten. Wäre beides nicht passiert, Audi und Mercedes wären zu Florian-Silbereisen-Marken verknöchert, und BMW hätte den Markt gerockt. Ford war ähnlich mutig und verpasste dem Taunus-Nachfolger Sierra eine futuristische Form – verspielte den Vorsprung aber später mit dem Mondeo, der noch uncooler wurde als der VWSantana. Das Schöne an der Gegenwart ist: Wir wissen, was die Politik, die Musik, die Autos der Vergangenheit bewirkt haben. Können das Wichtige bewundern und über das Unwichtige lachen. Oder umgekehrt.